Subway

Nachdem Luc Besson 1983 mit seinem Langfilm-Regiedebüt, der in Schwarzweiß gedrehten, nahezu dialogfreien Dystopie „Der letzte Kampf“, andeuten konnte, dass er interessante Ideen in sich trägt, gelang ihm mit seinem nächsten Film bereits ein finanzieller Erfolg, der ihn auch außerhalb seiner französischen Heimat bekannt machte und mit drei Césars ausgezeichnet wurde. „Subway“ ist wie schon „Der letzte Kampf“ und nachfolgende Werke des französischen Filmemachers in einer anderen Welt angesiedelt und verströmt einen anarchistischen Steampunk-, New-Wave- und Pop-Charme, der vor allem durch seine skurrilen Figuren und Eric Serras groovende Musik transportiert wird. 

Inhalt: 

Nachdem der kriminelle Punker Fred (Christopher Lambert) auf der Geburtstagsparty der zwielichtigen Geschäftsfrau Héléna (Isabelle Adjani) den Safe gesprengt und ausgeräumt hat, erpresst er sie mit den gestohlenen Dokumenten und versteckt sich auch vor den Schergen von Hélénas Mann im Labyrinth der Pariser Metro. Dort lernt er so skurrile Typen wie den Handtaschen stehlenden Roller (Jean-Hugues Anglade), den Floristen (Richard Bohringer) oder Muskelprotz Big Bill (Christian Gomba) kennen. Die schöne Héléna erscheint zwar zur verabredeten Geldübergabe auf einem der Metro-Bahnsteige, hat aber nicht die geforderten 50.000 Francs bei sich. 
Fred entwischt sowohl Hélénas Beschützer als auch der U-Bahn-Polizei und versucht im ausgeklügelten Tunnelsystem der Metro eine Band auf die Beine zu stellen. In seinem nächsten Erpresserbrief fordert Fred derweil 50 Millionen Francs. Héléna weiht Metro-Kommissar Gesberg (Michel Galabru) in die Erpressung ein, da sie verhindern will, dass Fred in die Fänge ihres Mannes und seiner Handlanger gerät. Leider taugen Gesbergs beste Männer Batman (Jean-Pierre Bacri) und Robin (Jean-Claude Lecas) nur zum Kaffeekochen, denn den Rollschuh-Dieb jagen sie auch schon seit Monaten vergeblich. Héléna, die von dem Leben an der Seite ihres reichen Mannes gelangweilt ist, beginnt derweil, Freds Gefühle für sie zu erwidern… 

Kritik: 

Die wilde Autoverfolgungsjagd zu Beginn weist schon auf Luc Bessons Faible für Action-Produktionen wie die „Taxi“- und „The Transporter“-Filmreihen hin, doch nach diesem temperamentvollen wie temporeichen Auftakt spielt sich das Geschehen daraufhin fast ausschließlich im gemächlichen Erzähltempo in der surreal anmutenden Szenerie der Pariser Metro ab, die sogar über eine eigene, wenn auch erbärmlich ineffektive Polizeieinheit verfügt. 
Nach und nach stellt Besson seine im wahrsten Sinne des Wortes im Untergrund lebenden Protagonisten vor, ohne sich besondere Mühe mit deren Background zu geben. Der von Jean Reno gespielte wortkarge Drummer, der stets nach geeignetem Diebesgut Ausschau haltende Roller, der unauffällige Florist, der alles im Blick zu haben scheint, und der ausschließlich mit Krafttraining beschäftigte Big Bill sind einfach nur Typen ohne echte Identität, die sich ihre Nische im Tunnelsystem der Metro eingerichtet haben, auf Matratzen und in Hängematten schlafen, sich ihre Lebensmittel in den Kiosken besorgen und auch ihre Partys dort feiern. Der punkige Safeknacker Fred fügt sich problemlos in diese Szene ein, hat er doch auch so gar nichts mit dem normalen Leben in Paris am Hut. Seine einzige Verbindung zur echten Welt stellt die wunderschöne Héléna dar, die sofort fasziniert von den dem lausbübischen Charme des Typen gewesen ist, dass sie ihn auf ihre Party eingeladen hat und selbst nach seinem Erpressungsversuch interessiert bleibt und ihm auf den Fersen bleibt. 
Besson lässt aber keinen Zweifel daran, dass er weniger an der Geschichte und den Figuren interessiert ist, sondern an der außergewöhnlichen unterirdischen Kulisse, die einen eigenen Lebensraum für die von der Gesellschaft ausgestoßenen Existenzen bildet. Denn davon abgesehen weiß der Film nicht so recht, in welchen Genres er eigentlich verortet ist, ob er eine unmögliche Romanze, Krimi-Komödie oder Milieustudie sein will. 
„Subway“ funktioniert jedoch nicht nur durch seinen peppig-groovenden Soundtrack von Éric Serra, der auch als Bassist und Songwriter der Band mitspielt, und den stylischen New-Wave-Look, sondern natürlich auch durch die stimmige Chemie zwischen Christopher Lambert („Highlander“, „Der Sizilianer“) und Isabelle Adjani („Mörderischer Sommer“, „Das Auge“). 
Zu der zarten Romanze zwischen Fred und Héléna gesellen sich die humorvollen Sequenzen mit der unfähigen Polizeitruppe, die coolen Musikeinlagen und bemerkenswerte Szenen wie der Eklat bei einem Abendessen, den Héléna bei den Gastgebern auslöst. „Subway“ ist zwar weit entfernt von einem Meisterwerk, versprüht aber in der modischen Verortung in der New-Wave-Szene und der ungewöhnlichen Kulisse einen unwiderstehlichen Charme, der bis heute nichts von seiner Faszination verloren hat.  

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