Casablanca
Der 1886 im ungarischen Budapest geborene Michael Curtiz hat schon in den 1930er Jahren einige bemerkenswerte Filme wie „Der geheimnisvolle Dr. X“ (1932), „Der Detektiv und die Spielerin“ (1933), „Das Geheimnis des Wachsfigurenkabinetts“ (1933), „In blinder Wut“ (1935), „Unter Piratenflagge“ (1935), „Der wandelnde Leichnam“ (1936) und „Die Abenteuer des Robin Hood“ (1938) inszeniert, aber 1942 schuf er mit „Casablanca“ einen Klassiker, der ihn unsterblich machen sollte und Humphrey Bogart und Ingrid Bergman als eines der berühmtesten Leinwand-Liebespaare etablierte.
Während Hitlers Truppen im Jahr 1941 unaufhaltsam durch Europa wüten, hat sich die nordafrikanische Stadt Casablanca als Treffpunkt und Zwischenstation aller Arten von Flüchtlingen, Ganoven und Spielern etabliert. Wem es gelingt, eines der begehrten Transit-Visa zu ergattern, kann über Lissabon in die Vereinigten Staaten fliehen, doch viele der hier Gestrandeten bleiben zwangsläufig in Casablanca hängen. In der von Frankreichs Vichy-Regime verwalteten Stadt stellt Ricks „Café Américain”, das dem US-amerikanischen Einzelgänger Richard Blaine (Humphrey Bogart) gehört, ein beliebter Treffpunkt dar, in dem auch der französische Polizeipräfekt Renault (Claude Rains) gern zu Gast ist. Zwar hat Rick einst selbst im spanischen Bürgerkrieg gegen Franco gekämpft und war in Äthiopien als Waffenschmuggler für die Widerstandskämpfer tätig, doch mittlerweile interessieren ihn nur seine eigenen Angelegenheiten. Im Gegensatz zu Rick ist Renault ein Opportunist, der sich auch den deutschen Nationalsozialisten anbiedert.
Nachdem zwei deutsche Kuriere auf dem Weg nach Casablanca ermordet und ihnen dabei Ausreisevisa gestohlen werden, vermuten die deutschen Behörden den tschechischen Widerstandskämpfer Victor Laszlo (Paul Henreid) hinter dem Anschlag. Laszlo ist den Nazi-Behörden schon mehrmals entwischt, zuletzt aus einem Konzentrationslager. Der Nazi-Major Strasser (Conrad Veidt) kommt mit seinem Gefolge nach Casablanca, um Laszlo endlich mundtot zu machen.
Als Laszlo tatsächlich mit seiner Frau Ilsa Lund (Ingrid Bergman) in Casablanca auftaucht, soll
Renault die Nazis bei dem Vorhaben unterstützen. Der Polizeipräfekt vermutet zurecht, dass kein anderer als Rick die gestohlenen Visa in seinem Besitz hat, nachdem sie ihm von Ugarte (Peter Lorre) zur Aufbewahrung übergeben worden waren. Ugarte widersetzt sich seiner Verhaftung, wird festgenommen und später getötet. Bei ihrem Besuch in Ricks Café bittet Ilsa den Pianisten Sam (Dooley Wilson) darum, das Stück „As Time Goes By“ zu spielen, was in Rick unliebsame Erinnerungen hochkommen lässt, denn Rick und Ilsa haben sich kurz vor der Einnahme der französischen Hauptstadt durch die deutschen Truppen ineinander verliebt, doch als sie gemeinsam mit dem Zug nach Marseille den Nazis entkommen wollten, wartete Rick vergeblich auf Ilsa am Bahnhof…
Laszlo versucht überall in Casablanca, Visa aufzutreiben, und wird an Rick verwiesen, doch der hat wegen seiner Vergangenheit mit Lisa kein Interesse daran, dem Rivalen zu helfen, bis Ilsa ihm ein ungewöhnliches Geständnis macht…
Kritik:
Betrachtet man den 1942 abgedrehten „Casablanca“ im Rückblick und vor dem Hintergrund der im Januar 1943 abgehaltenen Casablanca-Konferenz mit dem amerikanischen Präsident Roosevelt und dem britische Premierminister Churchill, auf der beide die Landung der Alliierten auf Sizilien beschlossen, mag der propagandistische Charakter des Films gegen die Nazis im Vordergrund stehen, doch ist das Melodram vor allem als zeitloses Liebesdrama in die Geschichte eingegangen.
Jenseits aller politischen Positionen und Auseinandersetzungen zwischen Nazis, ihren Gefolgsleuten und den Widerstandskämpfern mit ihren Sympathisanten steht nämlich der Kampf zweier Männer um die Liebe einer Frau im Mittelpunkt. Michael Curtiz hat diese Konfrontation, bei der die Gewährung der lebenswichtigen Visa über Leben und Tod entscheidet, recht unsentimental und schnörkellos umgesetzt. Dabei gewinnt „Casablanca“ nicht nur durch das musikalische Hauptthema – das Stück „As Time Goes By“ zieht sich ebenso wie Ricks Spruch „Ich schau‘ dir in die Augen, Kleines“ wie ein Leitmotiv durch den ganzen Film – an Intensität, sondern vor allem durch die grandiosen Darsteller.
Humphrey Bogart spielt den nüchternen Geschäftsmann Rick mit einer überzeugenden Coolness, die er bis zum aufopferungsvollen Finale kompromisslos durchzieht. Ingrid Bergman wiederum verkörpert die sowohl von Laszlo als auch von Rick geliebte Ilsa so intensiv, als würde sie von der schmerzhaften Wahl zwischen den beiden Männern innerlich zerfressen. Die stimmige Chemie zwischen den beiden Darstellern macht „Casablanca“ zu einem nie erreichten Klassiker, den das deutsche Publikum übrigens erst 1952 in einer völlig verfälschten, um 24 Minuten gekürzten Fassung zu sehen bekam. Da wurde aus dem Widerstandskämpfer Laszlo ein norwegischer Atomphysiker und die Figur des Major Strassers gänzlich gestrichen. Erst in den 1970er Jahren wurde der komplette Film synchronisiert und erstmals ungekürzt im deutschen Fernsehen gezeigt.
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