Die letzte Nacht des Boris Gruschenko

Woody Allen hat als Gagschreiber u.a. für die „Ed Sullivan Show“ und die „Tonight Show“ und Stand-up-Comedian bereits Karriere gemacht, bevor er 1965 mit dem Drehbuch zu „Was gibt’s Neues, Pussy?“ seinen Einstand im Filmgeschäft feiern durfte. Seine ersten Regiearbeiten „Woody, der Unglücksrabe“ (1969) und „Bananas“ (1971) waren noch Aneinanderreihungen von Gags, doch spätestens mit „Die letzte Nacht des Boris Gruschenko“ (1975) hat Allen seinen Stil als Geschichtenerzähler gefunden.

Inhalt:

Boris Gruschenko (Woody Allen) wächst Ende des 18. Jahrhunderts in einem russischen Dorf in der Nähe von Sankt Petersburg auf. Während seine zwei Brüder zu stattlichen Männern heranwachsen, entwickelt er sich zu einem schmächtigen Schöngeist, der mit seiner attraktiven, weithin begehrten Cousine Sonja (Diane Keaton) über Gott und den Tod philosophiert. Sonja macht allerdings auch keinen Hehl daraus, dass es ihr nach leidenschaftlicher Liebe dürstet, für die Boris allerdings nicht in Frage kommt, denn sie verzehrt sich ausgerechnet für dessen Bruder. Dieser wiederum bricht Sonja das Herz, indem er auf einer Feierlichkeit bekannt macht, dass er eine andere Frau als seine Cousine heiraten wird. Von dieser Ablehnung vor den Kopf gestoßen, nimmt Sonja wahllos das Heiratsangebot eines stinkenden Fischhändlers an, der sich nur für Heringe zu interessieren scheint und Sonja mit seinen Geschichten zu Tode langweilt und sich Hunderte Geliebte hält. Von all dem erfährt Boris kaum etwas, denn dieser wurde gegen seinen Willen in den Krieg geschickt, da Napoleon Bonaparte Österreich angegriffen hatte und man jeden verfügbaren Mann im Kampf brauchte.
Durch einen glücklichen Zufall gehört er schließlich zu den 14 Überlebenden in diesem schwierigen Krieg und wird hochdekoriert entlassen. Auch wenn er sich auf eine Affäre mit der Contessa einlässt, wird für ihn schnell klar, dass es für ihn nur eine einzige Liebe gibt: Sonja.
Nach Sankt Petersburg zurückgekehrt, wird er in Ehrenhändel verwickelt. Nachdem er das Duell unerwartet überlebt hat, muss seine inzwischen verwitwete Cousine Sonja ein leichtfertig gegebenes Eheversprechen einlösen und ihn heiraten. Es folgen einige Monate durchwachsener Ehe in Armut, angefüllt mit philosophischen Debatten. Als sich das Paar endlich arrangiert hat und Kinder haben will, marschiert die französische Armee in Russland ein. Boris will fliehen, wird aber von der egozentrischen Sonja dazu überredet, stattdessen ein Attentat auf Napoleon zu verüben.
Getarnt als Abgesandte der spanischen Krone reisen sie nach Moskau, treffen aber nur auf einen Doppelgänger Napoleons. Das Attentat scheitert unter aberwitzigen Umständen. Während Sonja die Flucht gelingt, landet Boris im Gefängnis und wartet auf seine Hinrichtung…

Kritik:

„Die letzte Nacht des Boris Gruschenko“ beginnt damit, dass Boris auf seine Hinrichtung wartet. Sein gerissener Anwalt konnte immerhin einen Aufschub von einer Stunde erwirken. Diese Zeit nutzt der Todgeweihte, um aus dem Off sein Leben zu rekapitulieren, das Aufwachsen in einer russischen Großfamilie und vor allem die lange Zeit unerwiderte Liebe zu seiner wunderschönen wie klugen und promiskuitiven Cousine. Was folgt, könnte ein Monumentalepos über die Wirren des Krieges und der Liebe werden, und Woody Allen bedient sich genau dieses Genres, um eine Entwicklungsgeschichte der besonderen Art zu erzählen. Hier finden sich keine gestelzten Dialoge und aufgesetzten Gefühlsausbrüche. Stattdessen betont Allen, der natürlich auch das Drehbuch zum Film schrieb, die Absurdität eines von schrägen Zufällen geprägten Lebens. In einer wohldosierten Aneinanderreihung von schreiend komischen Dialogen macht sich Allen über den Militarismus („Für den, der mittendrin ist, sieht die Schlacht völlig anders aus als für die Generäle auf dem Hügel.“), Sex und Religion lustig, dass es eine helle Freude ist, zumal Woody Allen und Diane Keaton wunderbar spielen und die aberwitzige Geschichte passenderweise mit Musik von Sergei Prokofjew untermalt wird.

 

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