Salvador

Oliver Stone begann seine Hollywood-Karriere mit den zwei Horror-B-Movies „Die Herrscherin des Bösen“ (1974) und „Die Hand“ (1981), versuchte aber lange Zeit vergeblich, sich als Drehbuchautor zu profilieren. Nach seinem ersten Oscar für das Drehbuch zu Alan Parkers Drama „12 Uhr nachts – Midnight Express“ (1978) ging es trotzdem nur langsam vorwärts. Während er sich mit Drehbüchern zu Filmen wie „Conan der Barbar“, „Scarface“ und „Im Jahr des Drachen“ einen Namen machen konnte, nahm seine Regiekarriere erst ab Mitte der 1980er Jahre an Fahrt auf, als er in kurzer Folge die Filme „Salvador“, „Platoon“ (beide 1986), „Wall Street“ (1987) und „Geboren am 4. Juli“ (1989) in die Kinos brachte und sich als politischer Filmemacher ebenso etablierte wie er von seinen Kritikern angefeindet wurde. „Salvador“ beruht auf den Erfahrungen, die der Fotojournalist Richard Boyle 1980 und 1981 während des Bürgerkriegs in El Salvador gemacht hat, und markierte den Beginn der langjährigen Zusammenarbeit zwischen Stone und dem auch von Martin Scorsese und Quentin Tarantino sehr geschätzten Kameramann Robert Richardson

Inhalt: 

Der einst erfolgreiche US-amerikanische Fotoreporter Richard Boyle (James Woods) ist nur noch ein Schatten seiner Selbst. Da er bei den Zeitungen und Magazinen, für die er früher gearbeitet hat, als unzuverlässig gilt, bekommt er kaum noch Aufträge, leidet unter einem signifikanten Alkoholproblem und steht mit seiner Frau und ihrem gemeinsamen Baby kurz vor dem Rausschmiss aus der Wohnung, für die er seit Monaten keine Miete mehr aufbringen konnte. Als er bei einer Verkehrskontrolle verhaftet wird, weil sein Führerschein eingezogen worden ist, bezahlt sein alter Freund Dr. Rock (James Belushi) seine Kaution. Mittlerweile hat Boyles Frau mit dem Baby das Weite gesucht, und Boyle fährt mit seinem Kumpel nach El Salvador, wo einst seine Karriere begonnen hatte. Während Doc Rock vor allem seinen Spaß haben und feiern will, sucht Boyle seine früheren Kontakte auf und gerät sofort in die Wirren des Bürgerkriegs, in dem sich die Bevölkerung gegen die brutale Militärdiktatur erhebt, gegen die auch die US-Regierung wenig zu unternehmen scheint, sieht sie doch vor allem die Gefahr, dass sich hier der Kommunismus ausbreiten könnte. Der liberale US-Botschafter Thomas Kelly (Michael Murphy) steht dem Elend jedenfalls ohnmächtig gegenüber. Zusammen mit seinem Kollegen und Freund John Cassady (John Savage) dokumentiert Boyle die Schrecken, die die rechtsgerichtete Todesschwadron anrichtet. Nach einem Massaker liegen überall auf einem Hügel verstreut unzählige Leichen. Als Boyle Zeuge wird, wie der gegen die Militärdiktatur predigende Erzbischofs Óscar Romero in der Kirche erschossen wird, überschlagen sich die Ereignisse in dem mittelamerikanischen Land… 

Kritik:

Oliver Stone schrieb zusammen mit Richard Boyle (1942-2016) das Oscar-nominierte Drehbuch zu „Salvador“ und schildert die Geschichte des Bürgerkriegs in El Salvador, der zwischen 1980 und 1991 rund 70.000 Tote forderte und die aus Kommunisten, Christen und Gewerkschaften gebildete Opposition in den bewaffneten Widerstand gegen das brutale Militärregime trieb. Stone macht ebenso wie sein Protagonist Richard Boyle kein Hehl aus seiner Ablehnung gegen das Reagan-Regime, das die Militärdiktatur unterstützt hat, weshalb Stone seinen Film unabhängig von Hollywood für die englische Produktionsfirma Hemdale realisierte und mit „Salvador“ kaum Geld an den heimischen Kinokassen einspielte. Der Filmemacher verfolgt dabei auch nicht den Anspruch, die Ereignisse von 1980/81 auch nur annähernd objektiv zu schildern. 
Der für seine intensive Darstellung für einen Oscar nominierte James Woods („Bestseller“, „Auf die harte Tour“) steht ganz im Mittelpunkt von „Salvador“. Die beiden kurzen Szenen, in denen Boyle von seinem lateinamerikanischen Vermieter mit dem Rauswurf aus der Wohnung bedroht wird und verzweifelt am Telefon nach einem Auftrag bettelt, reichen völlig aus, um Boyles gescheiterte Existenz zu charakterisieren. 
Seine Spannung erhält der Film durch die dramatischen Entwicklungen, in denen Boyle unvermittelt vom Beobachter der grausamen Exekutionen durch die Todesschwadron zum unmittelbaren Beteiligten wird, denn der Militärdiktatur ist natürlich wenig daran gelegen, dass ihr Vorgehen in ein schlechtes Licht gerückt wird. Allerdings bekommt auch die linke Opposition ihr Fett weg, wenn eine ihrer Anführerinnen gnadenlos einige Soldaten exekutieren lässt und sich so der gleichen abscheulichen Mittel bedient wie die Kräfte, die die Guerrilla bekämpft. 
Robert Richardsons Kamera ist dabei immer dicht am Geschehen, die wacklige Handkamera suggeriert eine beängstigende Authentizität. Da der Film allein aus Boyles Perspektive erzählt wird, bleibt der umfassende Kontext des Geschehens außen vor. Die Zusammenhänge müssen aus den Gesprächen, Beobachtungen und Erlebnissen erschlossen werden, die Boyle schildert. Inwiefern der Zuschauer diesem Glauben schenkt, bleibt ihm selbst überlassen. 
So plakativ, eindringlich und brutal Stone die Ereignisse während des Bürgerkriegs präsentiert, so wirkt „Salvador“ stellenweise doch recht in viele Nebenhandlungen unnötig fragmentiert, die Figuren stark überzeichnet. Doch als erstes Dokument für Oliver Stones politisches Kino ist „Salvador“ absolut bemerkenswert und richtungsweisend.  

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