La Mala Educación - Schlechte Erziehung

Zwanzig Jahre nach seinem Kinofilmdebüt „Pepi, Luci, Bom und der Rest der Bande“ (1980) war der spanische Autorenfilmer Pedro Almodóvar auch in Hollywood angekommen, hat für „Alles über meine Mutter“ (1999) den Oscar für den besten fremdsprachigen Film erhalten. Almodóvar ist dabei längst zu einer Marke geworden, die sich nie an den Massengeschmack anbiedern musste, sondern ihre Eigenschaften einfach nur perfektionierte. Dafür war das einfühlsame, mit dem Oscar für das beste Drehbuch ausgezeichnete Drama „Sprich mit ihr“ (2002) ebenso ein Beleg wie „La Mala Educación“ (2004), der sich als komplexes Film-noir-Drama mit der für Almodóvar üblichen Einbeziehung homo- und transsexueller Elemente präsentiert. 

Inhalt: 

Madrid, 1980. Nach drei erfolgreichen Filmproduktionen sucht der 27-jährige Enrique Goded (Fele Martínez) beim Überfliegen von Zeitungsartikeln nach einem interessanten Stoff für seinen nächsten Film, als er Besuch von seinem Schulfreund Ignacio (Gael García Bernal) bekommt, den er seit 16 Jahren nicht mehr gesehen hat und als Schauspieler auf der dringenden Suche nach einem Engagement ist. Enrique kann seinem alten Schulfreund, der nur noch mit seinem Künstlernamen Ángel angesprochen will, zwar gerade nichts anbieten, verspricht aber, seine stark autobiografisch gefärbte Erzählung „Der Besuch“ zu lesen. Immerhin verbindet die beiden jungen Männer eine gemeinsame Leidensgeschichte: In den 60er Jahren besuchten sie die gleiche katholische Jungenschule, die von Padre Manolo (Daniel Giménez-Cacho) geleitet wurde. Der Pater verliebte sich in Ignacio, der aber mit Enrique seine erste Liebe erlebte. Als der eifersüchtige Pater Enrique davon erfuhr, wurde Enrique von der Schule geworfen, die Jungen verloren sich aus den Augen. Als Schriftsteller hat Ignacio nicht nur seine traumatischen Erlebnisse mit dem Pater verarbeitet, sondern auch eine fiktive Begegnung der Dreiecksbeziehung zwanzig Jahre später hinzugefügt. Ignacio ist dann ein transsexueller Künstler, der unter dem Namen Zahara auftritt und Pater Manolo wegen seiner Verfehlungen in der Klosterschule damals zu erpressen versucht. Enrique möchte die Geschichte zwar verfilmen, will aber Ignacio nicht die von ihm gewünschte autobiografische Rolle geben. Enrique fühlt sich zwar nach wie vor von Ignacio körperlich angezogen, erkennt in ihm aber überhaupt nicht mehr den Jungen, mit dem er damals seine ersten sexuellen Erfahrungen geteilt hatte. Als Enrique Ignacios Mutter besucht, macht er eine schreckliche Entdeckung… 

Kritik: 

Obwohl Pedro Almodóvar mit „La Mala Educación - Schlechte Erziehung“ Ereignisse beschreibt, die mit seiner eigenen Lebensgeschichte korrelieren - vor allem der Besuch einer Klosterschule und die Freiheiten, die er nach Francos Tod im Jahr 1975 während der Kulturbewegung Movida Madrileña erleben durfte -, betont der Filmemacher, dass es sich zwar um einen sehr intimen, aber keinen autobiografischen Film handele, an dem er immerhin zehn Jahre gearbeitet habe. 
Tatsächlich spielt der Missbrauch Ignacios durch den Pater eine eher untergeordnete Rolle, wird nicht groß ausgeschlachtet, sondern ist eher der Katalysator für die nachfolgenden Ereignisse, die nach der 16-jährigen Trennung der beiden Jungen ihren dramatischen Verlauf nehmen und ganz dem französischen Film noir verbunden ist. Hier finden sich die fatalistische Handlung ebenso wieder wie die verzweifelte Romantik und die Melancholie der Gewalt. 
Die Rolle der Femme fatale nimmt der Gael García Bernal („Amores Perros“, „Y Tu Mamá Tambien“) – als Enfant terrible - in seiner wandlungsfähigen Rolle des Ignacio ein. Besonderes Geschick erweist Almodóvar aber in der geschickt konstruierten Film-im-Film-Dramaturgie, die die volle Aufmerksamkeit des Publikums erfordert, denn die teilweise in Rückblenden geschilderten Ereignisse decken nicht nur die Jahre 1964, 1977 und 1980 ab, sondern vermischen auch die Handlung des Drehbuchs mit der eigentlichen Filmhandlung, weshalb eine der Hauptfiguren auf zwei verschiedene Arten ermordet wird und Daniel Giménez-Cacho den Padre Manolo in jungen Jahren (und in der Film-im-Film-Sequenz) verkörpert, während Lluis Homar den gealterten, kränklichen Mann spielt, der in seinem neuen Leben als Verleger mit den Sünden seiner Vergangenheit konfrontiert wird. Almodóvar jongliert bravourös zwischen den Zeiten und Orten, charakterisiert einfühlsam die Beziehungen zwischen den einzelnen Figuren, die ganz ihren Leidenschaften verbunden sind und deshalb auch nicht als böse Charaktere erscheinen. 
Alles in allem stellt „La Mala Educación - Schlechte Erziehung“ Almodóvars komplexestes Werk dar, das durch die großartigen Darsteller – allen voran Gael García Bernal und Fele Martínez („Darkness“, „Öffne die Augen“) -, die kühne Inszenierung, die stimmige Kameraarbeit von José Luis Alcaine („Eve und der letzte Gentleman“, „Der Obrist und die Tänzerin“) und den einfühlsamen Score von Alberto Iglesias („Sprich mit ihr“, „Der ewige Gärtner“) besticht.  

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