An Act of Murder
In seiner dreißigjährigen Hollywood-Karriere hat Michael Gordon einige bemerkenswerte Film noirs inszeniert. Neben „Das Netz“ (1947), „Spielfieber“ (1949) und „Dein Leben in meiner Hand“ (1950) gehört auch der hierzulande nahezu unbekannte „An Act of Murder“ (1948) dazu, der auf eindringliche Weise der moralischen wie juristischen Frage der Euthanasie nachgeht.
Calvin Cooke (Fredric March), ein prinzipientreuer und hartnäckiger Richter, leitet einen Mordfall, in dem es dem Anwalt David Douglas (Edmond O’Brien) nicht gelingt, nachzuweisen, dass der Geisteszustand seines Mandanten ein mildernder Faktor in dem ihm zur Last gelegten Mord war.
Cookes Tochter Ellie (Geraldine Brooks), die mit David liiert ist, beklagt sich bei ihrer Mutter Cathy (Florence Eldridge) darüber, wie unnachgiebig ihr Vater sein kann, doch Cathy betont, dass Calvin vor allem ein liebevoller Ehemann sei.
Auf der Feier anlässlich ihres 20. Hochzeitstages holt David Ellie zu einem Date ab und streitet sich mit dem Richter über ihr unterschiedliches Rechtsempfinden.
Cathy nutzt die Gelegenheit, auf der Party mit Dr. Walter Morrison (Stanley Ridges), einem erfahrenen Neurologen und Freund der Familie, über ihre zeitweise auftretenden Schwächeanfälle und Kopfschmerzen zu sprechen. In seinem Büro führt Morrison eine Reihe von Tests durch und konsultiert dann andere Experten, die seine Diagnose bestätigen. Anstatt ihr die Wahrheit zu sagen, kontaktiert Morrison ihren Ehemann, um ihn darüber zu informieren, dass Cathy einen inoperablen Gehirntumor hat und darunter zunehmend leiden wird, bis sie daran stirbt.
Cooke stimmt nach einigen Bedenken zu, die Informationen geheim zu halten, anstatt ihr die verbleibenden Tage zu verderben. Der Arzt gibt ihm eine Flasche mit Pillen namens Demarine zur Schmerzlinderung mit, warnt ihn aber eindringlich vor der Höchstdosis von zwei Tabletten pro Tag.
Cooke, der zuvor noch meinte, zu beschäftigt zu sein mit Fällen, willigt nun ein, mit Cathy wie gewünscht eine zweite Hochzeitsreise zu unternehmen. Doch ausgerechnet während der Reise verschlechtert sich Cathys Zustand rapide. Die Kopfschmerzen sind so stark, dass nicht mal das Medikament wirkt, das Calvin ihr als Aspirin verabreicht. Als die Cookes vorzeitig abreisen, reift in Calvin ein tödlicher Plan…
Kritik:
Michael Gordon verfilmte mit „An Act of Murder“ den 1935 veröffentlichten Roman „Die Mühle der Gerechtigkeit“ von Ernst Lothar. Der Film beginnt mit einer Gerichtsverhandlung, in dessen Verlauf Richter Cooke bereits das Strafmaß von 20 Jahren für den Angeklagten auf seinem Notizblock festhält, während der engagierte Strafverteidiger David Douglas verzweifelt versucht, mildernde Umstände für die Tat seines Mandanten ins Feld zu führen.
Wer nach diesem Auftakt allerdings einen Justizkrimi erwartet, sieht sich schnell getäuscht, denn nach der kurzen Verhandlung und der anschließenden Urteilsverkündung durch den offensichtlich voreingenommenen Richter entfaltet sich vor allem ein Familiendrama, in dessen Zentrum Cathys inoperabler Gehirntumor steht, von dem nur ihr behandelnder Arzt und ihr Mann etwas wissen. Um ihr die Zeit, die ihr noch bleibt, möglichst unbeschwert zu bereiten, behält Calvin das tödliche Geheimnis für sich und bringt sich damit in ein moralisches Dilemma, schließlich hat er seine Frau noch nie belogen.
Gordon und seine beiden Drehbuchautoren Michael Blankfort („Der gebrochene Pfeil“, „Die Caine war ihr Schicksal“) und Robert Thoeren („Manche mögen’s heiß“, „Hotel Imperial“) stellen die schweren Gewissensentscheidungen, die den Richter umtreiben, immer wieder auf den Prüfstein. Da wird ein von einem Auto angefahrener Hund von einem Polizisten erschossen, um ihn von seinem Leid zu erlösen. Wenig später muss Cooke tatenlos mitansehen, wie seine geliebte Frau sich unter Schmerzen windet.
Was folgt, ist sicher vorhersehbar, aber interessant ist, wie Cooke mit seiner Tat umgeht, wie er sich der Verantwortung stellt und die Rechtsprechung auf sich ebenso angewendet sehen will wie auf seine Mitmenschen, über deren Schicksal die Geschworenen in seinem Gerichtssaal entscheiden.
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