Das Leben des David Gale

Seit seinem Regiedebüt mit „Bugsy Malone“ (1976) hat der britische Filmemacher Alan Parker eine imponierende Karriere hingelegt, in der er Meisterwerke wie „12 Uhr nachts – Midnight Express“, „Birdy“, „Angel Heart“, „Mississippi Burning“ und „Die Asche meiner Mutter“ ablieferte. Seinen letzten Film inszenierte er 2003 mit dem Justiz-Drama „Das Leben des David Gale“ mit Kevin Spacey, Kate Winslet und Laura Linney in den Hauptrollen. 

Inhalt: 

Prof. Dr. David Gale (Kevin Spacey) ist nicht nur ein hoch angesehener und bei seinen Studenten sehr beliebter Philosophieprofessor, sondern auch ein prominenter Aktivist bei der Menschenrechtsorganisation „Death Watch“, die sich ganz dem Kampf gegen die Todesstrafe verschrieben hat. Als er auf einer Party von einer Studentin (Rhona Mitra) verführt wird, die ihm zuvor versprochen hat, „alles“ zu tun, damit er sie die Prüfung bestehen lässt, wird er von ihr wegen Vergewaltigung angezeigt. Zwar wird die Anklage fallen gelassen, doch der Schaden ist angerichtet. Gales Frau Sharon (Elizabeth Gast) verlässt ihn, er verliert seinen Job und wird – trotz der Unterstützung seiner Kollegin Constance Harraway (Laura Linney) - auch bei „Death Watch“ nicht mehr gern gesehen. 
Gale flüchtet sich in den Alkohol, doch so richtig schlimm wird es für ihn, als eines Tages Harraway vergewaltigt und ermordet aufgefunden wird. Gales Spermaspuren an der Leiche führen dazu, dass ihm der Prozess und er zum Tode verurteilt wird. Vier Tage vor seinem Hinrichtungstermin gewährt Gale gegen ein marktübliches Honorar von 500.000 Dollar ein einziges Interview, wofür er ausdrücklich nach der jungen Journalistin Bitsey Bloom (Kate Winslet) verlangt. Ihr Verleger schickt sie zusammen mit dem Praktikanten Zack (Gabriel Mann) zu den drei veranschlagten Interview-Terminen, in denen Gale seine Geschichte erzählt. Zwar versucht der Verurteilte nicht direkt, sie von seiner Unschuld zu überzeugen, doch kommen der Reporterin allmählich Zweifel an Gales Schuld. Auf jeden Fall scheint mehr hinter der Sache zu stecken, als es auf den ersten Blick scheint, was die Recherchen, die sie zusammen mit Zack anstellt, noch unterstützen. Außerdem stellen sich die beiden Reporter die Frage, warum sie die ganze Zeit von Hallaways Angestellten Dusty Wright (Matt Craven) verfolgt werden… 

Kritik: 

Dass Alan Parker und sein Drehbuchautor Charles Randolph („The Big Short“, „Bombshell“) Texas als Schauplatz für ihre Geschichte ausgewählt haben, kommt nicht von ungefähr, schließlich werden mehr als die Hälfte der in den USA verhängten Todesstrafen in Texas verhängt. Natürlich drängt sich schnell der Verdacht auf, dass „Das Leben des David Gale“ vor allem ein Plädoyer gegen die Todesstrafe darstellt und die junge Journalistin Bitsey Bloom auserkoren wird, einen Justizirrtum aufzudecken, wie man es aus den Thrillern von John Grisham gewohnt ist. 
Doch Parker wählt einen interessant anderen Ansatz, indem er geschickt die Erwartungshaltung seines Publikums unterläuft. Eine Schlüsselszene stellt beispielsweise das TV-Rededuell zwischen Gale und dem texanischen Gouverneur Hardin (Michael Crabtree) dar, der Gale provozierend fragt, ob Gale ihm nur einen Fall der ausgesprochenen Todesstrafen nennen könne, bei dem es sich um ein Fehlurteil gehandelt hätte. Dass Gale darauf keine Antwort geben kann, prägt entscheidend die nachfolgenden Ereignisse, die erst am Ende mit einem spektakulären Twist aufgeklärt werden. 
Kevin Spacey („Die üblichen Verdächtigen“, „American Beauty“) verkörpert überzeugend einen redegewandten, hochintelligenten Todeskandidaten, dessen Figur nicht unbedingt darauf ausgelegt ist, die Sympathien des Publikums zu gewinnen. Die von ihm offen geschilderte Affäre mit der Studentin und auch seine Alkoholsucht machen es den Zuschauern nicht einfach, Mitleid mit dem Mann zu empfinden, der offensichtlich eine sehr brutale Methode gewählt hat, um seine Kollegin zu töten. 
Gegen das differenzierte Spiel sowohl von Kevin Spacey als auch von Laura Linney („Kinsey“, „Nocturnal Animals“) hat es Kate Winslet („Little Children“, „Zeiten des Aufruhrs“) schwer, als unvoreingenommene Reporterin starke Akzente zu setzen, doch ist das Ensemble letztlich ebenso glänzend besetzt wie die Kameraarbeit von Michael Seresin („Tödliches Vertrauen“, „Harry Potter und der Gefangene von Askaban“) und die Musik von Alan Parkers Söhnen Alex und Jake überzeugen. 
„Das Leben des David Gale“ ist vier Jahre nach dem einfühlsamen Drama „Die Asche meiner Mutter“ zwar nicht der ganz große nächste Wurf des 2020 verstorbenen Briten geworden, aber zumindest mit der spektakulären Auflösung am Ende ist Parker ein echter Geniestreich gelungen.  

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