The Fan
Seit seinem sehenswerten Debüt mit dem Vampir-Drama „Begierde“ ist Tony Scott vor allem als Filmemacher bekannt geworden, der eher durch seine Werbefilm- und Videoclip-Ästhetik von sich reden machte als durch fesselnde Geschichten, was vor allem mit seinen Tom-Cruise-Action-Vehikeln „Top Gun“ und „Tage des Donners“ offensichtlich wurde. Nachdem der jüngere Bruder von Ridley Scott mit dem Gangster-Liebes-Drama „True Romance“ und dem U-Boot-Thriller „Crimson Tide“ bewies, dass er auch über ein gutes Storytelling verfügt, fiel er mit dem Psychothriller „The Fan“ (1996) allerdings wieder in alte Manierismen zurück.
Inhalt:
Der Handelsvertreter Gil Renard (Robert De Niro) hat nach seiner Scheidung und auch in der von seinem Vater gegründeten Firma keinen leichten Stand. Der leicht reizbare Mann verfügt nur über ein begrenztes Besuchsrecht für seinen Sohn und droht bei anhaltend schlechten Verkaufszahlen sogar seinen Job zu verlieren. Einen emotionalen Ausgleich findet er als Fan der Baseball-Mannschaft San Francisco Giants, die gerade für die astronomische Summe von 40 Millionen Dollar Bobby Rayburn (Wesley Snipes) von den Atlanta Braves geholt haben.
Während die Radio-Moderatorin Jewel Stern (Ellen Barkin) in ihrer Sendung den Wert des Baseball-Stars hinterfragt und damit vor allem Rayburns Manager Manny (John Leguizamo) verärgert, bringt Gil in der Telefonschaltung mit der Moderatorin und dem kostspieligen Neuzugang seine volle Unterstützung für den Schlagmann zum Ausdruck. Für das Eröffnungsspiel holt Gil seinen Sohn von seiner Ex Ellen (Patti D'Arbanville) und ihrem neuen Lebensgefährten Tim (Chris Mulkey) ab, muss aber in der entscheidenden Phase des Spiels noch zu einem wichtigen Termin. Seinen Sohn lässt er so lange unbeaufsichtigt im Stadium.
Gil kommt schließlich nicht nur zu seinem Termin zu spät, sondern findet bei seiner Rückkehr ins Stadion seinen Sohn nicht mehr an seinem Platz vor. Er wurde von einem älteren Ehepaar zwischenzeitlich nach Hause gefahren, wo Gil vergeblich versucht, sich für sein Verhalten zu entschuldigen. Stattdessen bekommt er nicht nur ein gerichtliches Kontaktverbot ausgesprochen, sondern wird auch gefeuert, nachdem er den wichtigsten Kunden der Firma verloren hat.
Aber auch Rayburn hat seine Probleme. Beim Eröffnungsspiel verletzt er sich bei einem Zusammenstoß mit Juan Primo (Benicio Del Toro), der ihm zuvor schon seine gewohnte Nummer 11 auf dem Trikot abspenstig gemacht hatte, und kommt danach nie so richtig in Schwung. Als eine lautstarke Fraktion der Fans schon fordert, dass Rayburn nach Atlanta zurückgehen solle, greift Gil skrupellos zu allen Mitteln, um seinen Star wieder zurück in die Spur zu bringen…
Kritik:
Abgesehen von seinem atmosphärisch dicht inszenierten Erstling, der dem Vampir-Mythos ganz neue Facetten zu verleihen verstand, wurden Tony Scotts Filme nicht unbedingt von leisen Tönen geprägt. Der Wall of Sound von Hans Zimmer, der zuvor schon Scotts „Tage des Donners“, „True Romance“ und „Crimson Tide“ vertont hatte, lässt ebenso wie die rockigen Töne von Nine Inch Nails nicht zu, dass sich in der Verfilmung von Peter Abrahams Roman „The Fan“ eine psychologische Spannung aufbauen kann.
Dabei hat der Film mit Schauspiel-Legende Robert De Niro („GoodFellas“, „Casino“) ein echtes Schwergewicht am Start, der die vom Scheitern geprägte Figur des kompromisslosen Baseball-Fans wunderbar verkörpert. Hier genügen Scott und De Niro nur wenige Szenen im Zusammentreffen mit seiner Ex-Frau, mit seinem Chef und einem potentiellen Kunden, um dem Zuschauer vor Augen zu führen, aus welchem Holz Gil geschnitzt ist und wie schnell er seine Nerven verlieren kann. Damit ist das Drama schon vorgezeichnet, das zunächst in vorhersehbaren Bahnen verläuft und gerade in Bezug auf die Zeichnung von Rayburns Figur sehr klischeehaft ausfällt.
Zum Ende hin driftet „The Fan“ leider immer mehr ins Unglaubwürdige ab, versucht die inhaltlichen Schwächen mit gewohnt schicken Hochglanzbildern, schnellen Schnitten und dem bombastischen Soundtrack zu übertünchen. Kein Wunder also, dass „The Fan“ trotz der Starpower von Robert De Niro an den Kinokassen abgesoffen ist.
Immerhin legte Scott anschließend mit „Der Staatsfeind Nr. 1“ einen weitaus geschickter inszenierten Thriller vor, der zudem den Beginn der Zusammenarbeit mit Hans Zimmers Schützling Harry Gregson-Williams markierte.
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