The Woman in the Window

Der britische Filmemacher Joe Wright hat mit Literatur-Verfilmungen wie „Stolz & Vorurteil“ (2005) und „Abbitte“ (2007) auf sich aufmerksam gemacht, dann so unterschiedliche Filme wie „Wer ist Hanna?“, „Anna Karenina“ und „Pan“ inszeniert, bevor er mit dem historischen Drama „Die dunkelste Stunde“ (2017) sein bisheriges Meisterwerk ablieferte. Sein neuer Film, eine Adaption von A.J. Finns Bestseller „The Woman in the Window“, enttäuscht allerdings trotz einer Star-Besetzung mit Amy Adams, Julianne Moore, Gary Oldman und Jennifer Jason Leigh auf ganzer Linie. 

Inhalt: 

Seit ein selbstverschuldetes Auto-Unglück die Trennung von ihrem Mann und ihrer Tochter besiegelt hat, leidet die New Yorker Kinderpsychologin Dr. Anna Fox (Amy Adams) unter Agoraphobie und verbringt die Zeit in ihrem großen Haus vor allem damit, viel Wein zu trinken, die sich natürlich mit ihren Psychopharmaka nicht gut vertragen, sich alte Filme anzusehen und die Nachbarn auszuspionieren, worüber sie sich auch mit ihrem Therapeuten Dr. Landy (Tracy Letts) unterhält. Interessant wird es, als der Wall-Street-Banker Alistair Russell (Gary Oldman) mit seiner Frau Jane (Julianne Moore) und dem 16-jährigen Sohn Ethan (Fred Hechinger) in das Haus gegenüber einzieht. Anna hat sich gerade etwas mit Jane angefreundet, als sie durch das Fenster mit ihrer Kamera beobachtet, wie Alistair eines Abends seine Frau mit einem Messer umbringt. Doch als sie die Polizei alarmiert, kann sie die beiden Detectives Little (Brian Tyree Henry) und Norelli (Jeanine Serralles) nicht wirklich überzeugen, zumal der Verdächtige mit seiner Frau (Jennifer Jason Leigh) putz und munter bei Anna auftaucht. 
Dass Anna eine ganz andere Frau als Alistairs Gattin kennengelernt hat, wird als Resultat ihrer durch Medikamente und Alkohol hervorgerufenen Geisteszustand betrachtet. Doch dann entdeckt Anna in der Wohnung ihres Untermieters David (Wyatt Russell) einen von Janes Ohrringen, die sie bei ihrem Kennenlernen bewundert hat… 

Kritik: 

Der Schauspieler Tracy Letts („The Big Short“, „Die Verlegerin“), der hier als Annas Psychiater eine kleine Rolle verkörpert, hat bereits in seinem auf seinem Theaterstück basierenden Drehbuch-Debüt „Bug – Tödliche Brut“ (2006) die psychischen Probleme seiner von Ashley Judd gespielten Protagonistin thematisiert. In der Adaption von A.J. Finns Roman „The Woman in the Window“ ist es ihm allerdings nicht gelungen, die problematische geistige Verfassung der Kinderpsychologin überzeugend mit dem Krimi-Plot in Verbindung zu bringen. 
Daran mögen vor allem die schwierigen Produktionsbedingungen schuld gewesen sein, denn die Testvorführungen ließen ein ratloses Publikum zurück und erforderten umfangreiche Nachdrehs, die auch einen neuen Score erforderlich machten. Hollywood-Routinier Danny Elfman ersetzte die Arbeit von Atticus Ross und Trent Reznor („Gone Girl“, „Soul“), schaffte es aber ebenso wenig wie Regisseur Wright, der Geschichte einen glaubwürdigen Schliff zu verpassen. Die erste Hälfte wirkt wie ein platter, wenn auch von Bruno Delbonnel („Mathilde – Eine große Liebe“, „Die Insel der besonderen Kinder“) glänzend fotografierter Abklatsch von Alfred Hitchcocks Klassiker „Das Fenster zum Hof“, nur dass seine Protagonistin nicht durch ein gebrochenes Bein, sondern durch eine psychische Disposition an ihr Haus gefesselt ist und nach der Beobachtung eines Mordes im gegenüberliegenden Haus der Polizei keine Beweise vorlegen kann. 
Amy Adams („American Hustle“, „Arrival“) gelingt es zwar, ihre Figur glaubwürdig zu verkörpern, doch der allzu vorhersehbare Plot mit den dann wieder völlig unglaubwürdigen Wendungen verschreckt das Publikum ebenso wie die erschreckende Vergeudung schauspielerischen Talents. Julianne Moore („Maps to the Stars“, „Still Alice“) hat wenigstens noch ein paar gute Szenen, bevor sie von der Bildfläche verschwendet, aber Gary Oldman und Jennifer Jason Leigh haben keine Chance, aus ihren eindimensionalen Rollen etwas herauszuholen. So verwundert es nicht, dass die Produktion von 21st Century Fox gar nicht erst ins Kino gekommen ist, sondern sofort bei Netflix gelandet ist.  

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