Die toten Augen des Dr. Dracula
Seit seinem eigenverantwortlichen Regiedebüt mit „Die Stunde, wenn Dracula kommt“ (1960) hat der italienische Filmemacher Mario Bava zwar auch Historien-Abenteuer („Die Rache der Wikinger“, „Aladins Abenteuer“) und Western („Nebraska-Jim“, „Der Ritt nach Alamo“) abgedreht, doch bekannt wurde er vor allem für seine stimmungsvollen Grusel-Filme wie „Blutige Seide“ und „Die drei Gesichter der Furcht“. 1966 entstand mit „Die toten Augen des Dr. Dracula“ wieder ein Film, der nur im unsinnigen deutschen Verleihtitel mit dem berühmten Vampir-Grafen zu tun hat …
Inhalt:
Um den Mord an dem Dienstmädchen Irena aufzuklären, reist ebenso wie Inspektor Kruger (Piero Lulli) der junge Arzt Paul Eswai (Giacomo Rossi-Stuart) in ein kleines, in den Karpaten liegendes Dorf. Irena ist nämlich das bereits zwölfte Todesopfer, das angeblich Selbstmord verübt haben soll, was die Dorfbewohner allerdings bezweifeln. Bei ihren Ermittlungen stoßen Kruger und Eswai allerdings auf eine Mauer des Schweigens. Offenbar haben die mutmaßlichen Zeugen Angst, doch den Grund dafür wollen sie nicht nennen. Als der Inspektor spurlos verschwindet, ist Eswai auf sich allein gestellt und folgt einer Spur, die ihn zum Schloss der wirren Baronessa Graps (Giovanna Galletti) führt. Sie soll ihre Opfer erst in den Wahnsinn, dann in den erlösenden Tod treiben. Bei der Obduktion der Opfer stellt Eswai übereinstimmend fest, dass in ihre Herzen eine Münze platziert wurde. Die dafür verantwortliche Dorfhexe Ruth (Fabienne Dali) wollte damit das Böse und übernatürliche Kräfte abwehren. Offenbar ist die siebenjährige Tochter der Baronesse, Melissa (Valerio Valeri), von den Toten zurückgekehrt, um sich an den Bewohnern zu rächen, die ihr damals bei einem Fest die nötige Hilfe verweigerten …
Kritik:
Bei seinem in Schwarzweiß gedrehten Regiedebüt „Die Stunde, wenn Dracula kommt“ erwies sich Mario Bava noch als geschickter Monteur verschiedener Lichtsetzungen, die dem expressionistischen Stummfilm, der Universal-Horror-Klassiker der 1930er Jahre und dem Film noir entnommen waren. Mit dem sechs Jahre später entstandenen „Die toten Augen des Dr. Dracula“ sind es weniger die Kontraste und Licht-/Schattenspiele als der versierte Umgang mit Farbe und Lichtsetzung. Das Drehbuch von Romano Migliorini („Das Gesicht im Dunkeln“, „Junge Mädchen zur Liebe gezwungen“), Roberto Natale („Die Stimme des Todes“, „Scarletto – Schloss des Blutes“) und Bava selbst ist dabei einmal mehr so besonders originell. Besonders der Einstieg wirkt sehr konventionell, wenn der Arzt in einer Kutsche – wie schon bei „Die Stunde, wenn Dracula kommt“ - in ein Dorf gelangt, wo ihn eine abweisende Dorfgemeinschaft empfängt und mysteriöse Todesfälle aufzuklären sind. Interessanter ist da einmal mehr die Art und Weise, wie Bava bestimmte Bereiche in unterschiedlichen Farben ausleuchtet, mit wabernden Nebeln und Schatten spielt, die eine wohlige Schauer-Atmosphäre hervorrufen.
Während in Bavas Erstling noch Barbara Steele als Entdeckung gefeiert werden durfte, bewegt sich „Operazione paura“ – so der Originaltitel – in darstellerischer Hinsicht eher auf durchschnittlichem Niveau. Einzig Giovanna Galletti („Rom, offene Stadt“, „Die Liebesnächte des Herkules“) kann als verwirrte Baroness bemerkenswerte Akzente setzen, ansonsten bleibt vor allem Giacomo Rossi-Stuart („The Last Man on Earth“, „Sodom und Gomorrha“) in der Hauptrolle blass.
So bleibt einzig Bavas nach wie vor faszinierende und fesselnde Farbgebung und Ausleuchtung das hervorstechendste Argument, sich dieses Werk zu Gemüte zu führen, aber in dieser Hinsicht punktet der Film gleich mehrfach.
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