Lisa und der Teufel

Nachdem Mario Bava 1964 mit „Blutige Seide“ das Genre des Giallo-Thrillers begründet hatte, formten es Regisseure wie Dario Argento („Das Geheimnis der schwarzen Handschuhe“, „Vier Fliegen auf grauem Samt“) und Lucio Fulci („Nackt über Leichen“, „Una lucertola con la pelle di donna“) aus, so dass Bava Anfang der 1970er Jahre anfing, verwirrende Genre-Mixturen aus Giallo, Mystery-Thriller und schwarzer Komödie zu inszenieren. Nach „Red Wedding Night“, „Im Blutrausch des Satans“ und „Baron Blood“ stellte „Lisa und der Teufel“ (1974) den Höhe- und Schlusspunkt dieser Phase dar. 

Inhalt: 

Die junge Touristin Lisa Reiner (Elke Sommer) wird mit ihrer Reisegruppe im spanischen Toledo von ihrem Fremdenführer gerade auf ein Fresko hingewiesen, das durch die gut erhaltene Darstellung eines Teufels berühmt geworden ist, als sie von einer leisen Melodie angelockt wird, die sie durch die verwinkelten Gassen der Altstadt zu einem Laden führt, in dem sie fasziniert feststellt, dass der einzige Kunde (Telly Savalas) dem Teufel auf dem Fresko erschreckend ähnlich sieht. Auf der Suche nach ihrer Reisegruppe verläuft sich Lisa, bis sie erst am Abend auf das Ehepaar Francis (Eduardo Fajardo) und Sophia Lehar (Sylva Koscina) mit ihrem Chauffeur George (Gabriele Tinti) in ihrer liegengebliebenen Limousine trifft. Sie erklären sich bereit, Lisa mitzunehmen, doch streikt der Wagen bald erneut, so dass sich die vier Fahrzeug-Insassen gezwungen sehen, in der Villa einer blinden Gräfin (Alida Valli) zu übernachten, wo Lisa in dem Butler Leandro den mysteriösen Kunden aus dem Laden wiedererkennt. Besonders der Sohn der Gräfin, Max (Alessio Orano) freut sich über den Besuch, entdeckt er in Lisa doch eine erstaunliche Ähnlichkeit mit seiner verstorbenen Geliebten Elena. 
Doch für Lisa wird der nächtliche Aufenthalt in der Villa zu einer Tortur, bei der Wahn und Wirklichkeit kaum noch voneinander zu trennen sind … 

Kritik: 

Die Zusammenarbeit zwischen Produzent Alfredo Leone („Venus im Pelz“) und Mario Bava begann 1971 mit der romantischen Komödie „Vier Mal heute Nacht“ und gipfelte in dem erfolgreichen Horrorfilm „Baron Blood“ (1972), worauf Leone dem visionären Regisseur für sein nächstes Projekt alle Freiheiten ließ. Dafür engagierte er „Baron Blood“-Scream Queen Elke Sommer ein weiteres Mal für die Hauptrolle, aber weit exponierter als im noch klassisch geprägten Horror Movie „Baron Blood“. Für „Lisa und der Teufel“ ließ Bava schnell die Grenzen zwischen Traum und Realität verschwimmen. Die Melodie, der Lisa gleich zu Beginn folgt, wirkt wie der Wegweiser in eine andere Welt, die die ebenso attraktive wie neugierige und naive Touristin durch den verwinkelt gelegenen Laden betritt, in dem sie mit dem glatzköpfigen Leandro einen offenbar diabolischen Mann kennenlernt, der Lisa fortan zu verfolgen scheint. 
Bava erweist sich vor allem in visueller Hinsicht einmal mehr als Meister in der Kreation surrealer Welten, in der bis zur Obsession pervertierte Liebe, Eifersucht und Verrat die treibenden Handlungsmotive darstellen. Während sich Sophia mit dem Chauffeur vergnügt, sieht sich Lisa den Avancen von Max ausgesetzt, der von dunklen Trieben gesteuert wird und Lisa zunehmend in den Abgrund führt. Mit meisterhaft ausgeleuchteten und farblich intensiv zur Geltung gebrachten Kulissen lässt Bava vor allem das Treiben im Schloss und in der näheren Umgebung zu bedrohlichen Albträumen werden, aus denen es für Lisa kein Entrinnen zu geben scheint. 
Bava vermischt dabei vertraute Elemente wie die Wiedergängerin aus „Die Stunde, wenn Dracula kommt“, die geheimnisvolle Gräfin aus „Die toten Augen des Dr. Dracula“ und Motive aus Hitchcocks „Psycho“ und Roger Cormans Edgar-Allan-Poe-Verfilmungen. Das funktioniert nicht nur durch die brillante Kameraarbeit so gut, sondern auch durch Carlo Savinas verführerischen Score, der Joaquín Rodrigos „Concerto of Aranjuez“ für Gitarre und Orchester stimmungsvoll adaptiert hat. Elke Sommer überzeugt als hilflos durch das (alp)traumhafte Geschehen getriebene Touristin ebenso wie Telly Savalas als undurchsichtiger Butler, der schon mal wie in der 1973 gestarteten Krimi-Serie „Kojak“ seine Lollies lutschen durfte. Für den US-amerikanischen Markt ließ Leone übrigens einige Szenen mit einem Priester nachdrehen, um auf den Zug von „Der Exorzist“ aufzuspringen, doch unter dem Titel „The House of Exprcism“ floppte der Film fürchterlich. Mit seinen wenigen noch folgenden Werken konnte Bava die gelungene Atmosphäre von „Lisa und der Teufel“ und früherer Meisterwerke nicht mehr erreichen.  

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