Die Asche meiner Mutter

Nachdem Alan Parker mit der Musikkomödie „Die Commitments“ (1991) einen Roman von Roddy Doyle und 1994 mit der Gesundheitswahn-Satire „Willkommen in Wellville“ (1994) eine Vorlage von T.C. Boyle verfilmt hatte, nahm er sich 1999 Frank McCourts Autobiografie „Die Asche meiner Mutter“ an und überzeugte einmal mehr durch eine atmosphärisch stimmige Zeitreise, diesmal in eine von Armut geprägte irische Kindheit. 

Inhalt: 

Eigentlich sind Malachy McCourt (Robert Carlyle) und seine Frau Angela (Emily Watson) mit ihren Kindern aus Irland in die USA ausgewandert, um der hoffnungslosen Armut in ihrer Heimat zu entkommen. Doch auch in Brooklyn reicht es im Jahr 1935 für die sechsköpfige Familie kaum zum Leben, da Malachy einfach keine Arbeit findet. Als mit Margaret aber das gerade erst geborene fünfte Kind der McCourts stirbt, haben Malachy und Angela ihren Lebensmut verloren und sind so verzweifelt, dass sie in ihre irische Heimat zurückkehren. Allerdings leiden die McCourts in Angelas Geburtsstadt Limerick nach wie vor unter einer schrecklichen Armut. Die Familie haust in den Slums der Windmill Street in einem feuchten Loch gegenüber der Kloake, in das der permanente Regen Limericks die untere Etage fast ständig unter Wasser setzt. 
Der starrköpfige, protestantische Nordire Malachy findet nach langer Zeit nur sporadisch Arbeit und versäuft das wenige Geld, das er verdient, in der Kneipe. Zwar zieht es Malachy auf der Suche nach Arbeit sogar bis nach London, doch schickt er seiner Familie nie das dringend benötigte Geld für den Lebensunterhalt, so dass Angela immer wieder gezwungen ist, bei Mrs. Finucane Geld zu leihen, in der Kirche und bei der Wohlfahrt um Almosen zu betteln. 
Angelas Anstrengungen können jedoch nicht verhindern, dass ihre Zwillinge Oliver und Eugene an Entkräftung sterben. Mit Michael und Alphie bringt Angela aber zwei weitere Söhne zur Welt. Frank (Ciaran Owens) bricht bei seiner Firmung in der Kirche ohnmächtig zusammen und überlebt seine Typhus-Erkrankung knapp. Da er während seiner Genesung für zwei Monate die Schule versäumt hat, soll er die fünfte Klasse wiederholen, doch ein kluger Aufsatz über das Leben von Jesus in Limerick bringt ihn nicht nur zurück in seine alte Klasse, sondern auch die Ermutigung seines Schulleiters, mit seinen literarischen Fähigkeiten in die USA auszuwandern. 
Als Frank (nun: Michael Legge) alt genug ist, fühlt er sich verantwortlich, Geld für die Familie zu verdienen, und verteilt für die Post Telegramme in Limerick. Bei seinen Touren lernt er die gleichaltrige Theresa (Kerry Condon) kennen und verliebt sich in sie. Seinen Lohn zahlt er zusammen mit dem Trinkgeld auf sein Sparbuch bei der Post ein, bis er sich die Überfahrt nach Amerika leisten kann… 

Kritik: 

Bereits mit seinen vorangegangen Filmen erwies sich Alan Parker als versierter Chronist vergangener Epochen und außergewöhnlicher Lebensumstände. Die menschenunwürdigen Zustände in türkischen Gefängnissen („Midnight Express“) hielt er ebenso authentisch wirkend fest wie die von Schwarzer Magie geprägte Atmosphäre in Louisiana („Angel Heart“) oder die rassistischen Umtriebe in Mississippi („Mississippi Burning“).  
Frank McCourt veröffentlichte seine Kindheitserinnerungen erst 1997 im Alter von 65 Jahren, erhielt für seinen weltweit erfolgreichen Debütroman sogar den Pulitzer-Preis und stand Parker auch als Berater während der Dreharbeiten zur Verfügung. Der britische Filmemacher gab sich viel Mühe, die von Dauerregen, Schmutz und Armut geprägte Lebensumgebung der kinderreichen McCourt-Familie in den 1930er Jahren wirklichkeitsnah abzubilden, ohne eine allzu bedrückende Stimmung zu erzeugen. 
Bei aller Armut und dem selbstsüchtigen Verhalten von Malachy Sr. lassen sich die letztlich alleinerziehende Frau und ihre Söhne nicht von dem drückenden Hunger, der bis in die Knochen fahrenden Nässe und Kälte unterkriegen, sondern trotzen erhobenen Hauptes der schweren Bürde, die ihnen der Herr auferlegt hat. 
Parker nimmt sein Publikum auf eine sehr emotionale Zeitreise, ohne auf die Tränendrüsen zu drücken. Indem er so viel Wert auf eine werkgetreue Adaption und die stimmige Atmosphäre legt, fühlt sich der Zuschauer mit der Zeit und den Figuren verbunden, wobei die großartigen Darsteller natürlich ihren Teil dazu beitragen. Neben Emily Watson („Breaking the Waves“, „Punch-Drunk Love“) und Robert Carlyle („Trainspotting“, „Ganz oder gar nicht“) sorgen vor allem die drei jungen Darsteller, die Frank McCourt vom zarten Jungenalter bis zum Jugendlichen verkörpern, für eine emotionale Beteiligung des Publikums. Die tolle Ausstattung, Michael Seresins („Gravity“, „All Beauty Must Die“) stimmungsvolle Kameraarbeit und der Oscar-nominierte Score von Großmeister John Williams runden dieses einfühlsam inszenierte und gespielte Drama wundervoll ab.  

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