Womit habe ich das verdient?

Bereits in seinen ersten Kinofilmen „Pepi, Luci, Bom und der Rest der Bande“, „Labyrinth der Leidenschaften“ und „Das Kloster zum heiligen Wahnsinn“ hat sich der spanische Filmemacher Pedro Almodóvar als guter Beobachter spezifischer Milieus erwiesen. Mit seinem vierten Werk „Womit habe ich das verdient?“ taucht er in das kleinbürgerliche Milieu hinab, in der eine Hausfrau mehr als nur einen arbeitsreichen Alltag zu bewältigen hat. 

Inhalt: 

In der kleinen Wohnung in einem Betonsilo am Stadtrand von Madrid hadert Gloria (Carmen Maura) mit ihrem Schicksal. Das Geld, das ihr Mann Antonio (Ángel de Andrés López) als Taxifahrer nach Hause bringt, reicht hinten und vorne nicht, schließlich leben momentan auch Antonios Mutter Abuela (Chus Lampreave) und die beiden Söhne noch in der Wohnung. Der 14-jährige Toni (Juan Martínez) dealt in der Nachbarschaft mit Drogen, während der 12-jährige Miguel (Miguel Ángel Herranz) von einem pädophilen Zahnarzt adoptiert wird. Gloria muss neben der Hausarbeit in der eigenen Wohnung auch noch Jobs als Putzfrau annehmen, so auch in einer Turnhalle, wo sich nach dem Kendo-Training der Männer auf eine schnelle Nummer mit dem Polizisten Polo (Luis Hostalot) einlässt, die sie aber ebenso unbefriedigt lässt wie die Ehe mit Antonio, der noch seiner Zeit als Fahrer für die mittlerweile abgehalfterte deutsche Sängerin Ingrid Müller (Katia Loritz) hinterhertrauert und in ihr zu Gedenken ständig Lieder von Zarah Leander hört. 
Gloria hilft gelegentlich bei ihrer Freundin und Nachbarin Cristal (Verónica Forqué) aus, die als Prostituierte die seltsamsten Gelüste ihrer Kunden befriedigt. Cristal vermittelt Gloria auch weitere Putzjobs, etwa bei dem erfolglosen Schriftsteller Lucas Villalba (Gonzalo Suárez) und dessen Frau Patricia (Amparo Soler Leal). Er träumt vom großen Geld, indem er die Tagebücher von Hitler fälscht, doch dazu braucht er die Unterstützung von Antonio, der ein begabter Schriftenimitator ist, und vor allem von Ingrid Müller. 
Als Antonio von Gloria ein frisch gebügeltes Hemd einfordert, das er für das Treffen mit seiner Geliebten tragen will, erschlägt Gloria ihren Mann mit einer Schinkenkeule, doch die Polizei kann das Verbrechen nicht aufklären, da die Tatwaffe mittlerweile verspeist ist und die Eidechse, die die Großmutter als Haustier angeschleppt hat und als einziger Zeuge gilt, von einem nervösen Polizisten zertreten wurde… 

Kritik: 

Es ist schon erstaunlich, mit was für einem imponierenden Figuren-Arsenal Almodóvar mal wieder auffährt, und das alles rund um eine vollkommen hässliche und vollgerümpelte 40-m2-Wohnung, in die so allerhand Leute ein- und ausgehen, wo sich nahtlos familiäre Dramen abspielen und jeder seinen eigenen Weg aus dieser kleinbürgerlichen Hölle zu finden sucht. Das scheint den beiden Jungen interessanterweise am besten zu gelingen. Der frühreife Miguel etwa ist ganz stolz, dass er mit seinem Körper macht, was er will, und bevorzugt mit den Vätern seiner Klassenkameraden schläft. Toni ist als Drogendealer auf seine Weise selbstständig und träumt davon, mit seiner Großmutter wieder aufs Land zurückzukehren. 
Indem die Männer aber nach und nach aus dem Haus gehen, mag Gloria zwar ein wenig Selbstbestimmung zurückgewinnen, doch am Ende wirkt sie eher einsam als nur allein. Während Almodóvar in seinen früheren Filmen durch schrille Dekors, schräge Popmusik und viel Humor die gesellschaftlichen Zustände noch karikierte und die Komödie über die Tragödie triumphieren ließ, dominieren in „Womit habe ich das verdient?“ doch die nachdenklicheren Töne und präsentieren ungeschminkt die trostlose, hässliche Welt, in der sich die Proletarier bewegen und abrackern. Dem Humor fällt es oft schwer, durch die verkorkste Oberfläche zu dringen, doch wenn es ihm gelingt, dann mit voller Wucht. 
Almodóvar beweist, dass er ernste Themen auch ernsthafter zu verarbeiten versteht, ohne seine eigene Handschrift zu verraten. Carmen Maura („Allein unter Nachbarn“, „Frauen am Rande des Nervenzusammenbruchs“) ist als Gloria der Dreh- und Angelpunkt des Films und bietet hier eine ihrer differenziertesten Darbietungen.  

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