Der Pate
Wenn man bedenkt, dass Mario Puzo den Roman „Der Pate“ nur als ungeliebte Auftragsarbeit ansah, Francis Ford Coppola zunächst nicht die Regie übernehmen wollte und das Studio Bedenken gegen Hauptdarsteller Marlon Brando hatte, da dieser sich am Tiefpunkt seiner Karriere befand, muss man sich wundern, dass am Ende mit „Der Pate“ (1972) ein so wegweisendes, mit drei Oscars ausgezeichneten Meisterwerk entstanden ist, das tief in die familiären und sozialen Strukturen der Mafia eintaucht.
Am Tag der opulent ausgerichteten Hochzeit seiner Tochter Connie (Talia Shire) mit Carlo Rizzi (Gianni Russo) empfängt Don Vito Corleone (Marlon Brando) in seinem verdunkelten Büro verschiedene Bittsteller und Gratulanten. Diejenigen, die der Familie des Paten in Freundschaft verbunden sind, bekommen umgehend Hilfe zugesagt, andere, die Don Vito bislang ihren Respekt versagt haben, müssen ihn sich erst verdienen, und sei es nur dadurch, ihn um seine Freundschaft zu bitten. Natürlich kann es gut sein, dass der Pate dafür in Zukunft eine Gefälligkeit als Gegenleistung erwartet. Wie in diesem kleinen Zimmer herrschen auch in der Welt draußen eigene Gesetze. Vito Corleones Sohn Michael (Al Pacino), der als mit Orden dekorierter Soldat gerade aus dem zweiten Weltkrieg gekommen ist und nichts mit den Geschäften seines Vaters zu tun hat, erzählt seiner Geliebten Kay (Diane Keaton) am Rande der ausschweifenden Feierlichkeiten, wie diese Welt funktioniert: Als ein Mann sich weigerte, einen Vertrag für die Gegenleistung von zehntausend Dollar zu unterzeichnen, erhielt dieser am nächsten Tag nur tausend Dollar für seine Unterschrift, weil ihm Vito Corleone vor die Wahl gestellt hatte, dass entweder seine Unterschrift oder sein Gehirn den Vertrag zieren würden. Es ist eine Welt, die auf Ehre und Vertrauen basiert, und wer die Regeln bricht, muss oft genug mit der Höchststrafe bezahlen. Dabei geraten auch die verschiedenen Familien, die in New York das Sagen haben, aneinander. Als sich Vito Corleone gegen Virgil Sollozzo (Al Lettieri) Plan dafür ausspricht, dass sich die Familien aus dem Drogengeschäft heraushalten, lässt Sollozzo den Paten auf offener Straße niederschießen.
Vito überlebt schwer verletzt, kann aber seine Geschäfte nicht mehr weiterführen. Michael sorgt nicht nur dafür, dass sein Vater im Krankenhaus vor weiteren Attentaten beschützt wird, sondern erschießt bei einem Treffen im Restaurant sowohl Sollozzo als auch den korrupten Polizisten McCluskey (Sterling Hayden). Bis wieder Gras über die Sache gewachsen ist, taucht Michael in Sizilien unter, wo der die hübsche Appolonia (Simonetta Stefanelli) heiratet, doch sie fällt einem Attentat zum Opfer, das eigentlich Michael gegolten hat. Zurück in New York plant Michael den großen Rundumschlag. Schließlich sind in dem Krieg um die Vorherrschaft unter den Familien schon zu viele umgekommen, auch Michaels Bruder Sonny (James Caan) …
Schon die in aller Ausführlichkeit eingefangene Eröffnungssequenz, in der eine riesige Hochzeitsgesellschaft ausgelassen feiert und der Pate seinen Bittstellern Audienz gewährt, auch denen, die nicht auf der Liste stehen, macht deutlich, welche Bedeutung die Familie für die Corleones stellvertretend für alle Mafia-Familien hat. Und da weder die Begriffe Mafia noch Cosa Nostra an keiner Stelle thematisiert werden, unterstreicht Regisseur und Co-Drehbuchautor Francis Ford Coppola, dass „Der Pate“ letztlich eine Familiengeschichte und keine Chronik des Verbrechens darstellt. Wie sehr die Familie untereinander zusammenhält, zeigt nicht nur, dass Tom Hagen (Robert Duvall) als Rechtsbeistand der Familie wie ein Sohn für Vito Corleone ist, sondern auch an Sonnys aufbrausenden Verhalten, nachdem er wieder einmal festgestellt hat, dass Carlo seine Schwester verprügelt hat. Doch sobald sich die Corleones aus dem geschützten Bereich ihrer Familie begeben, lauert der Tod. Das muss Vito Corleone beim Obstkauf an der Straße ebenso erfahren wie Sonny, als er wieder einmal Carlo zur Räson bringen will und von Sollozzos Männern und ihren Maschinenpistolen durchsiebt wird.
