Fluch der Verlorenen
Bevor Budd Boetticher durch seine Western „Der Siebente ist dran“ (1956) und „Um Kopf und Kragen“ (1957) bekannt geworden ist, die mit Randolph Scott in der Hauptrolle und nach Drehbüchern von Burt Kennedy entstanden sind, realisierte er 1952 mit „Fluch der Verlorenen“ einen B-Western, in dem der noch junge Rock Hudson und Robert Ryan als Brüder aus dem Bürgerkrieg nach Hause zurückkehren, aber jeweils ganz andere Vorstellungen von ihrem weiteren Leben verfolgen.
Nach dem Ende des Bürgerkriegs kehren die beiden Halbbrüder Dan Hammond (Robert Ryan) und Neil (Rock Hudson) mit ihrem gemeinsamen Freund Tiny McGilligan (James Arness), der als Verwalter auf der Farm der Hammonds arbeitet, auf ihre Ranch in Texas zurück, machen dabei in Austin Halt, wo sich in den letzten vier Jahren offensichtlich viel verändert hat. Vor allem Dan ist davon beeindruckt, wie schnell manche Leute offenbar zu Geld gekommen sind. Daheim werden die drei Kriegsheimkehrer nicht nur von Dans und Neils Eltern (John McIntire und Francis Bavier) glückselig in Empfang genommen, besonders die junge Sally (Judith Braun) freut sich über die Rückkehr der Männer. Sie ist zwar seit ihrer Jugend in Dan verliebt, doch macht sich vor allem Neil Hoffnung, Sally bald heiraten zu dürfen. Während sich Neil mit großer Freude auf die Arbeit stürzt, zieht es Dan eher in die Stadt. Er leiht sich bei seinem Freund Sam Hunter (John Hubbard) tausend Dollar und bekommt durch Bürgermeister Frank Tarleton (Tom Powers) die Gelegenheit, bei einer elitären Pokerrunde im Haus des skrupellosen Geschäftsmann Harding (Raymond Burr) mitzuspielen. Dort trifft er auch die schöne Lorna Harding (Julie Adams) wieder, die er kurz zuvor in der Stadt kennengelernt hat und die unglücklich in ihrer Ehe zu sein scheint.
Dan verliert nicht nur die tausend geliehenen Dollar, sondern muss Harding auch noch einen Schuldschein über 5000 Dollar übergeben. Von Harding und seinen reichen Freunden gedemütigt, wendet sich Dan an die Gesetzlosen, die in der Nähe der Hammond-Farm ihr Lager aufgeschlagen haben. Der ehemalige Mayor wird von einem seiner im Krieg untergebenen Männer, Dandy Taylor (Dennis Weaver), erkannt und so schnell in den Kreisen der Kriegsverlierer und -verweigerer akzeptiert. Mit ihnen baut Dan eine Privatarmee auf und kommt durch zwielichtige Geschäfte mit General Escobar Lopez (Rodolfo Acosta) aus der mexikanischen Zona Libra zu viel Geld. Als Dan in einer Kneipe Harding die Schulden zurückbezahlt, macht dieser seine Freunde darauf aufmerksam, dass merkwürdigerweise nur Hardings Farmen von den Überfällen und Viehdiebstählen betroffen waren, nicht aber Hammonds Freunde. Als Harding Neil kidnappt und aus ihm Informationen über Dan herausprügeln will, informiert Lorna Dan über die Ereignisse. Als Dan daraufhin mit seinen Männern Hardings Farm aufsucht, eskaliert die Situation …
Kritik:
Boetticher (1916-2001) drehte in den 1940er Jahren zunächst meist in Vergessenheit geratene Film noirs, ehe er 1952 mit „Flucht vor dem Tode“ seinen ersten nennenswerten Western realisierte. In jenem Jahr entstanden in bester B-Movie-Tradition mehrere weitere Filme, neben dem Kriegsdrama „Unternehmen ,Rote Teufel‘“ und dem Western „Rivalen im Sattel“ eben auch „Fluch der Verlorenen“. Der Film thematisiert überzeugend, wie sich die Welt nach vier Jahren Bürgerkrieg vor allem für die kämpfenden Soldaten, sondern auch die Zivilisten auf den Farmen und in den Städten verändert hat. Auf der einen Seite arbeiten die Rancher hart, ohne Aussicht darauf, ihre Schulden bald zurückzahlen zu können, auf der anderen Seite kommen skrupellose Geschäftsmänner und Gauner durch Raub, Nötigung und krumme Geschäfte zu mehr Geld, als sie eigentlich ausgeben können.
Diese Ungerechtigkeit gewinnt durch die beiden Halbbrüder Neil und Dan Gestalt. Während der noch junge Rock Hudson („Seminola“, „Giganten“) den braven, verantwortungsbewussten Sohn mimt, der die Farm seines Vaters zu bewirtschaften hilft, wird der vom Krieg desillusionierte Dan vom schnell zu verdienenden Geld korrumpiert und verwandelt sich zunehmend selbst zu einem skrupellosen Geschäftsmann, der auch vor Mord nicht zurückschreckt, um seine Visionen durchzusetzen.
Robert Ryan („Nackte Gewalt“, „Lawman“, „The Wild Bunch“) verkörpert hier die vielschichtige Rolle eines Mannes, der im Krieg mitansehen musste, wie schnell und sinnlos Menschenleben verlöschen können, so dass er nicht den Rest seines eigenes Lebens damit verbringen will, sich wie sein Vater totzuschuften, ohne etwas davon zu haben. Dass er mit seinem Weg zwar die schöne Frau seines grausamen Kontrahenten Harding ausspannen kann, aber letztlich mit seiner krummen Tour nicht durchkommen kann, inszeniert Boetticher sehr temporeich mit vielen Orts- und Personenwechseln, wobei er mit wenig Action auskommt. Dafür wird in den Dialogen ausführlich thematisiert, dass die Rückkehr zur Normalität nach dem Krieg nicht für alle Beteiligten gut gelingt.
Auch wenn die Inszenierung nicht immer geschmeidig ausfällt und die Sprünge in der Handlung kaum kaschiert werden, besitzt „Fluch der Verlorenen“ durchaus Unterhaltungswert und bescherte sowohl Rock Hudson als auch Dennis Weaver erste Lorbeeren in ihrer noch jungen Schauspielkarriere.
Kommentare
Kommentar veröffentlichen