Im Land der langen Schatten

Auf das Konto von Nicholas Ray (1911-1979) gehen so unterschiedliche Filme wie die erstklassigen Noirs „Ein einsamer Ort“ und „Vor verschlossenen Türen“ (jeweils mit Humphrey Bogart in der Hauptrolle), das Rebellen-Epos „…denn sie wissen nicht, was sie tun“ und die Monumentalfilme „König der Könige“ und „55 Tage in Peking“. Einer Einordnung hat sich Ray auf diese Weise konsequent entzogen. Insofern verwundert es nicht, dass er 1960 mit „Im Land der langen Schatten“ ein fast schon dokumentarisch anmutendes Drama über das Leben der Eskimos.

Inhalt:

Der Eskimo Inuk (Anthony Quinn) ist zwar ein erfolgreicher Jäger, aber noch ohne Ehefrau, die ihm nicht nur zu Diensten ist, sondern mit der er auch gemeinsam „lachen“ kann – eine Umschreibung dafür, mit ihr das Bett zu teilen. Etwas neidisch betrachtet er das befreundete, unter den Fellen nackte und einander neckende Paar, das er nach erfolgreicher Jagd besucht. Das Angebot seines Freundes, sich mit dessen Frau zu amüsieren, lehnt Inuk dankend ab. Er wünscht sich eine eigene Frau und ist zu stolz, um mildtätige Gesten dieser Art anzunehmen. Doch dann kommen eine Witwe mit ihren beiden Töchtern zu Besuch, und Inuk kann mit Asiak (Yôko Tani) die Frau seiner Wahl gegen einen Mitbewerber für sich gewinnen. Allerdings muss er sich durch diese Entscheidung auch um ihre betagte Mutter kümmern. Als er auf der Jagd einen anderen Jäger trifft, der einen Eisbären mit einem Gewehr erlegt, ist er von dem Gewehr, das weiße Siedler ins Land brachten, so fasziniert, dass er sich mit Fellen zu einem Handelsposten aufmacht, um damit ebenfalls eins zu erwerben. Dort versucht ihm ein Missionar die christliche Lehre nahezubringen. In einer Kette kultureller Missverständnisse tötet er den Missionar fahrlässig. Drei Jahre später wird Inuk von zwei Polizisten gefunden und aufgegriffen, die ihn einem Gericht überstellen sollen. Während ein Polizist im Marsch durch den Schnee erfriert, rettet Inuk dem zweiten Polizisten (Peter O’Toole) das Leben. Dieser lernt die Lebenswelt der Eskimos näher kennen und verstehen…

Kritik:

Die Verfilmung von Hans Rüeschs Roman „Top of the World“ zählt fraglos zu den zu vernachlässigenden Filmen in der Werksbiografie sowohl von Nicholas Ray als auch Hollywood-Star Anthony Quinn („Alexis Sorbas“, „Lawrence von Arabien“). Durch das sachliche Voice-Over versucht der Film das wahre Leben der Eskimos und ihrer Riten zu vermitteln, doch kommt am Ende nur ein krude zusammengewürfelter Culture-Clash zustande, bei dem die Inuit auch noch durch japanische Schauspieler verkörpert werden. Es ist eine weitere Geschichte über den „edlen Wilden“, der zwar nichts mit den christlichen Werten am Hut hat, aber durchaus ein tiefes Verständnis für menschliche Tugenden, für das Gleichgewicht von Leben und Tod, Dankbarkeit und Nächstenliebe mitbringt.
Allerdings wirkt die Darstellung mehr als klischeehaft, die Darsteller wirken kaum gefordert, so dass allein die stimmige Kameraarbeit vor exotischer Kulisse und der launige Soundtrack von Angelo Francesco Lavagnino den Film sehenswert machen.

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