Schneller als der Tod

Bevor Sam Raimi mit seiner kultigen „Tanz der Teufel“-Trilogie und seinem Ausflug ins Superhelden-Genre mit „Darkman“ nur noch auf Horror-Produktionen abonniert werden würde, vollzog er mit „Schneller als der Tod“ 1995 einen strategisch klugen Genre-Wechsel und präsentierte Sharon Stone und Gene Hackman in einem durchweg unterhaltsamen Western mit komödiantischen Untertönen. 

Inhalt: 

Zum alljährlichen Schießwettbewerb, den der herrschsüchtige Bürgermeister John Herod (Gene Hackman) in der kleinen Präriestadt Redemption veranstaltet, taucht in diesem Jahr erstmals eine geheimnisvolle Frau namens Emma (Sharon Stone) auf. Zwar zeigt sie schon kurz nach ihrem Eintreffen in der Stadt, dass sie nicht zu den Frauen gehört, die sich von Männern erniedrigend behandelt lässt, als sie dem Saloon- und Hotelbesitzer Horace (Pat Hingle) demonstriert, aus welchem Holz sie geschnitzt ist, doch ansonsten beobachtet sie das aufplusternde Gebaren der Männer aus der zweiten Reihe. Nachdem sie sich mit Herods Sohn (Leonardo DiCaprio) vergnügt hat, der sich eigentlich nur den Respekt seines Vaters verdienen möchte, als The Kid aber noch nicht von allen ernst genommen wird, erweckt der von Herods Männern in Handschellen in die Stadt verfrachtete „Priester“ Cort (Russell Crowe) ihre Aufmerksamkeit. Wie sich herausstellt, ist Cort ein alter Weggefährte des mächtigen Stadtoberhaupts gewesen, bevor er zu Gott gefunden hat und ein Waisenhaus eröffnete. Während Cort zur Teilnahme an dem Wettbewerb gezwungen wird, melden sich ein schwedischer Champion (Sven-Ole Thorsen), der schwarze Auftragskiller Sergeant Cantrell (Keith David), der Aufschneider Ace Hanlon (Lance Henriksen), der Goldgräber Dog Kelly (Tobin Bell) und der frisch aus dem Knast getürmte Serienkiller Scars (Mark Boone Junior) freiwillig zum Wettbewerb, dessen Sieger sich auf eine Prämie von 123.000 Dollar freuen kann. 
Zu jeder vollen Stunde wird auf der Hauptstraße vor dem Saloon ein Duell ausgetragen, bei dem es – nach zwischenzeitlich von Herod geänderten Regeln – um Leben und Tod geht… 

Kritik: 

Nun, besonders originell ist die Geschichte von Simon Moore („Unter Verdacht“, „Gullivers Reisen“) nicht, interessant ist eher, was Sam Raimi aus den Versatzstücken klassischer Western-Motive macht. Eine Frau mit der Hauptrolle zu besetzen und sie auf eine für das Genre übliche Rache-Mission zu schicken, reicht allein nicht aus, um Raimis Film von anderen Genre-Produktionen nennenswert abzuheben, denn zum einen darf Sharon Stone („Basic Instinct“, „Casino“) ihr Sex-Appeal gar nicht voll ausspielen, zum anderen weiß sie sehr gut mit ihrer Waffe umzugehen und sich auch sonst selbstbewusst und schlagkräftig in der Männerwelt zu behaupten. 
Bei dem Schieß-Turnier finden sich allerlei stereotype Figuren wieder, der herausgeputzte Aufschneider, ein nach väterlicher Anerkennung strebender Billy-the-Kid-Typ, heruntergekommene Strolche und Verbrecher sowie ein pazifistischer Ex-Revolverheld. Der Verlauf der Duelle folgt ebenso vorhersehbaren Bahnen wie die Story an sich, wobei Emmas immer mal wieder eingestreuten Erinnerungs- und Traumfetzen nach und nach offenbaren, dass ihre Teilnahme an dem Wettbewerb mit dem Tod ihres Vaters (Gary Sinise) zu tun hat. Es ist eher die Art, wie der renommierte Kameramann Dante Spinotti („L.A. Confidential“, „Der letzte Mohikaner“) die Schießereien und das Drumherum aus ungewöhnlichen Perspektiven und mit interessanten Zeitlupen- und Nahaufnahmen einfängt. Das macht zwar noch keinen großen Western, doch allein der illustre Cast lohnt schon das Anschauen. Während Gene Hackman („French Connection“, „Erbarmungslos“) genussvoll den Bösewicht mimen darf, verdienen sich Russell Crowe („Gladiator“, „Robin Hood“) und Leonardo DiCaprio („Departed: Unter Feinden“, „Inception“) weitere Sporen auf ihrem Weg zum Ruhm, Tobin „Jigsaw“ Bell ist als glückloser Goldgräber unterwegs und Lance Henriksen („Millennium“, „Aliens – Die Rückkehr“) als langhaariger und geschniegelter Möchte-Gern-Revolverheld – dazu diverse Routiniers wie Pat Hingle, Woody Strode, Roberts Blossom, Gary Sinise und Keith David in weiteren Nebenrollen. 
Auch wenn Sam Raimi mit „Schneller als der Tod“ kein Meisterwerk abgeliefert hat, ist ihm doch ein höchst vergnüglicher Genre-Beitrag gelungen, der zwar an den Kinokassen fürchterlich floppte, aber den Aufstieg des Filmemachers zu späteren Meisterwerken wie „Ein einfacher Plan“ und der „Spider-Man“-Trilogie – zum Glück - nicht aufhalten konnte. 

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