Blackhat
Mit Meisterwerken wie „Heat“, „Collateral“ und „Insider“ hat sich Michael Mann längst in den Olymp der Hollywood-Regisseure katapultiert, doch nach seinem Gangster-Epos „Public Enemies“ (2009) blieb es lange sehr ruhig um den versierten Filmemacher. Warum er nach sechs Jahren Auszeit aber ausgerechnet einen Stoff wie „Blackhat“ verfilmen musste, wird Michael Manns Fans und Kritikern wohl immer ein Rätsel bleiben.
Als Hacker in einem chinesischen Atomkraftwerk die Kühlung außer Gefecht setzen und für einen GAU sorgen, beauftragt die Regierung den Cyber-Experten Chen Dawai (Leehom Wang) damit, das Verbrechen aufzuklären. Offenbar hat der gleiche Blackhat, also ein krimineller Hacker, auch dafür gesorgt, dass der Kurs für Soja an den Börsen explodiert ist. Zusammen mit seiner datentechnisch ebenfalls versierten Schwester Lien (Tang Wei) fliegt Dawai in die USA, um das Problem mit Hilfe seines ehemaligen Studienkollegen am MIT, Nick Hathaway (Chris Hemsworth), anzupacken. Allerdings sitzt Nick wegen Kreditkartenbetrugs seit Jahren in einem Gefängnis in Pennsylvania. Da auch die amerikanischen Behörden daran interessiert sind, den versierten Hacker zu fassen, lässt sich
Special Agent Carol Barrett (Viola Davis) vom FBI auf einen Deal ein: Sollte Nick dazu beitragen können, den Blackhat zu fassen, wird ihm seine restliche Haftstraße erlassen. Wie Nick und Dawai schnell feststellen, hat der Hacker die Fernsteuerungssoftware weiterentwickelt, die die beiden Freunde damals programmiert haben. Über das MIT führt die Spur zunächst nach Los Angeles in die Wohnung eines Mannes, den die Ermittler allerdings tot auffinden, aber bei ihren weiteren Nachforschungen stoßen die Chens, Nick und Agent Barrett auf drei hohe Überweisungen auf ein ausländisches Konto in Hongkong und den libanesischen Dealer Elias Kassar (Ritchie Coster), der sich allerdings mit schwerbewaffneten Komplizen gegen die Ermittler mehr als nur verteidigen versteht…
Kritik:
Es ist ja nicht so, dass das Drehbuchdebüt von Morgan Davis Foehl vor Originalität nur so strotzt. Die Art von Cyber-Kriminalität, die „Blackhat“ thematisiert, wurde schon in John Badhams „Wargames“ (1983), Phil Alden Robinsons „Sneakers“ (1992) oder Tony Scotts „Der Staatsfeind Nr. 1“ (1998) umgesetzt, allerdings verfügt Michael Manns Hacker-Thriller auch über ein gehöriges Maß an Action, was schließlich Hauptdarsteller Chris Hemsworth („Thor“, „Snow White and the Huntsman“) auf den Plan bringt.
Auch wenn die Jagd nach dem Cyber-Kriminellen zunächst natürlich auf die Entschlüsselung von Codes und Reisen von Hongkong nach Chicago, Los Angeles, Macau und Jakarta fokussiert ist, kommen die Cyber-Ermittler nicht umhin, wieder an den Ursprungsort des Hacks im chinesischen Atomkraftwerk zurückzukehren, was der Blackhat mit allen Mitteln natürlich zu verhindern versucht. So darf Michael Mann in seinem erstmals vollständig digital gefilmten Werk neben den Explosionen am Atomkraftwerk auch mit Nagelbomben, Schießereien und Nahkämpfe aufwarten, um dem letztlich doch etwas langatmigen Film etwas Tempo zu verleihen und vor allem dramaturgische Schwächen abzufedern. Mann schafft es leider nicht, den Figuren Charakter zu verleihen, weshalb schon eine Liebesgeschichte zwischen Nick und Lien konstruiert werden muss, um eine menschliche Komponente in die Story zu bringen, die sonst nur auf die unersättliche Gier der Schlüsselfigur in diesem Cyber-Action-Thriller reduziert wird.
Die wie üblich visuelle Virtuosität, die Mann und sein Kameramann Stuart Dryburgh („Das Piano“, „The Great Wall“) unter Beweis stellen, wird durch die düsteren elektronischen Klänge von Harry Gregson-Williams („Domino“, „Königreich der Himmel“) sowie den Brüdern Atticus und Leopold Ross („The Book of Eli“, „Triple 9“) stimmungsvoll unterstützt, doch da die Story überhaupt keine Spannung aufkommen lässt, bleibt „Blackhat“ recht uninspiriert.
Mann liefert bei den Ortswechseln immer wieder großartige Schauwerte, wie bei dem ehemaligen Flussbett in Jakarta, wo Zinn gewonnen wird, doch bei der Darstellung der virtuellen Verbrechen fällt ihm überraschend wenig ein. Immerhin darf der Film als mustergültige Zurschaustellung der Annäherung zwischen Ost und West, zwischen den USA und China gelten, weniger als bemerkenswerter Output des einst so gefeierten Regisseurs.
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