Chicago - Engel mit schmutzigen Gesichtern

Bereits in seiner damals noch ungarisch-österreichischen Heimat avancierte Kertész Mihály in den 1910er Jahren zu einem vielbeschäftigten Regisseur, was sich nach seiner Emigration in die USA und die Umbenennung in Michael Curtiz nicht ändern sollte. Neben seinem Hit mit „Casablanca“ (1942) war Curtiz vor allem für Abenteuerfilme wie „Unter Piratenflagge“ (1935), „Die Abenteuer des Robin Hood“ (1938), „Der Heer der sieben Meere“ (1940) und „Der Seewolf“ (1941) bekannt, doch drehte er auch einige interessante Film noirs wie „Der Unverdächtige“ (1947) und „Alle Spuren verwischt“ (1956). Einen frühen Beitrag zum Genre lieferte er 1938 mit „Chicago – Engel mit schmutzigen Gesichtern“ mit James Cagney in der Hauptrolle und Humphrey Bogart in einer bedeutenden Nebenrolle. 

Inhalt: 

Die beiden Freunde William „Rocky“ Sullivan und Jerome „Jerry“ Connelly wachsen in den Straßen eines Chicagoer Armenviertels auf und leben von der Hand in den Mund. 1923 werden sie bei einem gemeinsamen Einbruch in einen Güterwagon von der Polizei entdeckt, doch im Gegensatz zu Jerry, der schneller als die Polizisten ist, wird Rocky gefasst und ins Jugendgefängnis gesteckt, wo ihn der Kontakt zu den Kriminellen nach seiner Entlassung zu einer Karriere als Gangster animiert. 1938 hat sich Rocky (James Cagney) bereits einen Namen als Gangster während der Prohibition gemacht, als er nach der Verbüßung einer dreijährigen Haftstrafe in das Stadtviertel zurückkehrt, in dem er aufgewachsen ist. Dort sucht er natürlich auch seinen alten Kumpel Jerry (Pat O’Brien) auf, der mittlerweile als Pater in der Sozial- und Jugendarbeit aktiv ist. Über ihn bekommt er die Adresse für ein möbliertes Zimmer zur Miete und trifft so die junge Sozialarbeiterin Laury Ferguson (Ann Sheridan), die er noch als junges Mädchen in Erinnerung hat. Durch einen Taschendiebstahl lernt Rocky auch die Jugendbande (Dead End Kids) an, die sich im Keller eines Hauses ihr Operationszentrum eingerichtet hat. Für sie ist Rocky ein Idol, dem sie begeistert nachzueifern versuchen – sehr zum Unmut von Jerry, der seine Jungs von Rocky nicht korrumpieren lassen möchte. 
Was Rocky aber selbst zu schaffen macht, ist der Verbleib der 100.000 US-Dollar, die er einst bei seinem Geschäftspartner, dem korrupten Anwalt James Frazier (Humphrey Bogart), hinterlegt hatte, der allerdings mittlerweile Gefolgsmann des Unterwelt-Bosses Keefer (George Bancroft) geworden ist und nicht daran denkt, das Geld an Rocky auszuhändigen. Rocky entgeht einem Mordanschlag und entführt Frazier. Er kann die 100.000 US-Dollar erpressen und nimmt auch brisante Akten an sich, die Keefer und Frazier hinter Gitter bringen können. Durch deren Besitz wird er zum Geschäftspartner von Keefer und Frazier, die ihn aber immer noch gerne beseitigen würden… 

Kritik: 

Michael Curtiz‘ „Angels with Dirty Faces“ – so der Originaltitel – ist eigentlich mehr ein klassischer Gangsterfilm als Film noir, arbeitet er doch sehr akribisch heraus, wie eine Gangsterkarriere zustande kommen kann. Curtiz fängt nicht nur die hektisch belebte Atmosphäre im Armenviertel ein, sondern begleitet auch das Treiben der Jugendbande, die von der tatsächlich „Dead End Kids“ benannten Gruppe von Jugendlichen verkörpert wird, die zwischen 1935 und 1939 in sieben Filmen und einem Theaterstück zu sehen waren, angefangen bei William Wylers „Sackgasse“. Ebenso eindringlich stellt Curtiz die gegensätzliche Entwicklung der beiden Jugendfreunde Rocky und Jerry dar, auch wenn das dramatische Finale etwas moralinsauer daherkommt. 
Doch bis dahin stellt „Chicago – Engel mit schmutzigen Gesichtern“ ein gekonnt inszeniertes Gangsterdrama dar, in dem James Cagney als selbstbewusste Gangstergröße in einer Paraderolle zu sehen ist und Humphrey Bogart in der ungewöhnlichen Rolle eines korrumpierten Anwalts.  
Cagney und Bogart drehten kurz darauf den Gangsterfilm „Die wilden Zwanziger“ und den Western „Oklahoma Kid“ (beide 1939) zusammen.  

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