Nachts, wenn das Skelett erwacht
Zwischen 1963 und 1968 hat Kameramann und Regisseur Freddie Francis für die britische Produktionsgesellschaft Hammer Films vier Filme gedreht, darunter den Psycho-Thriller „Haus des Grauens“ und die beiden Sequels „Frankensteins Ungeheuer“ und „Draculas Rückkehr“ zu den beiden erfolgreichsten Franchises, mit denen die eigentliche Erfolgsgeschichte von Hammer begann. Daneben filmte Francis aber auch für andere Studios, für den Hammer-Konkurrenten Amicus beispielsweise „Der Foltergarten des Dr. Diabolo“, „Der Puppenmörder“ und „Der Schädel des Marquis de Sade“. Für einen weit kleineren Hammer-Konkurrenten, Tony Tensers Tigon British Film Productions, entstand 1973 „Nachts, wenn das Skelett erwacht“ – mit den beiden Hammer-Stars Christopher Lee und Peter Cushing in den Hauptrollen.
1893 bringt Professor Emmanuel Hildern (Peter Cushing) ein riesengroßes, menschenähnliches Skelett aus Neu-Guinea mit, das für ihn den Beweis darstellt, dass es bereits vor der menschlichen Spezies intelligentes Leben auf der Erde gab. So sehr sich seine Tochter Penelope (Lorna Heilbron) danach sehnt, mehr Zeit mit ihrem Vater zu verbringen, ist er doch kaum aus dem Labor zu locken. Allein seinem Halbbruder James (Christopher Lee) stattet er einen Besuch ab. Schließlich kümmerte er sich während seiner Abwesenheit um die Beerdigung von Emmanuels Frau, einer Tänzerin, die sich gern anderen Männern hingab und schließlich wahnsinnig und in die von James geleitete Nervenheilanstalt eingewiesen wurde. Seiner Tochter erzählte der Professor jedoch, dass ihre Mutter früh verstorben sei. Als Hildern damit beginnt, die Hand des Skeletts mit Wasser zu säubern, bemerkt er überrascht, dass sich Fleisch an dem Finger bildet, den er zuerst gereinigt hat. Bevor sich dieser Prozess fortsetzen kann, hackt er den Finger ab und konserviert ihn für weitere Untersuchungen. In dem Blut glaubt der Wissenschaftler das Böse ausmachen zu können, doch als er ein Serum zur Neutralisation herstellt, glaubt er, ein Mittel gegen das Böse gefunden zu haben. Als seine Tochter verbotenerweise das Zimmer ihrer Mutter betritt und die Umstände ihres Todes entdeckt, spritzt Hildern auch ihr das Serum, muss aber erkennen, dass der ererbte Wahnsinn ihrer Mutter nun auch bei ihr ausgebrochen ist. Während die Polizei sowohl den aus der Anstalt entflohenen Irren Lenny (Kenneth J. Warren) als auch Penelope sucht, entdeckt James das Skelett und schleppt es in seine Kutsche, nicht ahnend, was passiert, wenn das Skelett mit Wasser in Berührung kommt …
Kritik:
Mit „The Creeping Flesh“ – so der Originaltitel der Tigon-Produktion – hat Freddie Francis einen ganz klassischen Gothic-Horror-Film geschaffen, der auf interessante Weise die Frage über die Natur des Bösen thematisiert. Damit bewegt er sich zweifellos auf Lovecrafts Pfaden, doch bleibt das Böse hier lange nur eine potentielle Bedrohung, die es allerdings rechtzeitig zu beseitigen gilt – allerdings erst nachdem es ausreichend wissenschaftlich analysiert worden ist.
Aus dem daraus resultierenden Wettlauf gegen die Zeit zieht „Nachts, wenn das Skelett erwacht“ dann auch seine Spannung, aber auch aus der Konkurrenz zwischen den Halbbrüdern, die beide im Rennen um einen renommierten Wissenschaftspreis liegen. Francis, der vor allem als Kameramann Furore machte und sowohl 1961 für seine Arbeit an dem Schwarzweiß-Film „Sons and Lovers“ als auch 1990 für Edward Zwicks Bürgerkriegsdrama „Glory“ mit einem Oscar ausgezeichnet wurde, findet auch für das 1973 entstandene Horrordrama atmosphärisch dichte Bilder, die für den passenden Gothic-Grusel sorgen. Aber natürlich gebührt auch dem eingespielten Freundes- und Schauspieler-Duo Christopher Lee und Peter Cushing ein großer Anteil am Gelingen des Films. Während Cushing einmal mehr hingebungsvoll den ambitionierten Wissenschaftler mit einem Hang zum Wahnsinn verkörpert, übernimmt Christopher Lee diesmal den abgeklärteren Part.
Das Skelett tritt erst zum Ende des Films so richtig in Erscheinung, dann aber eher als riesengroßer Schatten auf die Fassade von Hilderns Herrenhaus projiziert oder als schattenhafte Gestalt im alles verhüllenden schwarzen Gewand. So wird eine für das Genre recht interessante Geschichte in stimmungsvollen Bildern und mit Spannung erzählt, wobei die hervorragenden Darsteller das nötige Charisma mitbringen, den Film zu einem unterhaltsamen Sehvergnügen zu machen.
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