Twin Peaks - Fire Walk With Me

Bereits mit seinem vierten, 1986 realisierten Meisterwerk „Blue Velvet“ gelang David Lynch das Kunststück, den Einbruch des Bösen in eine vermeintlich idyllische Kleinstadt mit mysteriösen Elementen zu illustrieren, die das Unbehagen des Publikums angesichts der dargestellten Brutalität noch verstärkten. Mit der Fernsehserie „Twin Peaks“, die Lynch zusammen mit seinem kongenialen Mitstreiter Mark Frost entwickelte, hat er dieses Konzept zu einer fesselnden wie verstörenden Mystery-Serie weiterentwickelt, die immer tiefere Schichten einer unheimlichen Bedrohung freilegte, die aus den dunklen Wäldern auf die Bevölkerung von Twin Peaks übergriff. Mit „Twin Peaks – Fire Walk With Me“ legte Lynch 1992 noch ein Prequel im Kinoformat nach, das damals zwar nicht besonders euphorisch aufgenommen wurde, sich aber wunderbar in den magischen Filmkosmos von David Lynch einfügt. 

Inhalt: 

In der Kleinstadt Deer Meadow wird die Leiche der Prostituierten und Gelegenheitskellnerin Teresa Banks (Pamela Gidley) gefunden, worauf FBI-Agent Gordon Cole (David Lynch) die beiden FBI-Agenten Chester Desmond (Chris Isaak) und Sam Stanley (Kiefer Sutherland) damit beauftragt, sich die Sache näher anzusehen. Allerdings stoßen sie sowohl beim örtlichen Sheriff’s Department als auch bei der Bevölkerung auf eher zurückhaltende bis feindselige Reaktionen bei ihren Ermittlungen. Bei der Autopsie entdeckt Stanley einen Schnipsel Papier mit einem aufgedruckten „T“ unter einem der Fingernägel der Toten. Schließlich lassen sich die beiden Agenten von Carl Rodd (Harry Dean Stanton), den Besitzer eines Trailer-Parks in der Gegend, zum Trailer von Teresa Banks führen, doch außer einem Ring, den Desmond auf einem kleinen Erdhügel unter dem Wagen findet, stoßen die Ermittler auf nichts Brauchbares. 
Als Desmond dann aber spurlos verschwindet, übernimmt Special Agent Dale Cooper (Kyle MacLachlan) die Ermittlungen, ohne den Fall lösen zu können. Ein Jahr später hat die High-School-Schönheit Laura Palmer (Sheryl Lee) in Twin Peaks damit zu kämpfen, dass sie jede Nacht von Bob (Frank Silva), einem Mann mit Bart und langen grauen Haaren, heimgesucht und vergewaltigt wird. Ihre beste Freundin Donna (Moira Kelly) ahnt davon ebenso wenig etwas wie Lauras gutmütiger Freund James (James Marshall). Allein ihrem Tagebuch vertraut Laura ihre dunklen Geheimnisse an. Doch als sie entdeckt, dass einige Seiten aus ihrem hinter einer Kommode versteckten Tagebuch rausgerissen worden sind, gibt sie es einem Freund, Harold Smith (Lenny von Dohlen), zur Verwahrung. Um das Grauen zu vergessen, das ihr jede Nacht zugefügt wird, lässt sie sich von ihrem kriminellen Freund Bobby (Dana Ashbrook) Kokain besorgen und lässt sich zusammen mit ihrer Freundin Ronette Pulaski (Phoebe Augustine) von dem Barbesitzer und Zuhälter Jacques Renault (Walter Olkewicz) gegen Bezahlung mit Männern für anonymen Sex verkuppeln. Als Laura allerdings feststellen muss, dass hinter Bob niemand anderes als ihr eigener Vater, Leland Palmer (Ray Wise), steckt, bricht für Laura die Welt komplett zusammen… 

Kritik: 

Obwohl David Lynch sehr früh die Idee entwickelte, die noch unbekannten Löcher in der Geschichte von Twin Peaks zu stopfen und vor allem die Vorgeschichte von Laura Palmer zu erzählen, hatte er bei der Realisierung etliche Hürden zu überwinden. Er überwarf sich nicht nur mit seinem „Twin Peaks“-Co-Schöpfer Mark Frost (weshalb er das Drehbuch zum Film mit dem zeitweiligen „Twin Peaks“-Autor und -Co-Produzenten Robert Engels schrieb), sondern musste auch auf einige wichtige Schauspieler der Serie verzichten. Während Donna-Darstellerin Lara Flynn Boyle an andere Projekte gebunden war, waren sowohl Kyle MacLachlan als auch Audrey-Darstellerin Sherilyn Fenn von der Entwicklung enttäuscht, die die Serie in der zweiten Staffel genommen hatte. MacLachlan sagte dann doch noch zu, doch das Great Northern Hotel und die damit verknüpften Darsteller blieben bei dem Film letztlich außen vor. Dennoch sind genügend Schauspieler mit von der Partie, um ein vertrautes „Twin Peaks“-Feeling herzustellen. 
Die Eröffnung mit dem Mordfall Teresa Banks ist insofern interessant, weil es den Einstieg für Special Agent Dale Cooper in den späteren Mordfall Laura Palmer bedeutet und den Ring ins Spiel bringt, der als Bindeglied zwischen der surrealen Traumwelt und der realen Welt fungiert. Darüber hinaus thematisiert er auf interessante Weise den Umgang der örtlichen Polizeibehörden mit dem FBI. Während die Cops in Deer Meadow nämlich jede Kooperation mit dem FBI verweigern, wird Cooper später in Twin Peaks mehr als herzlich von Sheriff Truman und seiner Crew in Empfang genommen (allerdings wurden alle Szenen mit dem Twin Peaks Sheriff’s Department später entfernt). 
Lynch arbeitet in „Twin Peaks – Fire Walk With Me“ wie schon in „Blue Velvet“ vor allem die trügerische Idylle einer amerikanischen Kleinstadt auf und entblößt die gutbürgerliche Familie als Hort des Grauens, wobei er Leland Palmer als fürsorglichen Familienvater darstellt, der von dem bösen Bob besessen wird und so keine eigenen Erinnerungen an die von ihm verübten Verbrechen hat. Wie schon in „Twin Peaks“ ist das Böse eine schwer zu fassende Macht, der weder mit wissenschaftlichen Methoden noch mit Magie beizukommen ist. Diese unheilschwangere Atmosphäre wird durch Angelo Badalamentis rhythmisch treibenden und hypnotischen Score ebenso verstärkt wie durch die oft traumähnlichen, immer wieder verstörenden Bilder. 
Eine ganze Reihe von Kurzauftritten illustrer Darsteller wie Jürgen Prochnow, Chris Isaak, Kiefer Sutherland, David Bowie und Harry Dean Stanton machen „Twin Peaks – Fire Walk With Me“ zu einem Erlebnis, das bei jeder weiteren Sichtung neue Details zutage fördert.  

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