Duell

Für das Hollywood-Wunderkind Steven Spielberg stand schon früh fest, dass er Regisseur werden wollte. Er drehte bereits als Kind seine ersten Filme, brachte sich – nachdem er vom Filmdepartment der University of Southern California – abgelehnt worden war, sein Film-Wissen selbst bei und kam schließlich bei Universal Television unter, wo er zunächst einige Folgen der Fernsehserien „Night Gallery“ und „Columbo“ inszenierte, bevor er durch den 1971 entstandenen Fernsehfilm „Duell“ auch Hollywood auf sich aufmerksam machte.
David Mann (Dennis Weaver) ist mit seinem roten 1970er Plymouth Valiant Custom zu einem Geschäftstermin unterwegs, als er auf dem Highway auf einen alten, stark rauchenden und auch sonst ziemlich heruntergekommenen Tanklaster trifft, den er nichtsahnend auf freier Strecke überholt. Doch statt seine Fahrt entspannt fortsetzen zu können, sieht sich David plötzlich der Verfolgung durch den LKW ausgesetzt. Kaum hat der Tanklaster ihn wieder überholt, nimmt er das Gas weg und animiert David zu riskanten Überholmanövern, während er selbst immer wieder die Spur wechselt. An der Tankstelle gönnt sich David entnervt eine Erholungspause. Er macht sich im Waschraum frisch, telefoniert mit seiner Frau, um sie vorzuwarnen, dass er nur langsam vorankommt und es wahrscheinlich nicht bis zum Essen um 19 Uhr schaffen wird.
Doch die Ruhe trügt, denn auch der LKW hält an der Tankstelle und macht sich erst wieder auf den Weg, als David seine Fahrt fortsetzt. Das Duell auf dem Highway nimmt schließlich immer gefährlichere Züge an, bis David zu der Überzeugung gelangt, dass der LKW ihn töten will, doch niemand will ihm glauben …
Nach einer Geschichte von Richard Matheson („I Am Legend“, „Der Omega-Mann“), die im Playboy erstveröffentlicht worden war, hat Steven Spielberg mit einfachsten Mitteln einen extrem spannenden Horror-Thriller kreiert, der nach fast fünfzig Jahren nichts von seiner beklemmenden Faszination verloren hat. Mit einem bescheidenen Budget von 375.000 Dollar und 16 Tagen Drehzeit gelang dem damals 25-jährigen Spielberg ein Suspense-Highlight, das mit gerade mal 50 Zeilen Dialog und einem schmalen Ensemble einen ganz neuen Blick auf die eigene Teilnahme am alltäglichen Verkehr werfen lässt.
Spielberg benötigt dazu keine lange Einführung. Statt seinen Protagonisten ins Bild zu setzen, werden die ersten Szenen aus der Perspektive des Autos, nicht des Fahrers geschildert. Bevor das Publikum das Gesicht von David Mann zu sehen bekommt, ist er mit seinem Wagen bereits aus dem Vorort durch die Stadt gefahren und auf dem fast unbefahrenen Highway unterwegs, hier und da mal einen neuen Radiosender suchend und die Ansagen des Moderators kommentierend. Der wunderbar von Dennis Weaver („Ein Sheriff in New York“, „Rauchende Colts“) gespielte David Mann braucht auch deshalb keine lange Einführung, weil er ein Allerweltstyp ist, der unter dem Pantoffel seiner Frau (Jacqueline Scott) steht und eine wunderbare Identifikationsfigur abgibt. Dass David sich in eine ungewöhnliche Situation hineinmanövriert, wird auch erst erkennbar, als der LKW ihn wiederum überholt und dann Anstalten unternimmt, dass David ihn nicht erneut überholen kann. Zwar sucht David bei seinem nächsten Diner-Aufenthalt nach wie vor rationale Erklärungen für das Verhalten des LKW-Fahrers (dessen Gesicht weder David noch das Publikum zu sehen bekommen), doch ist zu diesem Zeitpunkt bereits allen Beteiligten klar, dass es David an den Kragen gehen soll. Obwohl die Handlung sehr geradlinig und vorhersehbar verläuft, gelingt es Spielberg geschickt, die Spannung sukzessive zu erhöhen. Zwar verliert der Film mit zunehmender Laufzeit auch an Glaubwürdigkeit, was vor allem Davids Umgang mit der lebensbedrohlichen Situation betrifft, aber die wirklichkeitsentfremdete Natur des Tanklasters mit seinem anonymisierten Fahrer und seinem „bösen“ Charakter führen letztlich zu der Analogie, dass sich bei David Kontrahenten einfach um einen Stellvertreter all jener Quälgeister handelt, die den ganz normalen Autofahrer im Verkehr tagtäglich oder auch nur sporadisch zur Weißglut treiben.
"Duell" in der IMDb

Kommentare

Beliebte Posts