Es war einmal in Amerika

Der 1989 verstorbene italienische Filmemacher Sergio Leone hat zwischen 1961 und 1984 nur sieben Filme realisiert, darunter innerhalb weniger Jahre die epochalen Spaghetti-Western „Für eine Handvoll Dollar“ (1964), „Für ein paar Dollar mehr“ (1965), „Zwei glorreiche Halunken“ (1966) und natürlich „Spiel mir das Lied vom Tod“ (1968). 1984 holte Leone noch einmal zum großen Wurf aus und präsentierte mit „Es war einmal in Amerika“ zumindest in der vollständigen Version von 220 Minuten Länge eine bewegende, mehrere Jahrzehnte umfassende Lebensgeschichte von mythischer Dimension.
David „Noodles“ Aaronson (Robert De Niro) kehrt 1968 nach New York zurück und besucht mit Fat Moe Gelly (Larry Rapp) den offenbar einzig Überlebenden seiner Jugendfreunde, denn Maximilian „Max“ Bercovisz (James Woods), Philip „Cockeye“ Stein (William Forsythe) und Patrick „Patsy“ Goldberg (James Hayden) wurden 1933 bei einer Auseinandersetzung mit der Polizei erschossen. In den 1920er Jahren sind die Jungs in der Lower East Side aufgewachsen, wo sie früh angefangen haben, sich durch kleine Gaunereien ein eigenes Geschäft aufzubauen. Als sie dabei dem örtlichen Gangsterboss Bugsy (James Russo) in die Quere kommen, stirbt der junge Dominic (Noah Moazezi) in Noodles Armen, der daraufhin sowohl Bugsy als auch einen Polizisten niedersticht.
Nach zehn Jahren im Gefängnis hat Max eine gut funktionierende Organisation aufgebaut, die aus einem Restaurant und Bordell heraus vor allem ihre lukrativen Alkoholgeschäfte während der Prohibition organisieren. Doch während die Geschäfte gut gehen, hat Noodles im privaten Leben weniger Glück. Fat Moes Schwester Deborah (Elizabeth McGovern), in die Noodles seit seiner Jugend verliebt ist, erwidert als Erwachsene zwar seine Gefühle, verlässt ihn aber in Richtung Hollywood, wo sie tatsächlich eine erfolgreiche Schauspielerin wird. Max versucht derweil, mit immer riskanteren Unternehmungen, seinen Reichtum zu vergrößern, vor allem, das mit der angekündigten Aufhebung der Prohibition die Einnahmequellen versiegen.
Um Schlimmeres zu verhindern, versucht Max‘ Freundin Carol (Tuesday Weld) Noodles dazu zu bewegen, seinen Freund in die Schranken zu weisen. Nachdem Noodles die Polizei über den geplanten Coup informiert hat, geraten Max und seine Freunde in den tödlichen Hinterhalt. Noodles lässt ein Denkmal für seine getöteten Freunde errichten und entdeckt bei seiner Rückkehr nach New York auf dem Friedhof am Grab seiner Freunde einen Schließfachschlüssel, der Noodles nicht nur zu dem Koffer mit dem als verschollen geglaubten Geld führt, sondern auch eine Einladung zu einer Party von Senator Bailey erhält, der nach dem Tod seiner Frau mit Deborah zusammenlebt und dessen Sohn David, wie Noodles findet, sehr vertraute Gesichtszüge aufweist …
Über vierzig Jahre umfasst die Verfilmung von Harry Greys autobiografischen Roman „The Hoods“, wobei Sergio Leone die Erzählung durch Noodles Besuch in einer Opiumhöhle in Chinatown einrahmen und so Noodles‘ Erinnerungen und Geschichte manchmal wie einen Traum erscheinen lässt. Immer wieder wechselt Leone geschickt die Zeitebenen, lässt das später in der Handlung verräterisch klingende Telefon schon zu Beginn minutenlang klingeln, um die verschiedenen Zeitabschnitte in kleinen Szene miteinander zu verbinden.
Die Geschichte von Noodles und seinen Freunden ist natürlich eng mit der politischen und wirtschaftlichen Situation verknüpft, in der Max, Noodles & Co. aufwachsen. So schlagen sie sich beispielsweise auf die Seite von Gewerkschaftsanführer James O’Donnell (Treat Williams) und setzen den korrupten Polizeichef Aiello (Danny Aiello) mit einem außergewöhnlichen Coup unter Druck, nachdem er die Arbeitgeber durch Streikbrecher gegen die Arbeiter unterstützt hat.
Schon der Filmtitel „Es war einmal in Amerika“ klingt wie ein Märchen, so auch die Erfolgsgeschichte von Max‘ und Noodles‘ Gang, aber der Erfolg hat eben auch seine Schattenseiten, wie sowohl Noodles als auch Max erfahren müssen. Es ist eine akribisch aufgearbeitete, grandios inszenierte und von Ennio Morricone meisterhaft musikalisch untermalte Geschichte über den amerikanischen Traum und einer Freundschaft, die an Profitgier und Verrat zerbricht. Obwohl die zweistündige Kinofassung von „Es war einmal in Amerika“ nicht mal eine Oscar-Nominierung (und nur zwei für den Golden Globe) erhielt, stellt die vollständige, gut hundert Minuten längere Version ein Meisterwerk dar, das neben der vielschichtigen Geschichte selbst vor allem durch die beeindruckende Darsteller-Riege (u.a. mit Joe Pesci und Jennifer Connelly in ihrem ersten Filmauftritt als junge Deborah) und die stimmungsvolle Kameraarbeit von Tonino Delli Colli („Der Name der Rose“, „Das Leben ist schön“) begeistert.
"Es war einmal in Amerika" in der IMDb

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