Interessant ist, wie sich die Machtverhältnisse innerhalb des Clans verschieben, von der omnipräsenten, väterlichen Herrschaft, die Vito seit Jahrzehnten ausübt, zu dem zuvor unbescholtenen, für sein amerikanisches Vaterland kämpfenden Sohn Michael, der bald brutaler und rücksichtsloser die Zügel in die Hand nimmt, als wir es je bei seinem alten Herren erlebt haben. Die gewalttätigen Auseinandersetzungen nehmen in dem knapp dreistündigen Epos nur einen kleinen Part ein, sind dafür umso eindrucksvoller inszeniert, sei es die Motivationshilfe für den Filmproduzenten Jack Woltz, der Vito Corleones Günstling, dem Sänger Johnny Fontane (Al Martino), bislang die Hauptrolle in seinem nächsten Film verweigert hat, über Michaels sorgfältig geplantes Attentat auf Sollozzo und McCluskey bis zu Sonnys qualvollen Tod im Kugelhagel. Diese Szenen machen allzu deutlich, welche Konsequenzen Vertragsbruch, Verrat, unüberlegtes Handeln und das Ablehnen von eingeforderten Gefälligkeiten haben.
Gerade für Michael Corleone entwickelt sich daraus ein Schicksal von Shakespeare’scher Größe, wenn er als neuer Pate doch nicht sein eigener Herr, sondern letztlich nur eine Marionette der Familientradition geworden ist. Dass „Der Pate“ das Meisterwerk geworden ist, das es nach wie vor darstellt, ist natürlich auch den großartigen Darstellern bis hinein in die Nebenrollen zu verdanken. Marlon Brando, der für seine Rolle schließlich mit einem Oscar ausgezeichnet wurde, spielt den alten Paten mit einer selbstgefälligen, aber freundlichen und väterlichen Eleganz, die ebenso sehenswert ist wie Al Pacinos wandlungsfähige Performance vom tapferen Kriegshelden, der bislang von den Geschäften der Familie ferngehalten wurde, über den liebenswerten Ehemann bis zum skrupellosen Killer und eiskalt berechnenden Familienoberhaupt.
Dazu sorgen die stimmungsvollen Bilder von Gordon Willis („Manhattan“, „Vertrauter Feind“) und die elegischen Klänge von Fellini-Komponist Nino Rota („Julia und die Geister“, „Fellinis Satyricon“) für die grandiose audiovisuelle Kulisse eines Dramas, das erst den Auftakt einer grandiosen Trilogie bildet.
"Der Pate" in der IMDb
Am Tag der opulent ausgerichteten Hochzeit seiner Tochter Connie (Talia Shire) mit Carlo Rizzi (Gianni Russo) empfängt Don Vito Corleone (Marlon Brando) in seinem verdunkelten Büro verschiedene Bittsteller und Gratulanten. Diejenigen, die der Familie des Paten in Freundschaft verbunden sind, bekommen umgehend Hilfe zugesagt, andere, die Don Vito bislang ihren Respekt versagt haben, müssen ihn sich erst verdienen, und sei es nur dadurch, ihn um seine Freundschaft zu bitten. Natürlich kann es gut sein, dass der Pate dafür in Zukunft eine Gefälligkeit als Gegenleistung erwartet. Wie in diesem kleinen Zimmer herrschen auch in der Welt draußen eigene Gesetze. Vito Corleones Sohn Michael (Al Pacino), der als mit Orden dekorierter Soldat gerade aus dem zweiten Weltkrieg gekommen ist und nichts mit den Geschäften seines Vaters zu tun hat, erzählt seiner Geliebten Kay (Diane Keaton) am Rande der ausschweifenden Feierlichkeiten, wie diese Welt funktioniert: Als ein Mann sich weigerte, einen Vertrag für die Gegenleistung von zehntausend Dollar zu unterzeichnen, erhielt dieser am nächsten Tag nur tausend Dollar für seine Unterschrift, weil ihm Vito Corleone vor die Wahl gestellt hatte, dass entweder seine Unterschrift oder sein Gehirn den Vertrag zieren würden. Es ist eine Welt, die auf Ehre und Vertrauen basiert, und wer die Regeln bricht, muss oft genug mit der Höchststrafe bezahlen. Dabei geraten auch die verschiedenen Familien, die in New York das Sagen haben, aneinander. Als sich Vito Corleone gegen Virgil Sollozzo (Al Lettieri) Plan dafür ausspricht, dass sich die Familien aus dem Drogengeschäft heraushalten, lässt Sollozzo den Paten auf offener Straße niederschießen.
