Gilbert Grape - Irgendwo in Iowa
Auch große Hollywood-Stars haben mal klein angefangen. Für Leonardo DiCaprio, der seine Karriere in Fernsehserien wie „Lassie“, „Roseanne“, „Parenthood“ und „Unser lautes Heim“ begann und sein Leinwanddebüt 1991 in der Horror-Komödie „Critters 3 – Die Kuschelkiller kommen“ feierte, wurde sein Oscar-nominierte Auftritt in Lasse Hallströms „Gilbert Grape – Irgendwo in Iowa“ (1993) zum Sprungbrett für seine weitere Karriere. An seiner Seite brillierten allerdings auch Jungstars wie Johnny Depp und Juliette Lewis.
Nach dem Tod ihres Mannes hat die stark übergewichtige Bonnie Grape (Darlene Cates) das Haus in der Einöde von Endora, Iowa, nicht mehr verlassen. Für den Lebensunterhalt der Familie ist vor allem ihr ältester Sohn Gilbert (Johnny Depp) zuständig, der beim örtlichen Lebensmittelhändler arbeitet und sich zudem aufopferungsvoll um seinen fast achtzehnjährigen, geistig zurückgebliebenen Bruder Arnie (Leonardo DiCaprio) kümmert, während sich die beiden Schwestern Amy (Laura Harrington) und Ellen (Mary Kate Schellhardt) vor allem den Haushalt schmeißen. Etwas Abwechslung verschafft ihm die Affäre mit der verheirateten Betty Carver (Mary Steenburgen) und die regelmäßigen, publikumswirksamen Kletter-Ausflüge seines Bruders auf den örtlichen Wasserturm. Erst als die junge Streunerin Becky (Juliette Lewis) mit ihrer Großmutter nach einer Autopanne in Endora strandet, lernt Gilbert auch eine unbeschwertere Seite des Lebens kennen…
Kritik:
Nach seinem US-Debüt mit „Ein charmantes Ekel“ (1991) inszenierte Lasse Halmström mit „Gilbert Grape“ das Drehbuch von Peter Hedges („About a Boy“, „Dan – Mitten im Leben“) auf der Grundlage seines eigenen Romans. Es ist gleichermaßen einfühlsame Familiengeschichte, bewegendes Coming-of-Age-Drama und Milieustudie. Zwar ist die kaum ihren Platz vom Fernsehsofa verlassene Momma auch das in erster Linie körperlich dominierende Zentrum des Films, um die sich ihre viel zu früh in die Verantwortung gezogene Kinder wie ein wilder, zerstreuter Haufen bewegen, doch lassen Hedges und Hallström keinen Zweifel daran, dass diese physisch so imponierende Persönlichkeit, die sich auch aus Scham nicht in die Öffentlichkeit traut, auch eine sehr zartfühlende Frau ist, die um die Bürde weiß, die sie ihren Kindern auflädt, und gern mehr für Arnie sorgen würde, der mit seiner temperamentvollen Art die ganze Familie auf Trab hält.
Dagegen spielt Johnny Depp Arnies großen Bruder angenehm zurückhaltend. Sein Gilbert ist ein junger Mann, der nur davon träumt, ein guter Mensch zu sein, ansonsten sich aber ganz der Pflichterfüllung gegenüber seinen Mitmenschen hingibt. Ob es die erotischen Episoden mit der fordernden Betty sind oder sein Chef, der sich um die große Konkurrenz durch den Supermarkt „Foodland“ fürchtet, stets kümmert sich Gilbert um die Bedürfnisse der anderen, wie die weit in den Staaten herumgekommene Becky schnell feststellt.
„Gilbert Grape“ nimmt sich zudem die Zeit, auch andere einfache Menschen in Endora vorzustellen, den aufgeregten Burgerbrater Tucker (John C. Reilly) ebenso wie den jungen Bestatter Bobby (Crispin Glover) und Bettys Mann (Kevin Tighe), der als Versicherungsvertreter auch Gilbert darauf aufmerksam macht, dass es keine Absicherung für seine Familie gäbe, sollte ihm etwas zustoßen.
In wenigen Szenen werden die Sorgen und Träume ganz gewöhnlicher Menschen auf dem Land skizziert, wobei Hallström zusammen mit seinem versierten Kameramann Sven Nykvist („Fanny und Alexander“, „Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins“) auch die passend leuchtend warmen Bilder liefert, um das einfache Leben Iowa einzufangen (auch wenn der Film überwiegend in Texas gedreht worden ist). Leonardo DiCaprio spielt den begeisterungsfähigen, bewegungssüchtigen Arnie so glaubwürdig, dass seine Oscar-Nominierung als bester Nebendarsteller mehr als verdient gewesen ist.
Für Johnny Depp ging es anschließend mit Tim Burtons „Ed Wood“, Jeremy Levens „Don Juan DeMarco“ und Jim Jarmuschs „Dead Man“ ebenso die Karriereleiter hinauf wie für den jungen Leonardo DiCaprio mit Sam Raimis Western „Schneller als der Tod“, Baz Luhrmanns „Romeo + Juliet“ und James Camerons „Titanic“.
Kommentare
Kommentar veröffentlichen