Unheimliche Begegnung der dritten Art

1972 stellte der US-amerikanische Astronom J. Allen Hynek in seinem Buch „The UFO Experience: A Scientific Study“ eine Skala für UFO-Sichtungen vor, wobei eine Begegnung der ersten Art die Sichtung eines UFOs beschreiben würde, eine Begegnung der zweiten Art das Vorhandensein physischer Beweise für das UFO und eine Begegnung der dritten Art den Kontakt mit einem UFO bzw. deren Insassen. Dieser Klassifizierung folgend inszenierte Steven Spielberg, der 1975 mit „Der weiße Hai“ seinen großen internationalen Durchbruch feiern konnte, mit „Unheimliche Begegnung der dritten Art“ (1977) ein Science-Fiction-Märchen mit deutlich biblischen Bezügen.
Auf einem Schrottplatz in der mexikanischen Wüste Sonora entdecken Forscher die 1945 im Bermudadreieck verschwundenen, völlig intakten und scheinbar nicht gealterten Flugzeuge des Flugs 19. Dann taucht in dem mongolischen Teil der Wüste Gobi das ebenfalls im Bermudadreieck verschwundene Schiff Cotopaxi auf. Der französische Sprachwissenschaftler Claude Lacombe (François Truffaut) und seine Forscherkollegen sind von diesen Entdeckungen völlig fasziniert und werden schließlich im indischen Dharmsala Zeuge davon, wie Tausende gläubige Hindus im Chor als eine Art Mantra eine markante Folge von fünf Tönen wiederholen, die sie offenbar vom Himmel empfangen haben und die Lacombe in der Plansprache Solresol als „H-E-L-L-O“ identifiziert. Während er mit seinem umfangreichen Team in der Nähe des Berges Devils Tower in Wyoming in einer streng geheimen Anlage an einer Kontaktaufnahme zu den Außerirdischen arbeitet, die offensichtlich für die mysteriösen Ereignisse verantwortlich gewesen sind, werden auch ganz normale amerikanische Bürger mit ungewöhnlichen Vorkommnissen konfrontiert. Die alleinerziehende Mutter und Malerin Jillian Guiler (Melinda Dillon) und ihr kleiner Sohn Barry (Cary Guffey) erleben in ihrem einsam gelegenen Haus in Indiana, wie sich nachts elektrisch betriebene Geräte und Spielzeuge selbstständig machen, worauf der Junge in die nahegelegenen Wälder verschwindet. Der Kraftwerksingenieur Roy Neary (Richard Dreyfuss) wird über einen weitreichenden Stromausfall in Kenntnis gesetzt und setzt sich in seinen Wagen, als die Anzeigen in dem Cockpit plötzlich verrücktspielen und er mit einem halbseitigen Sonnenbrand im Gesicht nach Hause zurückkehrt. Als sich Roy und Jillian auf ihrer Reise zu den Ursprüngen der geheimnisvollen Erscheinungen am Himmel begegnen, sind sie völlig fasziniert und machen sich fortan gemeinsam auf die Suche nach Möglichkeiten, Kontakt zu den UFOs aufzunehmen, und folgen einer Spur, die sie zum Devils Tower führt …
Nachdem Spielberg zuvor mit „Der weiße Hai“ geschickt die Ängste der US-Amerikaner thematisierte und in einen packenden Horror-Thriller verpackte, ließ er nun ein faszinierendes Märchen folgen, das ganz von dem kindlich-unschuldigen Staunen geprägt ist, einer anderen, faszinierenden und den Menschen wohlgesonnenen Spezies zu begegnen, die dem eigenen Leben eine Bedeutung verleiht. Die religiöse Komponente betont Spielberg bereits mit der alttestamentlichen Bibeleröffnung „Es werde Licht“ und erzählt schließlich mit der Geschichte von Roy Neary die Wandlung eines Ungläubigen zu einem Erleuchteten. Was sich in der Exodus-Szene von Cecil B. DeMilles Bibel-Epos „Die zehn Gebote“, das sich Neary mit seinen Kindern anschaut, bereits andeutet, als sich Gott Moses offenbart, führt zur Schlüsselszene, als Neary ausgerechnet an einer Kreuzung von einem vom Himmel ausgesandten unnatürlichen Licht getroffen wird, das seine eigene Erleuchtung symbolisiert.
Spielberg erzählt dieses religiöse Science-Fiction-Märchen in faszinierenden Bildern, wobei er sich beeindruckender Lichteffekte bedient, die sowohl die göttliche Erleuchtung des Menschen als auch die fremdartige Welt der Außerirdischen symbolisieren. Auch wenn der Plot einige Längen aufweist und die religiöse Symbolik sehr stark ausgeprägt ist, fesselt er den Zuschauer doch durch die Aussage, dass außer uns Menschen noch andere, weiterentwickelte und wohlgesonnene Wesen im Universum sein könnten, die das Beste in uns hervorbringen können.
"Unheimliche Begegnung der dritten Art" in der IMDb

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