Vito überlebt schwer verletzt, kann aber seine Geschäfte nicht mehr weiterführen. Michael sorgt nicht nur dafür, dass sein Vater im Krankenhaus vor weiteren Attentaten beschützt wird, sondern erschießt bei einem Treffen im Restaurant sowohl Sollozzo als auch den korrupten Polizisten McCluskey (Sterling Hayden). Bis wieder Gras über die Sache gewachsen ist, taucht Michael in Sizilien unter, wo der die hübsche Appolonia (Simonetta Stefanelli) heiratet, doch sie fällt einem Attentat zum Opfer, das eigentlich Michael gegolten hat. Zurück in New York plant Michael den großen Rundumschlag. Schließlich sind in dem Krieg um die Vorherrschaft unter den Familien schon zu viele umgekommen, auch Michaels Bruder Sonny (James Caan) …
Schon die in aller Ausführlichkeit eingefangene Eröffnungssequenz, in der eine riesige Hochzeitsgesellschaft ausgelassen feiert und der Pate seinen Bittstellern Audienz gewährt, auch denen, die nicht auf der Liste stehen, macht deutlich, welche Bedeutung die Familie für die Corleones stellvertretend für alle Mafia-Familien hat. Und da weder die Begriffe Mafia noch Cosa Nostra an keiner Stelle thematisiert werden, unterstreicht Regisseur und Co-Drehbuchautor Francis Ford Coppola, dass „Der Pate“ letztlich eine Familiengeschichte und keine Chronik des Verbrechens darstellt. Wie sehr die Familie untereinander zusammenhält, zeigt nicht nur, dass Tom Hagen (Robert Duvall) als Rechtsbeistand der Familie wie ein Sohn für Vito Corleone ist, sondern auch an Sonnys aufbrausenden Verhalten, nachdem er wieder einmal festgestellt hat, dass Carlo seine Schwester verprügelt hat. Doch sobald sich die Corleones aus dem geschützten Bereich ihrer Familie begeben, lauert der Tod. Das muss Vito Corleone beim Obstkauf an der Straße ebenso erfahren wie Sonny, als er wieder einmal Carlo zur Räson bringen will und von Sollozzos Männern und ihren Maschinenpistolen durchsiebt wird.
Interessant ist, wie sich die Machtverhältnisse innerhalb des Clans verschieben, von der omnipräsenten, väterlichen Herrschaft, die Vito seit Jahrzehnten ausübt, zu dem zuvor unbescholtenen, für sein amerikanisches Vaterland kämpfenden Sohn Michael, der bald brutaler und rücksichtsloser die Zügel in die Hand nimmt, als wir es je bei seinem alten Herren erlebt haben. Die gewalttätigen Auseinandersetzungen nehmen in dem knapp dreistündigen Epos nur einen kleinen Part ein, sind dafür umso eindrucksvoller inszeniert, sei es die Motivationshilfe für den Filmproduzenten Jack Woltz, der Vito Corleones Günstling, dem Sänger Johnny Fontane (Al Martino), bislang die Hauptrolle in seinem nächsten Film verweigert hat, über Michaels sorgfältig geplantes Attentat auf Sollozzo und McCluskey bis zu Sonnys qualvollen Tod im Kugelhagel. Diese Szenen machen allzu deutlich, welche Konsequenzen Vertragsbruch, Verrat, unüberlegtes Handeln und das Ablehnen von eingeforderten Gefälligkeiten haben.
Gerade für Michael Corleone entwickelt sich daraus ein Schicksal von Shakespeare’scher Größe, wenn er als neuer Pate doch nicht sein eigener Herr, sondern letztlich nur eine Marionette der Familientradition geworden ist. Dass „Der Pate“ das Meisterwerk geworden ist, das es nach wie vor darstellt, ist natürlich auch den großartigen Darstellern bis hinein in die Nebenrollen zu verdanken. Marlon Brando, der für seine Rolle schließlich mit einem Oscar ausgezeichnet wurde, spielt den alten Paten mit einer selbstgefälligen, aber freundlichen und väterlichen Eleganz, die ebenso sehenswert ist wie Al Pacinos wandlungsfähige Performance vom tapferen Kriegshelden, der bislang von den Geschäften der Familie ferngehalten wurde, über den liebenswerten Ehemann bis zum skrupellosen Killer und eiskalt berechnenden Familienoberhaupt.
Dazu sorgen die stimmungsvollen Bilder von Gordon Willis („Manhattan“, „Vertrauter Feind“) und die elegischen Klänge von Fellini-Komponist Nino Rota („Julia und die Geister“, „Fellinis Satyricon“) für die grandiose audiovisuelle Kulisse eines Dramas, das erst den Auftakt einer grandiosen Trilogie bildet.
"Der Pate" in der IMDb
Kommentare
Kommentar veröffentlichen