Bis zur letzten Stunde

Norman Foster hat seine Karriere in Hollywood als Schauspieler in den 1930er Jahren begonnen, wo er in Filmen wie „Suicide Squad“ (1935) und „High Tension“ (1936) prominent besetzt wurde, ehe er 1936 erstmals bei „I Cover Chinatown“ auch Regie führte und in der Folge eine Reihe von „Mr. Moto“- und „Charlie Chan“-Filmen inszenierte. Mit „Bis zur letzten Stunde“ (1948) präsentierte Foster schließlich einen ungewöhnlichen Film noir mit Burt Lancaster und Joan Fontaine in den Hauptrollen. 

Inhalt: 

Im Nachkriegs-London naht die Sperrstunde. Thomas Widgers (Colin Kenny) schließt die Fenster und bittet die Gäste seiner Bar „Anchor and Dolphin“ zu gehen. Während der Pianist Harry Carter (Robert Newton) noch sein Glas leert, spricht der Wirt auch den am Tresen zusammengesunkenen William Earle Saunders (Burt Lancaster) an, der die Aufforderung zum Gehen mit einem Kinnhaken quittiert, worauf der Wirt zusammenbricht und sich den Kopf am Fuß des Klaviers tödlich aufschlägt. Alarmiert durch den Schrei der Kellnerin (Marilyn Williams), flüchtet Saunders aus dem Lokal und entkommt auch den ihn verfolgenden Polizisten. Vom Dach eines Lagerschuppens verschafft sich Saunders durch ein Fenster Zugang zur Wohnung der Krankenschwester Jane Wharton (Joan Fontaine) und schafft es, sie zu beruhigen, als sie aufwacht. Anstatt die Polizei zu informieren, geht die alleinlebende Krankenschwester am nächsten Morgen wie gewohnt zur Arbeit und ist überrascht, dass Saunders sie zum Feierabend nicht nur in Empfang nimmt, sondern sie auch in den Zoo begleitet. 
Jane erfährt, dass Saunders aus Kanada stammt und nach dem Krieg, den er die letzten zwei Jahre als Kriegsgefangener der Nazis verbrachte, in London gestrandet ist, wo er sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser hält. Dass Saunders nach seinen Erlebnissen im Krieg aber psychisch labil ist und zu unkontrollierten Ausbrüchen von Gewalt neigt, erlebt Jane erst, als sie schon in Saunders zu verlieben begonnen hat. Nachdem er einen Polizisten niedergeschlagen hat, wird Saunders zu sechs Monaten Gefängnis und körperlicher Züchtigung mit der Peitsche verurteilt. Nach seiner Entlassung nimmt der Barpianist Carter Kontakt zu ihm auf und versucht, ihn mit den Ereignissen im Pub zu erpressen. Jane verschafft Saunders einen Job als LKW-Kurier für Medikamente, von denen Carter hofft, einiges abzweigen zu können. Doch ausgerechnet bei der Fahrt, an dem der abgesprochene Überfall stattfinden soll, will Jane Saunders begleiten… 

Kritik: 

Normalerweise verführt eine zwielichtige Femme fatale einen unbescholtenen Mann zu Taten, die ihm später zum Verhängnis werden. In Norman Fosters „Kiss the Blood Off My Hands“, der Verfilmung eines Romans von Gerald Butler („On Dangerous Ground“, „Der Spielteufel“), werden die Rollen jedoch vertauscht. Burt Lancaster, dessen Karriere erst zwei Jahre zuvor mit den Film noirs „Rächer der Unterwelt“, „Zelle R 17“ und „Desert Fury“ furios startete, verkörpert einen an sich smarten Kerl, dem die Erlebnisse im Krieg und vor allem in der Gefangenschaft bei den Nazis ordentlich zugesetzt haben. 
Er wird nicht durch eine ruchlose Femme fatale in sein Unglück gestürzt, sondern durch seine eigene Vergangenheit, die sich immer wieder in unkontrollierten Gewaltexzessen Bahn bricht und Saunders in neue Schwierigkeiten bringt, zunächst in der Beziehung zu der selbstbewussten Krankenschwester, die ihren Geliebten ebenfalls an den Krieg verloren hat, dann in der Bewältigung seines Lebens, das ihm der schmierige Kleinganove Harry Carter zur Hölle macht. 
„Bis zur letzten Stunde“ beginnt mit der temporeichen Verfolgungsjagd in Londons nächtlichen Straßen (auch wenn diese komplett in den Universal-Studios stattfand) äußerst vielversprechend und setzt sich über die sich anbahnende Romanze zwischen dem aus der Bahn geworfenen Kriegsveteranen und der taffen Krankenschwester fort. Hier sind Foster und seinem Kameramann Russell Metty („Spartacus“, „Der Omega-Mann“) vor allem im Zoo und auf der Pferderennbahn schöne Aufnahmen gelungen, die zudem den düsteren Ton der Geschichte aufhellen. Die Romanze nimmt schließlich viel Raum in dem 80-minütigen Drama ein, so dass der ambivalente Charakter des psychisch angeschlagenen Saunders nicht so intensiv zur Geltung kommt, wie man es bei einem Film noir erhoffen dürfte.  

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