Abandoned

Zu den Höhepunkten von Joseph M. Newmans Hollywood-Karriere zählen die beiden Oscar-Nominierungen, die er als „Best Assistant Director“ für „David Copperfield“ und „San Francisco“ erhielt. Als alleinverantwortlicher Regisseur war Newman vor allem in den 1950er Jahren mit Filmen wie „Der Henker saß am Tisch“ (1950), „Geheimdienst schlägt zu“ (1951) und „Der Feuerspringer von Montana“ (1952) erfolgreich, ohne jedoch signifikante Spuren zu hinterlassen. Dabei legte er 1949 mit „Abandoned“ einen ebenso vielversprechenden wie ungewöhnlichen Film noir vor. 

Inhalt: 

Auf der Suche nach ihrer vermissten Schwester Mary ist Paula Considine (Gale Storm) aus dem beschaulichen Beaver Brook, Pennsylvania, nach Los Angeles gereist, wo sie im Polizeipräsidium eine Vermisstenanzeige aufgeben will. Der zuständige Polizeibeamte Humes (Sid Tomack) macht jedoch gerade Feierabend und rät Paula, ein entsprechendes Formular auszufüllen – gern auch zuhause - und womöglich morgen wiederzukommen. Da kommt zufällig der Zeitungsreporter Mark Sitko (Dennis O’Keefe) um die Ecke und fragt Paula nach Details zu ihrer Schwester. 
Als Paula ihm ein Foto von ihr zeigt, wirft auch Humes einen Blick darauf, glaubt, sie wiederzuerkennen, und rät der jungen Frau, im Leichenschauhaus nachzufragen. Paula merkt nicht, dass sie auf dem Weg zum Polizeipräsidium von dem Privatdetektiv Kerric (Raymond Burr) verfolgt wurde, Sitko jedoch schon. Als er Kerric zur Rede stellt, erfährt, dass Paulas verwitweter Vater ihn damit beauftragt habe, nach Mary zu suchen und Paula zu beschatten, da die eine Tochter ihn wahrscheinlich zur anderen führen werde. 
Tatsächlich werden Sitko und Paula in den Unterlagen des Leichenschauhauses fündig. Demnach wurde Mary kurz nach Entbindung eines Babys tot in einem Auto aufgefunden, offenbar durch Kohlenmonoxid vergiftet. Paula weiß jedoch, dass Mary nicht mal einen Führerschein hatte und sich nie umbringen würde. Sitko recherchiert die Lebensumstände der Toten und findet – auch durch seinen Freund bei der Polizei, Chief McRae (Jeff Chandler) - heraus, dass Mary weder verheiratet war noch einen Führerschein besaß. Auf der Suche nach Marys Baby stoßen Sitko und Paula auf eine von Mrs. Donner (Marjorie Rambeau) geführte Organisation, die uneheliche Kinder von armen Frauen an zahlungswillige Adoptiveltern verschachert. Sollten die leiblichen Mütter dann doch ihre Babys wiederhaben wollen, werden sie offenbar für immer zum Schweigen gebracht… 

Kritik: 

Anfang der 1940er Jahre war Dennis O’Keefe noch hauptsächlich in leichten Stoffen wie „Weekend for Three“ (1941), „Broadway Limited“ (1941), „Moonlight Masquerade“ (1942), „Tahiti Honey“ (1943) und „Hilfe, ich bin Millionär“ (1945) zu sehen, doch sein kantiges Gesicht war auch für den Film noir wie geschaffen, was er in Fritz Langs „Auch Henker sterben“ (1943), Anthony Manns „Geheimagent T“ (1947) und „Flucht ohne Ausweg“ (1948) unter Beweis stellte. 
In Joseph M. Newmans „Abandoned“ überzeugt O’Keefe als aufmerksamer Zeitungsreporter, der zwar hinter Paulas Suche nach ihrer Schwester eine Geschichte wittert, aber sich ganz Gentleman-like in erster Linie darum kümmert, der sympathischen Paula bei ihrer schwierigen Suche zu helfen. Dabei geraten sie in einen üblen Sumpf des organisierten Verbrechens, das von einer ungewöhnlichen Femme fatale beherrscht wird. 
Die alte Mrs. Donner betört nicht etwa wie die klassische Ausprägung unschuldige Männer mit ihrem Charme, sondern betätigt sich als vermeintlich christliche Dame, die ihre jungen Klientinnen mit einer Bibel in ihr Spinnennetz lockt und den werdenden Müttern verspricht, sich in einer ansprechenden Umgebung um ihr Heil zu kümmern. 
„Abandoned“ unterhält mit einem flott inszenierten Plot, gut aufgelegten Darstellern und der stimmungsvollen Kameraarbeit von William H. Daniels („Die Katze auf dem heißen Blechdach“, „Stadt ohne Maske“). 

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