Mars Attacks!
Als der 1938 gegründete Tabakkonzern Topps in den 1950er Jahren damit begann, ins Kaugummi-Geschäft einzusteigen, sorgte er mit Sammelkarten für wachsende Umsatzraten. Die 1962 auf den Markt gebrachten „Mars Attacks!“-Sammelkarten faszinierten auch den damals vierjährigen Tim Burton, wurden wegen der explizierten Gewaltdarstellung aber bald wieder vom Markt genommen. 1994 huldigte Burton den Sammelkarten mit seiner abgedrehten Science-Fiction-Komödie „Mars Attacks!“, die trotz eines imponierenden Star-Aufgebots mit Jack Nicholson (in einer Doppelrolle), Glenn Close, Pierce Brosnan, Danny DeVito, Martin Short, Sarah Jessica Parker u.v.a. das Rennen gegen Roland Emmerichs „Independence Day“ deutlich verlor.
Die Entdeckung, dass sich Raumschiffe vom Mars der Erde nähern, sorgt für höchste Aufregung im Weißen Haus. Präsident James Dale (Jack Nicholson) schließt sich der Meinung seines Pressesprechers Jerry Ross (Martin Short) und des Vorsitzenden der Amerikanischen Akademie für Raumfahrt, Professor Donald Kessler (Pierce Brosnan), an und ist überzeugt, dass eine technologisch so hoch entwickelte Lebensform in friedlicher Absicht komme, während General Decker (Rod Steiger) lieber für den Ernstfall vorbereitet sein möchte.
Dale schickt ein Begrüßungskomitee in die Wüste von Nevada, wo vor den Augen der Weltpresse, darunter die miteinander liierten Fernsehjournalisten Nathalie Lake (Sarah Jessica Parker) und Jason Stone (Michael J. Fox), und Hunderter Zivilisten ein UFO landet und einige Außerirdische aussteigen. Die kleinwüchsigen, menschenähnlichen, jedoch mit überproportional großem, frei sichtbarem Gehirn ausgestatteten Wesen verkünden, dass sie friedliche Absichten verfolgen, doch als eine symbolische weiße Taube in den Himmel aufsteigt, zücken die Marsianer ihre Strahlenwaffen und töten erst die Taube, dann legen sie den Treffpunkt in Schutt und vor allem Asche. Dale lässt sich dennoch von seinem obersten Militär nicht zu einem Gegenschlag verleiten und geht wie Kessler von einem kulturellen Missverständnis aus, das durch die Taube ausgelöst worden ist. Doch auch bei der anschließenden Einladung ins Kapitol, wo der marsianische Botschafter vor dem Kongress sprechen will, eröffnen die Außerirdischen das Feuer, entführen sowohl Kessler als auch Natalie, um auf ihrem Raumschiff wissenschaftliche Experimente mit ihnen durchzuführen, und töten in dem Massaker, das auf das Weiße Haus überschwappt auch die First Lady (Glenn Close) unter einem herabfallenden Kronleuchter begräbt. Derweil entdecken Richie Norris (Lukas Haas), dessen Bruder Billy (Jack Black) als Soldat bei der ersten Begegnung mit den Marsianern getötet wurde, und seine im Pflegeheim lebende Großmutter (Sylvia Sidney), wie die Außerirdischen gestoppt werden können…
Kritik:
Es fällt nicht schwer, einen direkten Zusammenhang zwischen Tim Burtons vorangegangenen Film „Ed Wood“ und „Mars Attacks!“ herzustellen, denn die UFOs, die schon im Vorspann von „Mars Attacks!“ zu sehen sind, scheinen direkt den Kulissen von Ed Woods bekanntesten Werk entnommen worden zu sein: „Plan 9 aus dem Weltall“. Nach der einfühlsamen, in Schwarzweiß gedrehten Hommage an den „schlechtesten Regisseur der Welt“ geht Burton mit „Mars Attacks!“ wieder in die Vollen. Das farbenfrohe, stargespickte Spektakel versteht sich als bissige Persiflage auf die Science-Fiction-Filme der 1950er und 1960er Jahre, insbesondere auf H.G. Wells‘ Klassiker „Kampf der Welten“. Im Gegensatz auch zu Emmerichs „Independence Day“ und dem später folgenden „Krieg der Welten“ (2005) von Steven Spielberg sehen die Außerirdischen bei Burton allerdings wenig bedrohlich aus, sondern eher wie alberne, hagere Puppen mit überdimensionierten Köpfen und freiliegenden Gehirnen. Die grellbunten Kostüme und die wie Spielzeugwaffen aussehenden Strahlengewehre runden den lächerlichen Eindruck wundervoll ab. Kein Wunder, dass von diesen Witzfiguren keine Bedrohung für die Menschheit erwartet wird.
Diese folgenschwere Fehleinschätzung lässt Burton mit einem schrillen, lauten Massaker quittieren, bei dem früh einige der populären Nebendarsteller wie Glenn Close, Michael J. Fox und Danny DeVito aus dem Spiel genommen werden. Burton macht sich aus dem Krieg zwischen der Menschheit und den Marsianern einen irrwitzigen Spaß, der in der Pointe kumuliert, dass johlende Country-Musik die Köpfe der Marsianer platzen lässt.
Bis dahin verfolgt der Film etliche Einzelschicksale wie der alkoholsüchtigen Frau des prolligen Immobilienhais Art Land (Jack Nicholson), Barbara (Annette Bening), und der afroamerikanischen Busfahrerin Louise Williams (Pam Grier), die sich auf die Rückkehr ihres Mannes Byron (Jim Williams) aus Las Vegas freut und bis dahin ihre zwei nur an Egoshootern interessierten Jungs in den Griff zu bekommen versucht. Bei so vielen Figuren geht es Burton natürlich nicht um ausgereifte Charakterisierungen, sondern er parodiert einfach genussvoll ganz unterschiedliche Bevölkerungs- und Berufsgruppen, die er durch die trashigen Kulissen hetzt. Die Schauspieler scheinen selbst in den kleinsten Nebenrollen – darunter Star-Sänger Tom Jones in einem kurzweiligen Cameo-Auftritt – einfach Spaß an dem Spektakel zu haben, das von Danny Elfman mit viel Gefühl und dem Einsatz des vor allem in den Scores der 1950er Jahre eingesetzten Instruments Theremins stimmungsvoll untermalt wurde. An den Kinokassen war dem subversiven Spaß allerdings kein Erfolg beschieden, so dass sich Burton erst einmal wieder persönlicheren Projekten widmete.
"Mars Attacks!" in der IMDb
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