Ein einsamer Ort

Nicholas Ray ist seit seinem Debüt mit dem Film noir „Sie leben bei Nacht“ (1948) dem Genre immer verbunden geblieben, obwohl er im Verlauf seiner beeindruckenden Karriere auch im Western („Arena der Cowboys“, „Rächer der Enterbten“) oder Monumentalfilm („König der Könige“, „55 Tage in Peking“) seine Spuren hinterlassen hat. Sein 1950 für Humphrey Bogarts Produktionsfirma Santana entstandener „Ein einsamer Ort“ zählt nicht nur zu Bogarts besten Filmen, sondern auch zu den Klassikern des Film-noir-Genres. 

Inhalt:

Einst war Dixon „Dix“ Steele (Humphrey Bogart) in Hollywood ein prominenter Drehbuchautor, doch seinen letzten großen Hit hatte er schon vor seinem Dienst im Zweiten Weltkrieg gelandet. Seitdem übt sich der schnell aus der Fassung zu bringende Zyniker und Trinker in belanglosen Gelegenheitsarbeiten. Als sich Dix von seinem Agenten Mel Lippman (Art Smith) überreden lässt, einen Bestseller für eine Verfilmung umzuschreiben, trifft er sich mit ihm und dem Regisseur in einem Nachtclub. 
Zufällig liest Mildred Atkinson (Martha Stewart), die Garderobenfrau des Nachtclubs, dieses Buch, und er lädt Mildred spontan zu sich nach Haus ein, um sich den Roman, den er für die Leinwand adaptieren soll, von ihr erzählen zu lassen und sich somit die Lektüre zu sparen. Er selbst sei zu müde dazu. Tatsächlich sagt die junge Frau zu und begleitet Dix in sein Apartment. 
In der Wohnanlage angekommen begegnen sie einer neuen Mieterin, der blonden Schauspielerin Laurel Gray (Gloria Grahame). Im Apartment erzählt Mildred Dix die Handlung des Romans, doch der Autor ist von der kitschigen Liebesgeschichte entnervt und schickt mit Mildred mit einem Zwanziger für das Taxi nach Hause. Am nächsten Morgen wird Dix von seinem Armeekumpel Brub Nicolai (Frank Lovejoy) geweckt. Allerdings handelt es sich nicht um einen Freundschaftsbesuch des Polizeidetektivs. Er bringt Dix zu seinem Vorgesetzten Captain Lochner (Carl Benton Reid), von dem Dix erfährt, dass Mildred in der vergangenen Nacht ermordet wurde. Dix ist wegen seines Vorstrafenregisters mit mehreren im Affekt begangener Körperverletzungen für Lochner der dringendste Tatverdächtige. 
Zum Glück für Dix gibt Dix‘ neue Nachbarin bei der Polizei zu Protokoll, dass sie Mildred Dix‘ Apartment allein verlassen gesehen habe. Dix scheint von Mildreds Ermordung nicht besonders gerührt zu sein, schickt der Familie der Toten aber anonym zwei Dutzend Rosen. Laurel und Dix verlieben sich ineinander und arbeiten sogar gemeinsam an einem Drehbuch, doch als Laurel Dix nach einer wilden Autofahrt mit einem leichten Unfall gerade noch verhindern kann, dass Dix den anderen Autofahrer totschlägt, kommen ihr nicht nur ebenso wie Brubs Ehefrau Sylvia (Jeff Donnell) und Mel Lippman Zweifel an Dix‘ Unschuld, sondern sie beginnt auch, um ihr eigenes Leben zu fürchten… 

Kritik: 

Nach einem Drehbuch von Andrew Solt („Whirlpool“, „Serenade einer großen Liebe“) hat Nicholas Ray nicht nur formal ein großartiges Drama und eine gewalttätige Abrechnung mit Hollywood geschaffen. Es stellt vor allem auch das Psychogramm einer toxischen Beziehung dar, in der Humphrey Bogart („Gangster in Key Largo“, „Casablanca“) großartig als zynischer Hollywood-Autor agiert, der nichts als Zynismus für seine Branche übrighat, wegen seiner deduktiven Fähigkeiten aber von seinem Kriegskameraden Brub aber gottgleich verehrt wird. 
Es ist aber gerade dieses Talent und Dix‘ offen zur Schau getragene Gefühlslosigkeit, die den trinkfreudigen und immer wieder aggressiv auftretenden Dix zum Tatverdächtigen macht und somit den Zweifel auch bei den Menschen nicht auslöschen kann, die Dix sehr nahestehen. Während Bogart gekonnt die Facetten seiner Figur zwischen Wutausbrüchen, eiskaltem Zynismus und Phasen von ehrlicher Liebenswürdigkeit verkörpert, steht ihm Gloria Grahame („Heißes Eisen“, „Ist das Leben nicht schön?“) in nichts nach, bringt sie doch gleichermaßen echte Zuneigung und im Verlauf der Beziehung mit Dix immer öfter auch Angst überzeugend zum Ausdruck. 
Die perfekte Chemie zwischen Bogart und Grahame, die sich während der Dreharbeiten von ihrem Ehemann Nicholas Ray im Guten trennte, macht einen Großteil des Erfolgs von „Ein einsamer Ort“ aus, aber es ist eben auch Rays schnörkellose, formal perfekte Inszenierung, die den Film zu einem aufwühlenden Klassiker des Film noirs machen.  

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