Im Blutrausch des Satans

Mario Bava hat zwar einige Historien- und Fantasy-Abenteuer („Das Schwert von Persien“, „Aladins Abenteuer“, „Die Rache der Wikinger“) und sogar drei Italo-Western („Der Ritt nach Alamo“, „Nebraska Jim“, „3 Halunken und ein Halleluja“) sowie Action-Komödien („Gefahr: Diabolik!“) inszeniert, doch berühmt wurde er durch seine farbdramaturgisch bestechenden Horrorwerke wie „Die toten Augen des Dr. Dracula“, „Baron Blood“ und „Lisa und der Teufel“. Eine besondere Bedeutung kommt Bava auch für die Genres des Giallo und des Slasher-Films zu. Nachdem er 1964 mit „Blutige Seide“ bereits das Giallo-Genre ins Leben rief, legte er 1971 mit „Im Blutrausch des Satans“ den Grundstein für den Slasher-Horror. 

Inhalt: 

Auf ihrem Anwesen in einer idyllisch gelegenen Bucht wird die an den Rollstuhl gefesselte alte Gräfin Federica Donati (Isa Miranda) von ihrem habgierigen Ehemann Filippo (Giovanni Nuvoletti) so stranguliert, dass es wie ein Selbstmord aussieht. Allerdings wird er kurz nach Ausübung seines perfiden Verbrechens noch am Tatort selbst von einem unbekannten Täter erstochen. Die Wahrsagerin Anna Fosatti (Laura Betti) ahnt, dass dies nur der Auftakt einer Reihe von unheilvollen Ereignissen gewesen ist, während ihr Mann, der Insektenkundler Paolo (Leopoldo Trieste) weiterhin unbekümmert am Ufer auf Insektenfang geht. Derweil treffen zwei junge Pärchen an der Bucht ein und wollen hier eine unbeschwerte Zeit verbringen. 
Die verlassenen Räumlichkeiten eines ehemaligen Nachtclubs, das menschenleere Apartment und das naheliegende Wasser bieten dafür beste Voraussetzungen, allerdings hält die ausgelassene Stimmung nicht lange an. Während Louise (Brigitte Skay) bei einem einsamen Bad am Ufer brutal ermordet wird, bekommt Roberto (Roberto Bonanni) ein Beil in den Schädel. Sylvie (Paola Montenero) und Luca (Guido Boccaccini) werden beim Liebesspiel gemeinsam aufgespießt. Der Immobilienmakler Frank Ventura (Chris Avram) und seine Freundin Laura (Anna Maria Rosati) sehen die Chance, nach dem Tod der Gräfin und ihres Mannes das begehrte Immobilienobjekt günstig zu erwerben. Schließlich versucht Renata Donati (Claudine Auger) mit ihrem Mann Alberto (Luigi Pistilli), den Tod ihrer Mutter aufzuklären … 

Kritik: 

Mario Bava hatte Anfang der 1960er Jahre mit „Die drei Gesichter der Furcht“ (1963), „Der Dämon und die Jungfrau“ (1963) und „Blutige Seide“ (1964) einige seiner besten Filme realisiert, bevor er mit seinen Italo-Western oder Komödien wie „Der Spion, der aus dem Speiseeis kam“ (1966) und „Gefahr: Diabolik!“ (1968) an Popularität und Qualität einbüßte. Nach dem gelungenen Giallo „Red Wedding Night“ (1970) befand sich Bava aber wieder in der Spur und legte bei „Im Blutrausch des Satans“ in Sachen drastischer Gewalt noch einige Schippen drauf. 
Doch Bava, der hier nicht nur am Drehbuch mitwirkte, sondern auch die Kamera bediente, geht es nicht nur um möglichst brutale Slasher-Szenen. Gleichzeitig parodiert er das Whodunit-Schema klassischer Krimis, wenn er bereits zu Beginn den Mörder der Gräfin ebenfalls gewaltsam aus dem Verkehr zieht. Ziemlich schnell wird nämlich deutlich, dass nicht nur ein Täter die Bewohner und Besucher in der Bucht dezimiert. Hier werden vermeintliche Opfer von Gewaltverbrechen selbst zu Opfern. Die Leichen verschwinden auf kuriose Weise und tauchen an anderer Stelle unerwartet wieder auf, um die ahnungslosen Entdecker fast zu Tode zu erschrecken. 
Bei der Wahl der Waffen und der Methode des Abschlachtens zeigt sich Bava herrlich erfinderisch, und die Kamera hält dann noch einmal ordentlich auf die tödlichen Wunden drauf. Interessant dabei ist nicht nur das wahllos erscheinende Abschlachten nahezu aller Beteiligten, sondern auch die emanzipierte Art, wie Frauen nicht wie üblich als bloßes Sexobjekt und wehrlose Opfer präsentiert werden, sondern sich sehr wohl – gelegentlich zumindest – auch zu wehren wissen. 
Die Geschichte spielt dabei letztlich nur eine untergeordnete Rolle. Der Tod der Gräfin und ihr Tagebuch verweisen interessanterweise direkt auf „Blutige Seide“, und der schicke Clou des Finales macht noch einmal deutlich, wie unerwartet der Tod um die Ecke kommt. Damit schließt sich der Kreis zur ersten Szene, als eine Fliege erst noch unbekümmert die Natur in Augenschein nimmt und im nächsten Moment tot im Wasser landet. So, wie die Insekten von Paolo aufgespießt werden, kommen auch die Menschen in Bavas kompromisslosen Streifen um, so dass am Ende niemand mehr sicher sein kann. Gewiss ist nur der Tod. Vor allem die „Freitag, der 13.“-Reihe, aber auch viele später publizierten Splatter dürften sich vor allem von Bavas „Im Blutrausch des Satans“ inspiriert gefühlt haben.  

Kommentare

Beliebte Posts