Todesstille

Der australische Filmemacher Phillip Noyce ist vor allem für seine Hollywood-Blockbuster wie „Die Stunde der Patrioten“ (1992) und „Das Kartell“ (1994) mit Harrison Ford sowie „Der Knochenjäger“ (1999) mit den Oscar-Preisträgern Denzel Washington und Angelina Jolie in den Hauptrollen bekannt geworden. Seinen Durchbruch erzielte er allerdings noch mit dem in seiner australischen Heimat produzierten Survival-Thriller „Todesstille“ (1989) nach der bereits 1963 veröffentlichten Romanvorlage „Tödliche Flaute“ von Charles Williams, an der sich bereits der große Orson Welles versucht hatte. 

Inhalt: 

Um den Verlust ihres Sohnes besser verarbeiten zu können, der bei einem Autounfall ums Leben gekommen war, den Rae (Nicole Kidman) bei abendlichen Starkregen verursacht hatte, nimmt sie sich mit ihrem Mann, dem Marine-Offizier John Ingram (Sam Neill), mit ihrer Segelyacht eine Auszeit auf dem Pazifik. Tatsächlich scheinen sie bei ruhiger See und Sonnenschein die schrecklichen Erlebnisse für eine Zeit vergessen und wieder auf sich konzentrieren zu können. 
Doch dann entdeckt John in der Ferne einen Schoner, der in Schwierigkeiten zu stecken scheint, und wenig später nähert sich einer der Überlebenden hektisch rudernd in einem Rettungsboot ihrer Yacht. Der völlig verstörte Mann stellt sich als Hughie (Billy Zane) vor, der vorgibt der einzige Überlebende auf dem leck geschlagenen Schiff zu sein, nachdem die übrige Besatzung von einer Lebensmittelvergiftung dahingerafft worden sei. John fährt schon lang genug zur See, um an Hughies Schilderung zu zweifeln, und macht sich mit dem Rettungsboot allein auf den Weg zum Schoner, wo er mit Schrecken entdecken muss, dass die Besatzung brutal ermordet worden ist. 
Bevor John das Schiff wieder verlassen kann, wird er allerdings durch einen herabstürzenden Mast in der Funkkabine eingeschlossen. Zwar kann er eine Verbindung zu Rae aufbauen, doch seine Frau kann nur das Klacken der Sprechtaste hören, so dass sie ihm nur Fragen stellen kann, die er mit Ja oder Nein beantworten kann. Mittlerweile hat Hughie die Yacht der Ingrams unter seine Kontrolle gebracht und verhindert, dass John wieder an Bord zurückkommen kann. Während John nach seiner Befreiung aus der Kabine die Maschine des Schoners zum Laufen bringt und Kurs auf seine eigene Yacht nimmt, versucht Rae mit wirklich allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln, Hughie außer Gefecht zu setzen und das Boot zu stoppen, doch Hughie scheint ihr immer einen entscheidenden Schritt voraus zu sein… 

Kritik: 

Orson Welles hatte sich bereits 1967 versucht, mit privaten Mitteln die Thriller-Vorlage von Charles Williams mit Jeanne Moreau, Laurence Harvey und seiner Lebensgefährtin Oja Kodar zu verfilmen, doch erst reichte das Geld nicht, dann verstarb auch noch Hauptdarsteller Harvey 1973, so dass das Projekt von Welles für gescheitert erklärt worden war. 
Der Australier Phillip Noyce machte es besser. Mit einem Budget von gerade mal 10 Millionen Dollar inszenierte er einen Thriller, dessen nervenzerreißende Spannung ganz von der kammerspielartigen Abgeschiedenheit auf dem offenen Meer in den zwei Booten und der Trennung der kummergeplagten Eheleute lebt. 
Noyce schildert zu Beginn den tragischen Unfall mit dem Verlust des Kindes, bevor er ohne eine weitere Überleitung zu dem bereits angetretenen Bootstrip schneidet. In der Abgeschiedenheit auf der windstillen, sonnigen See scheinen sich John und Rae wieder ein Stück Normalität zurückerobert zu haben, bis durch den undurchsichtigen Hughie das empfindliche seelische Gleichgewicht zerstört wird. Durch die Trennung des Ehepaars implementiert sogar zwei Schauplätze, an denen ums Überleben gekämpft wird. John muss sich erst mühevoll mit einer Pumpe gegen den steigenden Wasserpegel in der Kabine zur Wehr setzen, in der er gefangen ist, aber der Schwerpunkt der Handlung liegt in dem Duell zwischen der vermeintlich hilflosen Rae und ihrem psychopathischen Peiniger. 
Der klug konstruierte Plot bietet an sich so viel Spannung, dass er meist ohne den Einsatz dramatisierender Musik auskommt, aber wenn sie ertönt, wird die Spannung tatsächlich auf die Spitze getrieben. Graeme Revell, der zuvor mit seiner Band SPK die Post-Industrial-Szene mitgeprägt hat, verwendete für seine erste größere Filmmusikarbeit Material aus dem klassisch geprägten SPK-Album „Zamia Lehmanni“ und kreierte einen so ungewöhnlichen Score mit Atemgeräuschen, Percussion und Solo-Stimme, dass er zurecht mit einem der vier AFI Awards des Australian Film Institute, die „Todesstille“ erhielt, ausgezeichnet wurde und ebenso wie Regisseur Phillip Noyce und Hauptdarstellerin Nicole Kidman erfolgreich den Sprung nach Hollywood schaffte. 
Die schicken Bilder des späteren Oscar-Gewinners Dean Semler („Der mit dem Wolf tanzt“), die schnörkellose Inszenierung und die starken Darstellerleistungen machen „Todesstille“ zu einem zwar vorhersehbaren, aber knackig fiesen Überlebens-Thriller auf hoher See. 

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