Sleepy Hollow

Bereits mit seinen ersten beiden Filmen „Pee-wees irre Abenteuer“ und „Beetlejuice“ hat sich Tim Burton als visionärer, eigenwilliger Filmemacher mit Sympathie für Außenseiter-Figuren präsentiert, die auf der Leinwand oft als sein Alter Ego erscheinen, vor allem in Gestalt von Johnny Depp, der in Burtons bisherigen Meisterwerken „Edward mit den Scherenhänden“ und „Ed Wood“ zu sehen war. Ein weiteres Zeugnis der kongenialen Zusammenarbeit der beiden Ausnahme-Künstler erblickte 1999 mit „Sleepy Hollow“, der losen Adaption von Washington Irvings Schauergeschichte „Die Sage von der schläfrigen Schlucht“ (1820), das Licht der Welt. 

Inhalt: 

Im Gegensatz zu seinen Vorgesetzten und auch einem Richter (Christopher Lee), die anno 1799 in New York noch immer auf Folter und erzwungene Geständnisse setzen, um einen Mordfall aufzuklären, hat sich der vernunftbegabte Constable Ichabod Crane (Johnny Depp) bereits ein Arsenal an Gerätschaften und Werkzeugen zur Untersuchung von Beweismitteln zugelegt, um mit Verstand und Logik Verbrechen aufzuklären. Da diese modernen Methoden dem Richter allzu suspekt sind, schickt er Crane in die zwei Tagesreisen von New York entfernte Ortschaft Sleepy Hollow, wo innerhalb kürzester Zeit ein angesehener Bürger, sein Sohn und eine weitere Person nicht nur getötet, sondern auch enthauptet worden sind. 
In Sleepy Hollow eingetroffen wird der junge Ermittler in dem Haus des wohlhabenden Baltus Van Tassel (Michael Gambon), seiner Frau (Miranda Richardson) und seiner Tochter Katrina (Christina Ricci) untergebracht und wenig später im erlesenen Kreis der Stadtväter - Bürgermeister Philips (Richard Griffiths), der Notar Hardenbrook (Michael Gough), der Arzt Dr. Lancaster (Ian McDiarmid) und Reverend Steenwyck (Jeffrey Jones) – über die merkwürdigen Ereignisse im Ort aufgeklärt. Demnach sei der Mörder ein Toter, ein ehemaliger, auf britischer Seite kämpfender hessischer Söldner, der seinen Gegnern während des Unabhängigkeitskrieges die Köpfe abgeschlagen habe, bis man ihn selbst enthauptete und irgendwo in den Wäldern verscharrt habe. Nun sei man überzeugt, dass ein Fluch über Sleepy Hollow liege und der kopflose Reiter auf der Suche nach seinem Kopf nicht eher ruhen würde, bis er ihn gefunden habe. Crane vermutet hinter den Morden natürlich ganz weltliche Motive, die sich logisch erklären lassen. Doch als ein weiterer Mann geköpft aufgefunden und Crane darüber hinaus Zeuge wird, wie der kopflose Reiter Bürgermeister Philips vor seinen Augen von dem Reiter enthauptet, beginnt Cranes geordnete Welt ins Wanken zu geraten. Zusammen mit Katrina macht sich Crane auf die Suche nach dem Grab des kopflosen Reiters… 

Kritik: 

War „Ed Wood“ noch eine Hommage an den „schlechtesten Filmemacher der Welt“, huldigt Tim Burton mit „Sleepy Hollow“ den Gruselfilmen der 1950er und 1960er Jahre, insbesondere den Edgar-Allan-Poe-Verfilmungen von Roger Corman (deren Hauptdarsteller Vincent Price in „Edward mit den Scherenhänden“ seinen letzten großen Auftritt hatte) und den Produktionen der britischen Hammer Studios, in denen der hier in einer Nebenrolle als Richter eingesetzte Christopher Lee neben Peter Cushing so viele Hauptrollen verkörperte. Dazu hat Burton vor allem viel Mühen und Liebe in die Oscar-prämierte Ausstattung gesteckt. 
Die Kulissen wirken teilweise wie düstere Gemälde, in denen sich die Figuren hilflos dem rachsüchtigen kopflosen Reiter gegenübersehen, der eindrucksvoll von Christopher Walken dargestellt wird. Die stark modifizierte Geschichte von Washington Irving handelt zwar von der unheimlichen Mordserie, die der kopflose Reiter in Sleepy Hollow anrichtet, doch die Suche nach Täter und Motiv erweist sich vor allem als Auseinandersetzung zwischen Glauben und Verstand, Religion und Wissenschaft, Schuld und Unschuld, Liebe und Hass. 
Im Verlauf der Handlung wird nicht nur dem kopflastigen Ichabod Crane bewusst, dass die Dinge nicht so liegen, wie es die Vernunft rät, sondern dass dunkle Geheimnisse, schwarze Magie, moralisches Versagen und fehlgeleitete Liebe ihren Beitrag zu den unerklärlichen Geschehnissen leisten. Inmitten dieser schaurig-schönen Kulissen brilliert Johnny Depp einmal mehr in einer sympathisch-verschrobenen Hauptrolle, die ganz in dem Tim-Burton-Universum verankert ist, aber auch seine bis in die kleinsten Nebenrollen wunderbar ausgesuchten Mitstreiter:innen machen „Sleepy Hollow“ zu einem ironisch pointierten Schauer-Märchen, das einmal mehr durch Danny Elfmans adäquate musikalische Untermalung an Ausstrahlung gewinnt. 

Kommentare

Beliebte Posts