Eine Handvoll blanker Messer
Nach seinem bahnbrechenden Regiedebüt „Die Stunde, wenn Dracula kommt“ (1960), der Mario Bava als visionären Horror-Regisseur präsentierte, tobte sich der italienische Filmemacher zunächst mit historischen Abenteuern wie „Aladins Abenteuer“, „Vampire gegen Herakles“ und „Die Rache der Wikinger“ (alle 1961) aus, ehe er seine besten Arbeiten „Die drei Gesichter der Furcht“, „Der Dämon und die Jungfrau“ und „Blutige Seide“ vorlegte. 1966 kehrte er allerdings wieder zum Wikinger-Film zurück, präsentierte mit „Eine Handvoll blanker Messer“ eine Art Wikinger-Western, der als Remake von George Stevens‘ Western-Klassiker „Shane“ angedacht war.
Inhalt:
Am Strand prophezeit eine alte Hexe der blonden Karin (Elissa Pichelli) und ihrem Sohn Moki (Luciano Pollentin) die Rückkehr ihres Mannes König Harald (Giacomo Rossi Stuart), doch wird den beiden nahegelegt zu fliehen, denn Hagens vor etliche Jahren aus dem Dorf vertriebener Widersacher Hagen (Fausto Tozzi) sei mit seinen Männern bereits auf der Suche nach ihnen. Würde er nämlich Karin zur Frau bekommen, wäre er der rechtmäßige König. Während Karin mit ihrem Sohn bereits Unterschlupf in einem einsam gelegenen Blockhaus gefunden haben, spürt auch Hagen die alte Hexe auf, doch verrät sie ihm nicht den Aufenthaltsort der Gesuchten. Stattdessen prophezeit sie ihm seinen Tod – kurz nach ihrem eigenen. Hagen lässt die alte Frau also am Leben und macht sich auf die Suche. Als der einsame Reiter Rurik (Cameron Mitchell) an die Tür von Karins Hütte klopft, um nach etwas zu essen zu bitten, lässt sie ihn aus Vorsicht abblitzen, doch wenig später haben drei von Hagens Männern die gesuchte Frau ausfindig gemacht.
Bevor sie Karin jedoch in ihre Gewalt bringen können, ist der noch in der Nähe verweilende Rurik durch Karins Schrei aufgeschreckt, setzt zwei der Männer mit gezielten Messerwürfen außer Gefecht und erledigt auch den dritten nach einer längeren Prügelei im Haus. Nun bleibt Karin nichts anderes übrig, als Rurik zum Bleiben zu animieren. Er bringt nicht nur das zerstörte Mobiliar in Ordnung, sondern dient dem Teenager-Jungen als männliches Vorbild, bringt ihm das Bogenschießen, das Fischen und schließlich auch das Werfen mit den Messern bei. Wie sich herausstellt, kennen sich Rurik und Karin von früher, woran sich Karin allerdings nicht erinnern kann. Als sie damals Harald heiratete und damit zwei Wikinger-Stämme vereinte, wurden Ruriks Frau und Kinder Opfer eines Gemetzels, für das allerdings nicht – wie von Rurik vermutet – Haralds Männer verantwortlich waren, sondern Hagen.
Aus Rache vergewaltigte Rurik Karin, so dass Moki sogar sein Sohn sein könnte. Es dauert nicht lange, da kehrt nicht nur Harald zurück, sondern auch Hagen und Rurik aufeinander. Die beiden haben schließlich noch eine offene Rechnung zu begleichen …
Kritik:
Die Dreharbeiten zu „Eine Handvoll blanker Messer“ begannen bereits 1962, damals noch unter dem Titel „Helmut il solitario“, doch als den Produzenten nach zwei Wochen das Geld ausging, lag das Projekt zunächst auf Eis, bis Mario Bava angeboten wurde, den von Regisseur Leopoldo Savona („Die Nächte sind voller Gefahren“, „Die Teufelskerle von Dorano“) begonnenen Film zu vollenden. Schließlich war Bava für seine effiziente und budgetschonende Arbeitsweise bekannt. Hauptdarsteller Cameron Mitchell, der mit Bava bereits an „Die Rache der Wikinger“ und „Blutige Seide“ gearbeitet hatte, war schließlich begeistert von Bavas Beteiligung und lieferte eine eindrucksvolle Performance als Karins Retter und Mokis Erzieher ab.
„Eine Handvoll blanker Messer“ stellt sicher Bavas persönlichsten Film dar, bei dem er ohne die sonst üblichen Farb- und Lichtspielereien auskam. Stattdessen fokussierte er sich ganz auf die berührende Geschichte zerstörten Glücks und der Sehnsucht nach einer heilen Familie. Die Handlung folgt dabei eher den Regeln des Western-Genres, in dem Bava zuvor mit „Der Ritt nach Alamo“ und „Nebraska-Jim“ bereits zwei Arbeiten vorgelegt hatte. Aber das Vermengen verschiedener Genres hatte Bava schließlich schon in früheren Filmen praktiziert.
Die Symbiose von Western und Wikinger-Abenteuer kommt sehr natürlich daher. Schließlich verzichtet Bava auf ausufernde Kämpfe und Schlachten. Stattdessen dienen vereinzelte Duelle oder Kleingruppen-Kämpfe als hin und wieder eingestreute Action-Akzente, um dem Drama etwas Tempo und Spannung zu verleihen – alles im Dienste der Aufgabe, zerrissene Familien wieder zusammenzuführen und zerstörende Elemente auszumerzen. Natürlich erweist sich Bava erneut als großartiger Filmemacher, der vor allem die wunderschöne Landschaft und das dunkle Gasthaus herrlich in Szene zu setzen weiß. Dazu sorgen Cameron Mitchells mitreißende und -fühlende Darstellung sowie Marcello Giombinis stimmungsvolle Musik für unterhaltsame Momente in dem eher unbekannten Werk von Mario Bava, der anschließend mit „Die toten Augen von Dr. Dracula“ wieder zum Horror-Genre zurückkehrte.
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