Tokio-Joe

Nachdem Humphrey Bogart in den 1930er Jahren noch in zweiter Reihe hinter Stars wie James Cagney, Edward G. Robinson oder George Raft vor allem in Gangsterfilmen besetzt worden war, mauserte er sich in den 1940er Jahren vor allem in Film noirs wie Raoul Walshs „Entscheidung in der Sierra“ (1941) und John Hustons „Die Spur des Falken“ (1941) sowie Michael Curtiz‘ Melodram „Casablanca“ (1942) zum Star. Zwar war Bogart dann auch in vielen weiteren Film noirs zu sehen, doch nur wenige davon erlangten hierzulande eine größere Bekanntheit. Dazu zählt auch Stuart Heislers „Tokio-Joe“ aus dem Jahr 1949. 

Inhalt:

Nach Ende des Zweiten Weltkrieges kehrt Joe Barrett (Humphrey Bogart) nach Tokio zurück, um seinen Nachtclub „Tokyo Joe“ wieder zu eröffnen. Als er seinen japanischen Partner Ito (Teru Shimada) in den vertrauten Räumlichkeiten besucht, die im besetzten Japan offiziell nicht als Spielcasino betrieben werden dürfen, erfährt Joe, dass seine russisch-stämmige Frau Trina (Florence Marly) nicht im Krieg gestorben sei, wie er vermutet hatte. Doch als Joe ihre Adresse herausfindet, erlebt er eine böse Überraschung, denn Trina ist mittlerweile mit dem Rechtsanwalt Mark Landis (Alexander Knox) verheiratet und hat eine Tochter namens Anya. Das hält Joe allerdings nicht davon ab, Trina noch immer zu lieben und zurückgewinnen zu wollen, worüber er auch seinen Nebenbuhler in Kenntnis setzt. 
Um länger als die sechzig Tage des bewilligten Visums in Japan bleiben zu können, bewirbt er sich um eine Luftfahrtkonzession, doch die Bewerbung zieht sich unerwartet in die Länge. Während der gut vernetzte Landis seine Kontakte nutzt, um Joe nicht länger als nötig im Land verweilen zu lassen, macht Ito Joe mit dem Gangster Baron Kimura (Sessue Hayakawa) bekannt, der einwilligt, Landis zu einer Partnerschaft mit Joe zu zwingen. Schließlich enthüllt Trina ihm ein weiteres Geheimnis, das Joe in eine schwierige Situation bringt… 

Kritik: 

„Tokio-Joe“ präsentiert sich eher als Abenteuerfilm als waschechter Film noir. Für den exotischen Touch sorgten vor allem die Originalaufnahmen, die Second-Unit-Regisseur Art Black mit den beiden Kameramännern Joseph F. Biroc und Emil Oster jr. in Tokio machte, wofür die US-Besatzungsbehörden erstmals nach dem Zweiten Weltkrieg eine Genehmigung erteilten. 
Vor diesem Hintergrund wirken die fiesen Charaktere der japanischen Protagonisten etwas authentischer, täuschen aber nicht darüber hinweg, dass der von Bogarts eigener Produktionsfirma Santana realisierte Film nach Hollywood-Art noch einmal einen deftigen Denkzettel nach dem Angriff der Japaner auf Pearl Harbor verpassen wollte. 
In erster Linie ist „Tokio-Joe“ natürlich ein Star-Vehikel für Humphrey Bogart selbst, aber sein aufopferungsvoller Kampf um seine frühere Ehefrau funktioniert ganz gut, obwohl die sehr aristokratisch wirkende Florence Marly („Krakatit“, „Das Boot der Verdammten“) nicht die für den Film noir typische Femme fatale abgeben muss. 
Ein besonderes Vergnügen stellt die Performance des früheren japanischen Stummfilmstars Sessue Hayakawa („Der Betrug“, „The Dragon Painter“) dar, der während des Zweiten Weltkriegs nach Frankreich emigriert war und für den „Tokio-Joe“ die erste Hollywood-Produktion seit vielen Jahren darstellte. Später sollte er noch in dem Kriegsfilm-Klassiker „Die Brücke am Kwai“ (1957) zu sehen sein. Abgesehen von den darstellerischen Leistungen bietet „Tokio-Joe“ ein romantisches Abenteuer vor exotischer Kulisse, kann aber mit anderen Santana-Produktionen wie „Ein einsamer Ort“ und „Schach dem Teufel“ nicht mithalten.  

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