Die Verurteilten
Bestseller-Autor Stephen King zählt zweifellos zu den meistverfilmten Autoren überhaupt, doch haben es nur wenige der Leinwand-Adaptionen, die oft nur auf Kurzgeschichten des „King of Horror“ basieren, geschafft, einen nachhaltigen Eindruck zu hinterlassen. Vor allem nach den von Meisterregisseuren wie Brian De Palma („Carrie“), Stanley Kubrick („Shining“), David Cronenberg („Dead Zone“), Rob Reiner („Stand by Me“, „Misery“), John Carpenter („Christine“) und George A. Romero („Stark – The Dark Half“) inszenierten Blockbuster-Erfolgen schien es schwierig, noch renommierte und ambitionierte Filmemacher zu finden, die sich der besseren Geschichten des Grusel-Meisters annehmen wollten. Als Glücksgriff erwies sich die Wahl von Frank Darabont, der Kings Novelle „Rita Hayworth and Shawshank Redemption” selbst als Drehbuch adaptierte und als fast zweieinhalbstündiges Gefängnis-Drama mit Tim Robbins und Morgan Freeman in den Hauptrollen inszenierte.
Aufgrund von Indizienbeweisen wird der hochrangige Banker Andy Dufresne (Tim Robbins) wegen Mordes an seiner Frau und ihren Liebhaber 1947 zu zweimal lebenslänglicher Haft verurteilt. Dass er auch im Gefängnis von Shawshank in Maine noch immer seine Unschuld beteuert, nimmt ihm dort niemand ab, auch nicht der wegen Mordes einsitzende Schwarze Red (Morgan Freeman), der sich als jemand rühmt, der einem fast alles besorgen kann, wofür er eine 20%-ige Provision kassiert. Wegen seiner ruhigen, unerschütterlichen Art kann Red den Neuen zunächst schwer einschätzen, aber dann freundet er sich mit dem ebenso klugen wie besonnenen Andy an und besorgt ihm auch den gewünschten Steinhammer, mit dem er u.a. Schachfiguren modellieren möchte. Danach besorgt Red Andy ein Poster von Rita Hayworth.
Doch der Gefängnisaufenthalt ist für Andy alles andere als ein Zuckerschlecken, wird er doch sowohl vom Oberaufseher Captain Hadley (Clancy Brown) als auch von den „Schwestern“ regelmäßig malträtiert und vergewaltigt. Andys Situation bessert sich rapide, als er beim Ausbessern des Daches mitbekommt, dass Hadley eine Erbschaft von 30.000 Dollar erwartet und ihm einen Tipp gibt, wie er davon keinen Cent an Steuern abgeben muss. Hadley muss dem Bautrupp dafür nur etwas kaltes Bier spendieren.
Als Andy das nächste Mal von Bogs (Mark Rolston) und seinen Männern misshandelt wird, schlägt Hadley den Unruhestifter so heftig zusammen, dass dieser im Rollstuhl in eine andere Einrichtung verlegt werden muss. Andy bearbeitet nicht nur sämtliche Lohnsteuer-Anträge des Gefängnispersonals, sondern wird auch durch den bibelfesten Gefängnisdirektor Warden Norton (Bob Gunton) von der Wäscherei in die Gefängnisbibliothek versetzt, wo er nicht nur dem alten Brooks (James Whitmore) zur Hand geht, sondern auch dafür sorgt, dass die Bibliothek ausgebaut wird und Buchspenden erhält. Außerdem wird er gezwungen, die Bestechungsgelder für Norton zu waschen, die er dafür erhält, öffentliche Aufträge nicht durch seine billigen Häftlinge ausführen zu lassen.
Eines Tages berichtet der erst kürzlich eingetroffene Häftling Tommy Williams (Gil Bellows) von einem Mann namens Elmo Blatch, der ihm in einer anderen Strafanstalt ein Verbrechen gestanden hatte, das dem sehr ähnelt, das Andy begangen haben soll. Dabei habe Blatch erwähnt, dass seinerzeit an seiner Stelle der Ehemann des Opfers, ein Banker, für den Mord verurteilt worden sei.
Andy versucht, Direktor Norton unter Berufung auf diesen offensichtlichen Justizirrtum dazu zu bewegen, seinen Prozess neu aufzurollen, wobei er ihm verspricht, über die illegalen Geschäfte völliges Stillschweigen zu bewahren, doch Norton geht mit diesem Vorfall auf seine eigene Weise um…
Kritik:
Dass Frank Darabonts „Die Verurteilten“ zu den besten Filmen aller Zeiten zählt, lässt sich weniger an den sieben Oscar-Nominierungen – u.a. für den besten Film, die beste Kamera, die beste Filmmusik und für Morgan Freeman als bester Hauptdarsteller – ablesen (die Trophäen in diesen sieben Kategorien teilten sich dann „Forrest Gump“ und „Der König der Löwen“ unter sich auf) als an der Tatsache, dass sich der Film seit 2008 ununterbrochen auf Platz 1 der 250 besten Filme bei IMDb hält. Darabont, der in den 1980er Jahren als Drehbuchautor für Horrorfilme wie „Nightmare 3 – Freddy lebt“, „Der Blob“ und „Die Fliege 2“ begonnen hat, erweist sich bei „Die Verurteilten“ als Mann der leisen Töne. Während die Einleitung mit der Verurteilung von Andy recht kurz ausfällt und kein Urteil über Schuld oder Unschuld des Verurteilten zulässt, nimmt sich Darabont alle Zeit, die außergewöhnliche Freundschaft zwischen dem Weißen und dem Schwarzen in all ihren Facetten zu beschreiben, wobei Reds Figur als Ich-Erzähler fungiert und die Geschichte auf diese Weise noch mehr Glaubwürdigkeit gewinnt.
Doch bei allem Zusammenhalt zwischen Red, Andy und weiteren Insassen lässt Darabont auch keinen Zweifel daran, dass das Gefängnis ein unmenschlicher Ort voller aufgestauter und brutal entladener Gewalt ist, wo der Direktor und die Aufseher ihre Macht ständig demonstrieren, einfach weil sie es können. Auch wenn die Jahre arg zusammengerafft werden, was vor allem bei den immer gleich ablaufenden und vorhersehbar endenden Bewährungsanhörungen deutlich wird, bleibt „Die Verurteilten“ durch sein gemächliches Erzähltempo, Thomas Newmans minimalistisch eingesetzte Musik und die großartigen Darsteller in Erinnerung.
Sowohl Tim Robbins („Arlington Road“, „Mystic River“, „The Player“) als auch Morgan Freeman („Sieben“, „Outbreak“, „Million Dollar Baby“) zeigen hier eine ihrer besten Leistungen ihrer Karriere und bieten ein großes Identifikationspotential. Das Finale hat seine großartigen Momente, schießt aber vielleicht auch etwas über das Ziel hinaus, was die Glaubwürdigkeit angeht.
Mit „The Green Mile“ (1999) und „Der Nebel“ (2007) widmete sich Darabont anschließend noch zwei weiteren Stephen-King-Stoffen, wobei zumindest das wieder im Gefängnis spielende Drama „The Green Mile“ eine ähnliche Intensität wie „Die Verurteilten“ erreichte.
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