The Green Mile

Frank Darabonts Karriere als Drehbuchautor und Regisseur ist unmittelbar mit Stephen King verbunden. 1984 legte Darabont sein Drehbuch- und Regiedebüt mit der halbstündigen Adaption von Stephen Kings Kurzgeschichte „The Woman in the Room“ vor, und auch sein überragendes Kino-Debüt „Die Verurteilten“ (1994) basierte auf einer Vorlage des „King of Horrors“. Insofern überrascht es kaum, dass auch sein nachfolgender Film auf einer Geschichte des Bestseller-Autors basiert, diesmal auf Kings zunächst in sechs Bänden veröffentlichten Roman „The Green Mile“, der wie zuvor „The Shawshank Redemption“ in einem Gefängnis spielt. 

Inhalt: 

Als im Seniorenheim der Film „Ich tanz’ mich in dein Herz hinein“ im Fernsehen läuft und Fred Astaire das Lied „Cheek to Cheek“ singt, beginnt Paul Edgecomb (Dabbs Greer) zu weinen, worauf er seiner teilnahmsvollen Wohngenossin und Freundin Elaine (Eve Brent) bei einer Tasse Kaffee erzählt, warum ihn die Szene mit der Gesangseinlage so gerührt hat. 
In den 1930er Jahren war Edgecomb (Tom Hanks) Leiter des Todestraktes im Staatsgefängnis Cold Mountain, Louisiana, welcher wegen der Farbe seines Linoleumbodens „die grüne Meile“ (the Green Mile) genannt wurde. Zusammen mit seinen Kollegen Brutal (David Morse), Dean (Barry Pepper), Percy (Doug Hutchison) und Harry (Jeffrey DeMunn) sorgt er für die sichere Unterbringung der zum Tode Verurteilten und vollzieht ihre Hinrichtung auf dem elektrischen Stuhl. 
Im Jahr 1935 bekommen sie mit dem über zwei Meter großen, muskelbepackten Schwarzen John Coffey (Michael Duncan Clarke) einen Mann in den Todestrakt überstellt, der eines Tages weinend mit den blutüberströmten Leichen der beiden Töchter von Klaus Detterick (William Sadler) in den Armen aufgefunden wurde und von einer Jury wegen Mordes an den zwei kleinen Mädchen verurteilt worden ist. Obwohl Coffey über eine angsteinflößende Statur verfügt, wirkt er wie ein geistig leicht zurückgebliebenes Riesenbaby, das sanft wie ein Lamm ist und Angst vor der Dunkelheit hat. Außerdem verfügt Coffey über ein sehr gutes Gespür für die Wesen seiner Mitmenschen und über ungewöhnlich heilende Kräfte. 
So warnt Coffey die Wärter nicht nur vor der Bösartigkeit des neu eingelieferten Psychopathen William „Billy the Kid“ Wharton (Sam Rockwell), sondern schafft es auch, Edgecomb von seiner extrem schmerzhaften Blasenentzündung und die vom sadistischen Wärter Percy zertretene Maus Mr. Jingles zu heilen. Dazu scheint er einfach die Krankheit von Menschen und Tieren einzusaugen und als eine Art schwarzen Insektenschwarms wieder aus seinem Mund entweichen zu lassen. Allerdings schwächt ihn diese Prozedur immens, so dass er sich nach einer solchen Spontanheilung immer sofort hinlegen muss. 
Edgecomb und seine Leute haben in der Regel keine Probleme mit den Gefangenen und behandeln sie respektvoll. Doch sowohl der gemeingefährliche und unberechenbare Wharton als auch der ebenso feige wie sadistische Wärter Percy, dessen Tante die Gattin des Gouverneurs von Louisiana ist, bereiten Edgecomb immer wieder Probleme. Indem er Percys Wunsch erfüllt, einmal das Kommando bei einer Hinrichtung zu führen, nimmt Edgecomb dem jungen Kollegen das Versprechen ab, sich auf eine besser bezahlte Stelle in einer psychiatrischen Anstalt versetzen lassen. Doch bei der Hinrichtung von Delacroix (Michael Jeter) kommt Percys sadistische Ader voll zum Tragen und beschert dem Verurteilten einen schmerzvollen Tod. 
Als der Gefängnisdirektor Moores (James Cromwell) Paul gegenüber gesteht, dass seine Frau Melinda (Patricia Clarkson) an einem inoperablen Hirntumor erkrankt ist, fassen Edgecomb und seine Crew einen waghalsigen Plan… 

Kritik: 

Ermuntert durch den zumindest künstlerischen Erfolg von „Die Verurteilten“, der sich in sieben Oscar-Nominierungen und dem seit 2008 unangefochtenen Platz 1 in den Top 250 der IMDb-Community niederschlug, nahm sich Frank Darabont für seine nächsten Stephen-King-Adaption alle Freiheiten und schuf ein episches Drei-Stunden-Gefängnisdrama, das sich allerdings nicht wie „Die Verurteilten“ vor allem auf die Freundschaft zweier lebenslang verurteilter Häftlinge beschränkt, sondern die besondere Atmosphäre in einem Todestrakt einfängt. Dabei berücksichtigt Darabont sowohl die Gefühlswelt der Verurteilten als auch der Wärter. 
Als Rahmen für die ausführliche Erzählung dienen die durch einen im Fernsehen ausgestrahlten Film ausgelösten Erinnerungen des pensionierten Aufsehers Paul Edgecomb. Als John Coffey vor seiner Hinrichtung gefragt wurde, was er sich wünsche, antwortete er, dass er noch nie eine Filmvorführung gesehen hätte, worauf die Wärter mit ihm „Ich tanz’ mich in dein Herz hinein“ im Gefängniskino anschauten. 
Darabont nimmt sich wie schon bei „Die Verurteilten“ viel Zeit, um den Alltag im Gefängnis zu beschreiben und die Figuren vorzustellen. Hier sind die Sympathien schnell verteilt. Während Tom Hanks („Forrest Gump“, „Philadelphia“) einmal mehr als herzensguter Mensch überzeugen darf, haben auch seine Mitstreiter das Herz am rechten Fleck und versuchen, den Gefangenen das Leben unter den gegebenen Umständen so angenehm wie möglich zu gestalten. 
Einzig der psychopathische Killer Wharton und der sadistische Wärter Percy fallen hier aus der Rolle und dürfen die schwarzen Schafe spielen. Allerdings bilden die undifferenzierte Figurenzeichnung und die fehlende Entwicklung ebenso Schwachpunkte in „The Green Mile“ wie die durch Coffey gewirkten Wunder, die zu keiner tieferen Auseinandersetzung mit dem messianischen Heilsgedanken und der Unmenschlichkeit der Todesstrafe führen. Hier merkt man dem Film deutlich an, dass er trotz der epischen Länge ein Massenpublikum zu erreichen versucht, das vor allem auf die rührseligen Momente anspricht. Davon gibt es in „The Green Mile“ mehr als genügend. 
Auch wenn das Finale von „The Green Mile“ mit einem ähnlichen Plot Twist wie bei „Die Verurteilten“ aufwartet, gelingt es Darabont aber, sein emotional etwas rührseliges Drama ohne große Längen zu inszenieren. Dabei helfen ihm natürlich auch die wunderbar aufspielenden Darsteller, Thomas Newmans („The Help“, „Ein Mann namens Otto“) eindringliche Kompositionen und David Tattersalls elegant-stimmungsvolle Kameraarbeit („Vertical Limit“, „James Bond 007 – Stirb an einem anderen Tag“).  

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