Sweeney Todd: Der teuflische Barbier aus der Fleet Street
Am 1. März 1979 feierte das Grusical „Sweeney Todd“ mit der Musik von Stephen Sondheim und dem Buch von Hugh Wheeler seine Uraufführung am Broadway und entwickelte sich in über 550 Vorstellungen bis zum Juni 1980 zu einem so großen Erfolg, dass auch Hollywood auf den blutrünstigen Stoff aufmerksam wurde. Die Geschichte über den fiktiven Serienmörder im London des 19. Jahrhunderts tauchte erstmals in einem Groschenroman im Jahr 1846 auf und wurde bereits seit den 1920er Jahren mehrmals verfilmt. Aber erst Tim Burton brachte 2007 mit seiner Version „Sweeney Todd: Der teuflische Barbier aus der Fleet Street“ das ganze düstere Potenzial der Geschichte stimmungsvoll auf die große Leinwand.
Inhalt:
Da der einflussreiche Richter Turpin (Alan Rickman) die attraktive Lucy (Laura Michelle Kelly) begehrte, ließ er ihren Ehemann, den Barbier Benjamin Barker (Johnny Depp), kurzerhand unter fadenscheinigen Umständen anklagen und verurteilte den unschuldigen Mann und frischgebackenen Vater einer Tochter zu 15 Jahren Zwangsarbeit in Australien. Als Barker nach der Abgeltung seiner Strafe ausgezehrt als Sweeney Todd in seine Heimat zurückkehrt, trennt er sich von seinem Weggefährten, den Seemann Anthony (Jamie Campbell Bower), und kehrt in die Fleet Street zurück, wo sich unter seinem ehemaligen Barbiergeschäft ein Laden für Fleischpasteten befindet. Die Inhaberin Mrs. Lovett (Helena Bonham Carter) beklagt sich bei ihrem Gast über die schlecht laufenden Geschäfte, erkennt in Todd dann den ehemaligen Barbier und berichtet ihm von den Ereignissen nach dessen Verbannung. Lucy wurde von Richter Turpin in Anwesenheit mehrerer Mitglieder der hohen Gesellschaft vergewaltigt und war ohne ihren Mann am Ende ihrer Kräfte. Nachdem sie ihren Qualen mit Arsen ein Ende gesetzt hatte, wurde ihre Tochter Johanna (Jayne Wisener) von Richter Turpin adoptiert.
Natürlich schört Todd auf Rache, richtet seinen alten Barbierladen wieder ein und zieht bei einem aufsehenerregenden Rasierwettbewerb auch die Aufmerksamkeit von Turpins Gehilfen Beadle (Timothy Spall) auf sich.
Derweil verirrt sich Anthony in London und landet bei Turpins Haus, wo er sich in die am Fenster sitzende Johanna verliebt, doch Turpin, der das aufblühende Mädchen eifersüchtig eingesperrt hat, bedroht den jungen Mann auf brutale Weise. Anthony lässt sich von der Drohung jedoch nicht von seinem Plan abbringen, Johanna zu befreien, und findet Unterstützung bei Todd, der sich bereit erklärt, dem Mädchen auf der geplanten Flucht für kurze Zeit ein Versteck zu bieten.
Bei seinem Racheplan findet Todd in Mrs. Lovett eine unerwartete Gehilfin, denn ihre Liebe zu ihm hilft ihm, seinen ersten Mord zu vertuschen. Für die Entsorgung der Leiche hat die pragmatische Frau auch schon die passende Idee: Statt aus streunenden Katzen und Kakerlaken werden ihre Pasteten nun aus Menschenfleisch gefertigt, was das Geschäft aufblühen lässt…
Kritik:
Inspiriert von Bernhard Hermanns meisterhaft spannender Musik zu Alfred Hitchcocks „Psycho“ komponierte Stephen Sondheim („Into the Woods“) für „Sweeney Todd“ eine atemberaubende, emotional mitreißende wie düstere Musik, die zu großen Teilen auch Burtons Film prägt. Der Filmemacher verzichtete für sein Musical nicht nur auf die Dienste seines langjährigen Hauskomponisten Danny Elfman, sondern ließ seine Darsteller auch selbst die Songs performen, die mehr als 90 Prozent der Texte in dem Film ausmachen. Allein vor diesem Hintergrund muss man den Hut ziehen vor den Gesangsdarbietungen gerade von Johnny Depp und Helena Bonham Carter, die den Hauptanteil der Musik stemmen müssen. Dabei bringen sie eine emotionale Tiefe zum Ausdruck, die ganz ihrer tragischen Natur entstammt, ihrer verkümmerten Seelen, die hier nur nach Rache, dort nach Liebe dürsten, die nicht erwidert wird.
Dante Ferretti („Zeit der Unschuld“, „Gangs of New York“) bringt beeindruckend düstere Kulissen hervor, die geschickt das London von Jack the Ripper ebenso abbildet wie das von Charles Dickens und in dem sich seine Figuren in streng vorgezeichneten Bahnen bewegen. Burton und sein Drehbuchautor John Logan („Penny Dreadful“, „Aviator“) mühen sich nicht mit feinsinnigen Charakterstudien ab, sondern legen die Story ganz auf den zu verwirklichenden Racheplan ab, der letztlich vorhersehbaren Zügen folgt. Interessant sind die Konstellationen zwischen Todd und Mrs. Lovett einerseits und Todd und Turpin andererseits trotzdem, denn in den dargebotenen Liedern wird deutlich, nach was sich die Protagonisten in ihrem Leben sehnen, doch scheinen sie alle zu wissen, dass ihnen die Erfüllung ihrer Träume verwehrt bleibt. Denn ebenso wie Mrs. Lovett sich keine Illusionen darüber machen kann, wirklich die Liebe von Todd zu gewinnen und eine Familie zu gründen, weiß Todd, dass ihm Turpins Tod nicht seine geliebte Lucy zurückbringen kann.
Burton und seinem kongenialen Team an Darstellern, Ausstattern und Technikern ist mit „Sweeney Todd“ ein beeindruckend kompromissloses, tragisches Musical gelungen, das bis heute zu den gelungensten Hollywood-Adaptionen von Musical-Stoffen zählen darf und in dem sowohl Johnny Depp als auch Helena Bonham Carter einen ihrer besten Auftritte überhaupt ablieferten.
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