Away We Go - Auf nach Nirgendwo

Gemessen an der Qualität seiner Werke zählt Sam Mendes zweifellos zu den besten Filmemachern der Welt. Nachdem der Brite mit seinem Hollywood-Debüt „American Beauty“ (1999) gleich fünf Oscars – u.a. für den besten Film und die beste Regie - abgeräumt hatte, folgten im Drei-Jahres-Takt die starbesetzten Meisterwerke „Road to Perdition“ (2002), „Jarhead“ (2005) und „Zeiten des Aufruhrs“ (2008). Dass Mendes seine ausgewählten Stoffe aber nicht unbedingt mit fetten Budgets und kassenträchtigen Hollywood-Größen umsetzen muss, beweist er mit dem nur ein Jahr nach „Zeiten des Aufruhrs“ entstandenen Road Movie „Away We Go – Auf nach Nirgendwo“

Inhalt: 

Burt Farlander (John Krasinski) und Verona De Tessant (Maya Rudolph) sind Anfang 30, glücklich in ihrer Beziehung und erfolgreich im Beruf, den sie jeweils ortsunabhängig ausüben können. Die bevorstehende Geburt ihres ersten Kindes sorgt allerdings für einige Unsicherheit. Als Erziehungsvorbilder sollen Burts Eltern Gloria (Catherine O'Hara) und Jerry (Jeff Daniels) dienen, doch die wollen kurz vor der Geburt ihres Enkelkindes in die „Stadt des Lichts“, Antwerpen, nach Belgien auswandern. Während sie großzügig Burt und Verona anbieten, in ihrem Haus das Kind großzuziehen, haben die kommenden Eltern alle Mühe, ihre weitere Vorgehensweise zu planen. Schließlich einigen sie sich aber darauf, ihr heruntergekommenes Heim im verschneiten Colorado hinter sich zu lassen und auf einer Reise Verwandte, alte Freunde und Bekannte abzuklappern, um einen neuen Ort zum Leben und zur Unterstützung bei der Kindererziehung zu finden. 
So landen sie auf ihrem Trip durch Nordamerika zunächst in Phoenix, wo Veronas einstige Chefin Lily (Allison Janney) mit Ehemann Lowell (Jim Gaffigan) lebt, doch von dem respektlosen Umgang des Paars mit sich und ihren Kindern sind Burt und Verona schnell angewidert. Wenig Erfolg haben die beiden auch in Tuscon bei Veronas Schwester Grace (Carmen Ejogo) und in Madison, wo Burts Jugendliebe LN („Love Nurse“) Ellen (Maggie Gyllenhaal) als Universitätsprofessorin arbeitet, mit ihrem Lebensgefährten Roderick (Josh Hamilton) aber sehr radikale Erziehungsmethoden vertritt. Im kanadischen Montreal landen Verona und Burt bei Veronas einstigen Studienfreunden Tom (Chris Messina) und Munch (Melanie Lynskey), die scheinbar glücklich mit einer ganzen Schar von Adoptivkindern leben, so dass Montreal für die zukünftigen Eltern perfekt erscheint. 
Doch die Idylle trügt, denn Munch hätte zu gern auch ein eigenes Kind, was ihr bisher versagt blieb, nachdem sie erst kürzlich ihre fünfte Fehlgeburt erlitten hat. Am nächsten Morgen erhält Burt einen Notruf von seinem Bruder Courtney (Paul Schneider) aus Miami, dessen Frau ihn gerade verlassen hat, und so beschließen Burt und Verona, zu ihm und seiner Tochter zu fahren, um Trost zu spenden… 

Kritik: 

Noch während der Post-Produktion von „Zeiten des Aufruhrs“ gelangte Sam Mendes ein Drehbuch der miteinander verheirateten Schriftsteller Dave Eggers und Vendela Vida in die Hände, von dem er so begeistert war, dass er nicht die übliche Vorbereitungszeit und auch nicht sein gewohntes Team (u.a. mit Roger Deakins an der Kamera und Thomas Newman als Komponist) in Anspruch nahm, sondern stattdessen „Away We Go“ als kleine Indie-Produktion mit einer Mischung aus renommierten Darstellern wie Catherine O'Hara, Jeff Daniels und Maggie Gyllenhaal sowie unverbrauchten Gesichtern umzusetzen. 
Schon die Eröffnung mit der Sexszene, bei der sich Burt über den veränderten Geschmack von Veronas Vagina wundert, macht von vornherein klar, dass sich Mendes‘ neuer Film grundlegend von seinen vorangegangenen Werken unterscheidet. Mit sichtlicher Sympathie für seine Figuren inszeniert er ein Road Movie, in dessen Verlauf sich bei den zukünftigen Eltern die Erkenntnis durchsetzt, dass sie sich auf die Unterstützung vertrauter Freunde und Verwandte nicht verlassen können, weil deren Lebensweisen viel zu verquer sind, um sie ihrem eigenen Kind nahezubringen. 
Dabei scheinen sie selbst einige Schwierigkeiten zu haben, um ihr eigenes Leben auf die Reihe zu bekommen. So entwickelt sich die Reise für Burt und Verona auch zu einem Selbstfindungstrip, bei dem sie zumindest feststellen, wie sie ihr Kind nicht erziehen und wie sie selbst nicht miteinander umgehen wollen. 
Mit John Krasinski („The Office“, „Jack Ryan“) und Maya Rudolph („Inherent Vice“, „Brautalarm“) hat Mendes zwei frische Gesichter gefunden, die mit ihrer authentisch wirkenden Darstellung wunderbare Identifikationsfiguren abgeben und die Seele des Films bilden, der durch den Soundtrack von Singer/Songwriter Alexi Murdoch perfekt abgerundet wird.  

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