Singapur

John Brahm (eigentlich Hans Julius Abrahamson), dem als Sohn eines Schauspielers und Neffe eines Regisseurs und Theaterdirektors aus das Filmgeschäft bereits im Blut lag und seine schauspielerische Laufbahn 1911 am Hamburger Thalia Theater begann, hat nach seiner Emigration über Frankreich und England in die USA im Jahr 1937 vor allem durch die beiden Gruselkrimis „Scotland Yard greift ein“ (1944) und „Scotland Yards seltsamster Fall“ (1945) Bekanntheit erlangt, in seiner langjährigen Karriere aber auch einige wenige Film noirs abgedreht, darunter den 1947 entstandenen „Singapur“ mit Ava Gardner und Fred MacMurray in den Hauptrollen. 

Inhalt: 

Der Seemanns-Kapitän und Perlenschmuggler Matt Gordon (Fred MacMurray) kehrt nach fünf Jahren nach Singapur zurück, wo er sich kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs in Linda Grahame (Ava Gardner) verliebt hatte. Die beiden hatten bereits ihre Hochzeit geplant, als die Japaner Singapur angriffen und dabei die Kirche zerstörten, in der Linda auf ihn gewartet hat. Als er sie in den Trümmern nicht finden konnte und sie für tot hielt, verließ er Singapur auf seinem Schoner. Bei der Rückkehr wird er am Flughafen von Deputy Commissioner Hewitt (Richard Haydn) in Empfang genommen, der überzeugt ist, dass Gordon zurückgekehrt sei, um einen versteckten Schatz an Perlen abzuholen, und weist ihn auf einen entsprechenden Auszug aus dem Strafgesetzbuch hin, der die Ausfuhr von Perlen strikt verbietet. Gordon leugnet, ein solches Ansinnen zu verfolgen, wird aber wenig später von früheren Geschäftspartnern Mr. Mauribus (Thomas Gomez) und dessen Handlanger Sascha Barda (George Lloyd) ebenfalls aufgesucht, um die bei Gordon vermuteten Perlen zu kaufen. 
Da Gordons alte Suite im Hotel belegt ist, bezieht er die Nachbarsuite und sucht einen Weg, um an den Deckenventilator seiner früheren Unterkunft zu kommen. Sein Plan wird allerdings zunächst durch eine überraschende Entdeckung unterbrochen: Bei einem Tanzabend entdeckt er seine totgeglaubte Verlobte, doch als er sie anspricht, erinnert sie sich nicht an ihn. Wie Gordon erfährt, war die Frau, die sich jetzt Ann nennt, jahrelang in einem Gefängnislager mit dem Plantagenbesitzer Michael Van Leyden (Roland Curver) eingesperrt und hat ihn geheiratet. Offensichtlich hat sie ihr Gedächtnis an die Zeit vor der Bombardierung Singapurs durch die Japaner verloren. 
Gordon versucht zwar, Lindas Gedächtnis aufzufrischen, doch nicht mal die Begegnung Lindas mit ihrer früheren Haushälterin Ming Ling (Maylia) hilft dabei, doch Gordon lässt nicht locker, seine alte Liebe zurückzugewinnen… 

Kritik: 

In den 1940er Jahren wurde das Kinopublikum immer wieder an exotische Schauplätze entführt und so mit den Eigenheiten fremdartiger Kulturen und überraschenden Geschichten unterhalten. Neben Josef von Sternbergs „Abrechnung in Shanghai“ (1941) und Ted Tetzlaffs in Panama spielenden „Riffraff“ (1947) war es natürlich Michael Curtiz‘ „Casablanca“ (1942), das weltweit zu begeistern verstand. Das unvergessliche Liebesdrama mit Humphrey Bogart und Ingrid Bergman in den Hauptrollen stand schließlich auch Pate für John Brahms „Singapur“, wobei weder Fred MacMurray („Frau ohne Gewissen“, „Die Caine war ihr Schicksal“) noch Ava Gardner („Die Nacht des Leguan“, „Das letzte Ufer“) die Ausstrahlung ihrer Rollenvorbilder besitzen. 
Der exotische Touch hält sich bei „Singapur“ auch in Grenzen. Allein das Flugzeug am Himmel, mit dem der Vorspann unterlegt wird, und der anschließende Blick auf Singapur aus der Vogelperspektive deuten darauf hin, dass die folgende Geschichte an einem exotischen Schauplatz verortet ist. Davon abgesehen sind es vor allem die beiden in Gordons alter Hotelsuite untergebrachten amerikanischen Touristen Mr. und Mrs. Bellows (Porter Hall und Spring Byington), die zwar von Sehenswürdigkeiten in Singapur sprechen, diese wiederum aber nie zu sehen ist. 
Der komplett im Studio bzw. in und um Palmdale, Kalifornien, gedrehte Film spielt sich meist in engen Räumen ab, wobei die Noir-Atmosphäre nur selten durchschimmert. Hier ist keine Femme fatale im Spiel, kein Unschuldiger, der durch unglückliche Zufälle in die Bredouille gerät, nicht mal die für den Film noir typische kontrastreichen Schwarzweiß-Bilder sind zu sehen. Die Story plätschert in vorhersehbaren Bahnen dahin und enttäuscht durch einen unsäglich kitschigen Schluss. 
Bis dahin sorgt vor allem Linda Grahames Amnesie und die Gordons Bemühungen, an das alte Glück mit seiner Verlobten wieder anknüpfen zu können, für die beste Unterhaltung in der inszenatorisch durchaus gelungenen Mischung aus Abenteuerfilm, Romanze und Krimi-Drama. 
1957 wurde der Film mit Errol Flynn und Cornell Borchers in den Hauptrollen unter dem Titel „Istanbul“ noch einmal verfilmt.  

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