Unstoppable - Außer Kontrolle

Im Gegensatz zu seinem älteren Bruder Ridley Scott, der in seiner imponierenden Werksbiografie so wegweisende Werke wie „Alien“, „Blade Runner“, „Thelma & Louise“, „Gladiator“ und „Der Marsianer“ aufweisen kann, stand Tony Scott stets für visuell sehr ansprechendes, aber oft inhaltsschwaches Popcorn-Kino. 2010 präsentierte er mit „Unstoppable – Außer Kontrolle“ unversehens seinen letzten Film, bevor er zwei Jahre später seinem Leben ein Ende setzte. Dabei st ihm in seiner letzten Zusammenarbeit mit Top-Darsteller Denzel Washington und Komponist Harry Gregson-Williams ein absolut kurzweiliger, wenn auch absolut vorhersehbarer Action-Thriller gelungen. 

Inhalt: 

Die Stimmung im Depot des Rangierbahnhofs in Stanton, Pennsylvania, ist nicht gerade die beste. Nach 28 Jahren im Dienst hat Frank Barnes (Denzel Washington) die Kündigung bei der Hälfte seiner Bezüge erhalten. Für ihn und seine langjährigen Weggefährten rücken billigere und jüngere Zugführer wie Will Colson (Chris Pine) nach, der mit Barnes einen Güterzug fahren soll. Colson fällt es allerdings schwer, sich auf seinen Job zu konzentrieren, da seine Frau Darcy (Jessy Schram) ein Kontaktverbot gegen ihn erwirkt hat und ein Richter an diesem Tag über die Aufhebung entscheiden soll. 
Als sich ihr Zug in Gang setzt, ahnen Barnes und Colson noch nicht, dass auf dem 200 Meilen entfernten Rangierbahnhof in Fuller Yard der faule Rangierarbeiter Dewey (Ethan Suplee) eine gefährliche Kettenreaktion in Gang setzt. Erst achtet er nicht auf die Schließung der Druckluftventile für die Bremsen, dann springt er vom noch langsam fahrenden Zug, um die Weiche umzustellen, doch dann springt der Gashebel selbstständig auf „volle Fahrt“ und die Weiche kann so nicht rechtzeitig umgestellt werden. 
Als auch ein Versuch fehlschlägt, den führerlosen Zug noch zu erreichen, ist auch die Rangiermeisterin Connie Hooper (Rosario Dawson) alarmiert. Sie schickt den Schweißer Ned (Lew Temple) los, die nächste Weiche umzustellen, um den Geisterzug auf ein Nebengleis der eingleisigen Hauptstrecke zu manövrieren. Coopers Chef Galvin (Kevin Dunn) beruft eine Krisensitzung ein, bei der verschiedene Maßnahmen beschlossen werden, die den mit mittlerweile 70 Meilen dahinrasenden und mit leichtentzündlichen Chemikalien beladenen Güterzug zu stoppen. 
Mittlerweile rücken Barnes und Colson immer mehr in den Mittelpunkt der von den Medien aufmerksam beobachteten und dokumentierten Katastrophenfahrt, denn beide Züge befinden sich nun auf Kollisionskurs… 

Kritik: 

Tony Scotts letzter Film geht auf einen Vorfall zurück, der sich am 15. Mai 2001 im Rangierbahnhof Stanley Yard nahe der Stadt Toledo im US-Bundesstaat Ohio ereignete, als ein Zug außer Kontrolle geriet und rund 100 Kilometer unbemannt in Richtung Kenton fuhr. Allerdings haben Scott und sein Drehbuchautor Mark Bomback („Godsend“, „Stirb langsam 4.0“) die Ereignisse stark dramatisiert. 
Mit einer Charakterisierung der Figuren hält sich „Unstoppable“ nicht lange auf. Hier reicht ein kurzer Hinweis auf die Konkurrenz zwischen erfahrenen Lokführern und billigen Frischlingen auf der einen Seite und eine kurze Synopsis der privaten Probleme. Während Barnes nach dem Tod seiner Frau vor vier Jahren allein seine beiden halbwüchsigen Tochter großziehen muss, versucht Colson vergeblich, den Kontakt zu seiner Frau herzustellen. Mit der Eröffnungsszene in Fuller Yard nimmt die Action langsam an Fahrt auf und steigert sich zu einem bei aller Vorhersehbarkeit zum packenden Thriller. 
Die beiden Züge sind hierbei die eigentlichen Hauptdarsteller. Ihre Position und ihre jeweilige Geschwindigkeit werden sowohl über die Kommandozentrale als auch über die Medien kommuniziert. Mit den Fernsehbildern bindet Scott eine interessanten Kniff in den Film ein, ermöglicht es ihm doch, die Züge aus verschiedenen Perspektiven so zu präsentieren, wie sie auch die zunehmend in Atem gehaltene Menschenmenge und die Entscheidungsträger bei der Bahn vor den Monitoren zu sehen bekommt. 
Scott und sein Kameramann Ben Seresin („Gone – Lauf um dein Leben“, „Broken City“) verwenden nicht die übersättigten Farben, die noch Scotts „Domino“ und „Déjà Vu“ geprägt haben, sondern lassen die Dramatik der Handlung für sich sprechen. Einzig die gewohnt rasanten Schnitte kommen auch bei „Unstoppable“ zum Einsatz. 
Auch wenn die aufeinander zurasenden Züge im Mittelpunkt der Story stehen, verbeugt sich der Film auch vor den Helden der Arbeiterklasse, die hier das Schlimmste in allerletzte Sekunde abwenden. Bei so souverän inszenierter Spannung nimmt man die übertriebenen Action-Sequenzen auf den Zügen und das Pathos im Finale zwangsläufig in Kauf. Trotzdem hätte man Tony Scott ein beeindruckenderes Werk zum Abschied gewünscht.  

Kommentare

Beliebte Posts