Dark Shadows

Wenn sich ein fantasiebegabter Filmemacher wie Tim Burton bekannten Schätzen der Popkultur annimmt – wie er es mit „Batman“, „Charlie und die Schokoladenfabrik“, „Sweeney Todd“ und „Alice im Wunderland“ bereits getan hat -, darf man sich auf ein außergewöhnliches Filmvergnügen freuen. 2012 ließ er sich von Johnny Depp animieren, einen Kinofilm aus der Fernsehserie „Dark Shadows“ zu machen, die 1966 bis 1971 erfolgreich im US-Fernsehen lief und bereits 1970 mit „Das Schloss der Vampire“ und 1971 mit „Das Schloss der verlorenen Seelen“ zwei Kinofilme nach sich zog. In Burtons Adaption sind es neben Burtons Stamm-Darsteller Johnny Depp vor allem die weiblichen Darsteller Helena Bonham Carter, Michelle Pfeiffer und Eva Green, die „Dark Shadows“ eine unterhaltsame Note verleihen. 

Inhalt: 

Kaum hat sich die Familie Collins Mitte des 18. Jahrhunderts von Liverpool auf den Weg nach Amerika gemacht, hat sie im Bundesstaat Maine auch schon ein riesiges Fischerei-Imperium aufgebaut. Nachdem bereits die Stadt Collinsport ihren Namen trägt, entsteht in 15 Jahren das imposante Anwesen Collinwood. Der junge Barnabas (Johnny Depp) ist mittlerweile zu einem attraktiven jungen Mann gereift, der zwar eine Affäre mit der Bediensteten Angelique Bouchard (Eva Green) unterhält, ihr aber nicht sein Herz schenken will, was ihn allerdings teuer zu stehen kommt, denn Angelique entpuppt sich als echte Hexe, die nicht nur dafür sorgt, dass Barnabas‘ Eltern von herabfallenden Steinen erschlagen werden, sondern dass seine wahre Liebe Josette (Bella Heathcote) dazu, von der Klippe Widow’s Hill in den Tod springt. 
Zwar springt ihr der verzweifelte Barnabas hinterher, doch da hat ihn Angelique bereits mit einem Fluch belegt und ihn in einen Vampir verwandelt, der sein ewiges Leben aber in Ketten gefesselt in einem Sarg verbringen muss. Nach 196 Jahren wird der Sarg bei Bauarbeiten freigelegt. Barnabas labt sich an dem Blut der Bauarbeiter und kehrt nach Collinwood Manor zurück, wo er das einst so prächtige Anwesen – und seine Nachfahren - allerdings völlig heruntergekommen vorfindet. 
Die Matriarchin Elizabeth Collins Stoddard (Michelle Pfeiffer) hat sogar die trinkfreudige Psychiaterin Dr. Julia Hoffman (Helena Bonham Carter) überzeugen können, bei der Familie einzuziehen. Beim Abendessen lernt Barnabas auch Elizabeths nichtsnutzigen Bruder Roger (Jonny Lee Miller), ihre rebellische Teenager-Tochter Carolyn Stoddard (Chloë Grace Moretz) und Rogers zehnjährigen Sohn David (Gulliver McGrath), der immer noch den Geist seiner toten Mutter sieht. Komplettiert wird das Ensemble durch den Hausmeister Willie Loomis (Jackie Earle Haley) und Davids neues Kindermädchen Victoria Winters (Bella Heathcote). Barnabas will das alte Familienimperium wieder aufbauen, stößt aber in der mittlerweile in der Stadt herrschenden Angelique Bouchard auf eine erbitterte Gegnerin… 

Kritik: 

John August, der für Tim Burton bereits die Drehbücher für „Big Fish“, „Charlie und die Schokoladenfabrik“ und „Corpse Bride“ beigesteuert hat, lieferte auch für die Kinoversion der langlebigen Fernsehserie die Story, die dann Seth Grahame-Smith („Abraham Lincoln Vampirjäger“, „Stolz und Vorurteil & Zombies“) in seinem ersten Drehbuch für einen Hollywood-Film verarbeitete, wobei er natürlich große Teile der Geschichte(n) wegfallen lassen musste. Geblieben ist allerdings der interessante Culture Clash, den der im viktorianischen England aufgewachsene und dann in Übersee als Vampir begrabene Barnabas in den 1970er Jahren erleben muss. 
Johnny Depp, der als großer Fan der Serie das Projekt an Tim Burton herangetragen und co-produziert hat, erweist sich als weißgeschminkter, aristokratischer Vampir einmal mehr als Idealbesetzung und trägt den Film nahezu allein auf seinen Schultern, während ein Großteil des übrigen Ensembles kaum genug Raum bekommt, sich zu profilieren. Von den Nebenrollen überzeugt vor allem Michelle Pfeiffer („Batmans Rückkehr“, „Tequila Sunrise“) als charismatische Matriarchin, aber der Fokus der Geschichte liegt natürlich auf der jahrhundertelangen Rivalität zwischen Barnabas und Angelique. 
Eva Green („Die Träumer“, „Penny Dreadful“) agiert hier mit Johnny Depp durchaus auf Augenhöhe, mimt die sinnlich verführerische Hexe genussvoll überzeugend, auch wenn Burtons Inszenierung hier etwas zu familienfreundlich ausgefallen ist. Wenn Barnabas und Angelique wie im Rausch bei ihrem erotischen Stelldichein die ganze Zimmereinrichtung verwüsten, wirkt es wenig überzeugend, wenn beide noch komplett angezogen bleiben. 
Ebenso schwierig gestaltet sich die Verbindung zwischen viktorianischem Grusel und freizügiger Hippie-Kultur. Hier sorgen allein der Soundtrack mit Songs von The Moody Blues, Deep Purple, The Stooges, Donovan, The Carpenters, T-Rex und Black Sabbath sowie eine Hippie-Gruppe im VW-Bus für das entsprechende Zeitkolorit, und auch die Mischung aus Horror-Komödie und -Drama funktioniert nicht immer. 
So wartet „Dark Shadows“ zwar mit dem typischen Tim-Burton-Flair, einer gewohnt überzeugenden Performance seines Lieblingsdarstellers Johnny Depp und einem Cameo-Auftritt der Rock-Ikone Alice Cooper auf, doch der Plot mit seinen hier und da thematisierten Konflikten, dem Aufeinandertreffen des 18. und des 20. Jahrhunderts und allerlei Geheimnissen wirkt letztlich zu zerfahren, um die Kinoversion der von Dan Curtis kreierten Serie zu einem wirklich gelungenen Film zu machen. Es sollte bis dato auch die letzte Zusammenarbeit zwischen Burton und Depp bleiben. 

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