Die drei Gesichter der Furcht

Mit seiner ersten vollständig eigenen Regiearbeit „Die Stunde, wenn Dracula kommt“ (1960) ließ der italienische Special-Effects-Experte, Kameramann, Drehbuchautor und Regisseur Mario Bava gleich international aufhorchen. Das kunstvoll in Schwarzweiß inszenierte Hexen- und Vampir-Drama machte Hauptdarstellerin Barbara Steele zu einer Ikone des Horrorfilms und etablierte Bava als ausgezeichneten Stilisten. Nach einigen Historienabenteuern wie „Aladins Abenteuer“ und „Die Rache der Wikinger“ kehrte Bava 1963 mit „La ragazza che sapeva troppo“ und „Der Dämon und due Jungfrau“ zum Horror-Genre zurück und präsentierte schließlich mit „Die drei Gesichter der Furcht“ eine Anthologie von drei Gruselgeschichten nach Vorlagen von Guy de Maupassant, Anton Tschechow und Leo Tolstoi

Inhalt:

„Das Telefon“: Die hübsche Rosy (Michelle Mercier) kommt abends in ihr Apartment zurück, als ihr rotes Telefon zu klingeln beginnt, doch als sie anhebt, meldet sich niemand. Dieses Spiel wiederholt sich solange, bis sich Rosy allmählich zu ängstigen beginnt und sich fragt, wer sich hinter dem mysteriösen Anrufer verbergen könnte. Als sie sich im Bad für die Nacht zurechtmacht, klingelt es erneut. Nur mit einem Badehandtuch bedeckt nimmt Rosy erneut den Hörer ab und hört erschrocken zu, wie eine offenbar männliche Stimme androht, sie noch heute Nacht zu töten. Sie solle ihren schönen Körper weder bedecken noch das Licht ausmachen, denn der Anrufer möchte lustvoll dabei zusehen, wie Rosy stirbt. In ihrer Verzweiflung ruft sie bei ihrer ehemals besten Freundin Mary (Lidia Alfonsi) an, die sich trotz der Beendigung ihrer Freundschaft bereit erklärt, Rosy beizustehen. Rosy hat nämlich einen begründeten Verdacht, wer hinter den Anrufen stecken könnte: Ihren Exfreund Frank hat sie durch ihre Aussage nämlich ins Zuchthaus gebracht. Nun scheint der entflohene Häftling sich an ihr rächen zu wollen … 
„Wurdelak“: Während seiner Reise entdeckt Graf Vladimir D'Urfe (Mark Damon) eine Leiche mit einem Dolch im Rücken, lädt sie auf sein Pferd und hält bei einer Bauernfamilie. Als Vladimir im Haus Giorgio (Glauco Onorato) die Tatwaffe präsentiert, identifiziert dieser sie als das Messer seines Vaters Gorca (Boris Karloff). Ebenso wie seine Frau Maria (Rika Dialyna), sein Bruder Pietro (Massimo Righi) und seine Schwester Sdenka (Susy Andersen) wartet Giorgio auf die Rückkehr des Hausherren, der sich vor fünf Tagen auf den Weg in die Berge gemacht hat, um den gefürchteten Vampir-Räuber Ali Beck zu töten. Sollte er nach Ablauf der vereinbarten fünf Tage nach Hause zurückkehren, würde es bedeuten, dass er ebenfalls Opfer des Vampirs geworden wäre. Giorgio legt dem Grafen nahe, sofort das Haus zu verlassen, um sein Leben nicht in Gefahr zu bringen, doch da sich dieser in die hübsche Sdenka verguckt hat, bleibt er. Die Heimkehr ihres Vaters verfolgt die Familie fast schon ängstlich, auch wenn Gorca zum Beweis für seine erfolgreiche Mission den abgetrennten Kopf des Vampirs präsentiert. Doch das merkwürdige Verhalten des Patriarchen lässt die Familie wachsam bleiben … 
„Der Wassertropfen“: Die Krankenschwester Helen Chester (Jacqueline Pierreux) wird mitten in der Nacht von einer Bediensteten (Milly) ins Haus der gerade erst verstorbenen Madame Perkins gerufen. Nun soll sie der Toten mit dem grässlich entstellten Gesicht das Totenkleid anziehen, das ihr die Haushälterin vorbereitet hat. Bei einem Gläschen Schnaps erfährt Helen, dass Madame Perkins nicht unbedingt an der Herzschwäche verstorben ist, wegen der sie behandelt wurde, da sie während einer Séance das Zeitliche gesegnet hat. Helen interessiert sich jedoch weniger für die Umstände des Todes der alten Dame, sondern allein für ihren Ring, den sie ihr unbemerkt vom Finger zieht. Doch als sie wieder zuhause ist, wird sie von unheimlichen Phänomenen aufgeschreckt. Vor allem die überall tropfenden Wasserhähne setzen ihr zu … 

Kritik: 

Obwohl Mario Bava für seine Horror-Anthologie auf Vorlagen dreier berühmter Schriftsteller zurückgegriffen hat, könnten die drei von Horror-Ikone Boris Karloff anmoderierten Geschichten unterschiedlicher nicht sein. Ähnlich wie kleinere britische Produktionsfirmen wie Amicus auf der Erfolgswelle von Hammer Films aufspringen wollten, standen bei der von Samuel Z. Arkoff unf James H. Nicholson für den amerikanischen Markt produzierten Grusel-Anthologie „Die drei Gesichter der Furcht“ die ebenfalls von ihnen produzierten Edgar-Allan-Poe-Adaptionen von Roger Corman Pate, der ein Jahr zuvor mit „Tales of Terror“ ebenfalls drei Horrorgeschichten zusammengefasst hatte. Mit „Das Telefon“ ebnete Bava bereits den Weg für das von ihm maßgeblich mitgeprägte Giallo-Genre, wenn vom Täter nur die schwarzen Handschuhe zu sehen sind und die Klinge des Messers im reflektierten Licht aufblitzt.
Allerdings löst Bava das Rätsel des geheimnisvollen Anrufers für den Zuschauer früh auf, so dass im weiteren Verlauf keine echte Spannung mehr aufkommen will. Dagegen ist die Adaption von Tolstois Vampirgeschichte „Wurdelak“ wunderbar stimmungsvoll gelungen. Für die bis auf den Anfang gänzlich in der Nacht spielende Episode hat Bava nicht nur auf die Sets von „Die Stunde, wenn Dracula kommt“ zurückgegriffen, sondern auch auf die dazu komponierte Musik von Roberto Nicolosi (die in der US-Version wie schon bei Bavas Debüt von Les Baxter ersetzt wurde). Boris Karloff kann als wild dreinblickender Patriarch seine ganze Darstellungskunst ausspielen, während Bava die Szenen sorgfältig in unheimlich leuchtenden Blau- und anderen Farbtönen taucht. 
Das trifft auch auf die letzte Episode zu, in der Bava geschickt mit Farben und Tönen spielt, um die Protagonistin und sein Publikum gekonnt zu manipulieren. Mit dieser Anthologie hat sich Maria Bava endgültig als versierter Horror-Regisseur etabliert.

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