Deported
Der 1900 in Deutschland geborene Robert Siodmak hat seine Karriere in den USA etlichen bemerkenswerten Film-noir-Produktionen wie „Zeuge gesucht“ (1944), „Unter Verdacht“ (1944), „Die Wendeltreppe“ (1946), „Rächer der Unterwelt“ (1946) und „Gewagtes Alibi“ (1949) zu verdanken. Der 1950 entstandene Film noir „Deported“, der hierzulande unter dem Titel „Abgeschoben“ erst 1993 im deutschen Fernsehen ausgestrahlt wurde, fasziniert dagegen eher mit schönen Aufnahmen der italienischen Landschaft als durch die vom Schicksal Lucky Luciano inspiriert worden ist.
Nachdem er fünf Jahre Haft für einen Raub abgesessen hat, wird der Gangster Vic Smith (Jeff Chandler) nach Italien abgeschoben, wo er als Vittorio Sparducci geboren wurde. Als er mit dem Schiff in Neapel ankommt, wird er von Vito Bucelli (Claude Dauphin), einem Beamten des italienischen Innenministeriums, darauf hingewiesen, dass er noch am gleichen Tag in seine Heimatstadt Marbella abreisen müsse und diese für 30 Tage nicht verlassen dürfe.
Vic will gerade ein Taxi besteigen, als die schöne Gina Carapia (Marina Berti) ihm Gesellschaft leistet und ihn zu Vics früheren Komplizen Bernardo „Bernie“ Gervaso (Richard Rober) bringt, der nun von Vic seinen Anteil von 100.000 Dollar aus dem Raub verlangt. Vic hingegen ist der Meinung, dass ihm durch die alleinige Abbüßung der fünfjährigen Haftstrafe die gesamte Beute zustehe, und schlägt Bernie nieder. In Marbello wird Vic von seinem Onkel Armando (Silvio Minciotti) herzlich in Empfang genommen. Der Brotbäcker lässt Vic bei sich im Haus wohnen und richtet ein Fest für ihn aus, wo Vic die Gäste in dem Glauben lässt, für die Regierung einen Geheimauftrag in den USA ausgeführt zu haben.
Wenig später lernt Vic die verwitwete Gräfin Christine di Lorenzi (Märta Torén) kennen, die sich um die Organisation amerikanischer Hilfsgüter für die Bedürftigen kümmert.
Der örtliche Schwarzmarkthändler Guido Caruso (Carlo Rizzo) schlägt Vic ein Geschäft vor, das Vic hilft, die in den USA versteckten 100.000 Dollar nach Italien zu bringen. Das Geld soll dafür verwendet werden, Hilfspakete in den USA zu kaufen und sie per Schiff nach Italien bringen zu lassen, wo sie aus dem Lager gestohlen und auf dem Schwarzmarkt weiterverkauft werden soll. Doch ganz so einfach lässt sich der Coup nicht abwickeln, denn Bucelli folgt seinem Gespür, dass Vic irgendwie seine kriminelle Karriere wieder aufnehmen will, und hat den Ex-Häftling ebenso im Visier wie Bernie. Und dann verliebt sich Vic auch noch in die Gräfin…
Kritik:
Nachdem Lucky Luciano als Mafiaboss der Ostküste 1936 eine Haftstrafe wegen des Betreibens eines Prostitutionsrings abgesessen hatte, wurde er nach Italien ausgewiesen, wo er im Februar 1946 in Neapel mit dem Schiff ankam. Diese Geschichte diente den Autoren Robert Buckner („Sieg über das Dunkel“, „Der Mann ohne Gesicht“) und Lionel Shapiro („Zwischen Himmel und Hölle“) als Blaupause für einen überwiegend in der Bucht von Neapel, in den Hügeln bei Siena und den Cinecittà Studios in Rom gedrehten Film, der eine Mischung aus Film noir, romantisches Liebesdrama und Landschaftsfilm darstellt. Jeff Chandler („Der gebrochene Pfeil“, „Des Teufels Lohn“) spielt einen Italiener, für den der amerikanische Traum nur zum Teil in Erfüllung gegangen ist. Zwar hat er auf kriminelle Weise ein Vermögen erworben, wird allerdings in seine Heimat deportiert. Vics Missvergnügen über diesen Umstand ändert sich jedoch, als er so herzlich in Marbella empfangen wird und sich in die attraktive wie wohltätige und verwitwete Gräfin Christina verliebt.
Während der Krimiplot – mit Marina Berti („Quo vadis?“, „Die Lust des Bösen“) als überzeugende Femme fatale - ebenso wie die Romanze zwischen Vic und der Gräfin vorhersehbaren Pfaden folgen, verführen vor allem die Landschaftsaufnahmen von William H. Daniels („Fluchtweg unbekannt“, „Zelle R 17“).
Für Siodmak, der als politisch Linker vorausschauend skeptisch den Aktivitäten von McCarthy gegenüberstand, war „Deported“ die perfekte Gelegenheit, Hollywood den Rücken zu kehren und wieder in Europa Filme zu drehen.
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