Days of Being Wild
Mit seinem Regiedebüt „As Tears Go By“ (1988) hat Wong
Kar-Wai das Hongkong-Kino neu zu definieren begonnen. Zwar verwendete er
noch Elemente des „Heroic Bloodshed“-Actionkinos seiner Heimat, verwob es aber
bereits mit einer Art melancholischer Liebesgeschichte, die fortan seine Werke
bestimmen sollte. Kar-Wais zweiter Film „Days of Being Wild“ (1990)
markierte auch den Beginn der langjährigen Zusammenarbeit zwischen dem
Autorenfilmer und dem australischen, dem Hongkong-Kino eng verbundenen
Kameramann Christopher Doyle, der fortan den magischen Look von Kar-Wais
Werken prägen sollte.
Inhalt:
Hongkong im Jahr 1960. Der Playboy Yuddy (Leslie Cheung)
lebt nicht nur unbeschwert in den Tag hinein, sondern vergnügt sich auch gern
mit unterschiedlichen Frauen. Als er die zurückhaltende Kioskbedienung Li-zhen
(Maggie Cheung) verführt, spricht sie nach einer leidenschaftlichen
Nacht schon davon, zu ihm zu ziehen, was Yuddy noch akzeptiert, aber als sie ihn
fragt, ob er sie auch heiraten würde, ist es um die Beziehung schon geschehen. Trotz der Trennung taucht Li-zhen Nacht für
Nacht vergeblich vor seiner Wohnung auf, lernt dabei aber den
Streifenpolizisten Tide (Andy Lau) kennen, den sie auf seinen
Streifengängen durch das Viertel begleitet. Doch bevor sich eine Romanze
entwickeln kann, stirbt Tides Mutter. Er gibt daraufhin seinen Job auf und
fährt zur See.
Yuddy wiederum beginnt etwas mit einer Nachtclubtänzerin (Carina
Lau), die sich mal Lulu, mal Mimi nennt, die aber auch von seinem besten
Freund Zeb (Jacky Cheung) begehrt wird. Die komplizierteste Beziehung
führt Yuddy jedoch zu seiner Adoptivmutter Rebecca (Rebecca Pan), die ihn
emotional an ihn bindet und die ihm bisher die Identität seiner leiblichen
Mutter verschwiegen hat.
Erst als Rebecca einen neuen Liebhaber hat und
Hongkong verlassen will, verrät sie Yuddy, dass seine richtige Mutter auf den
Philippinen lebt. Yuddy bricht dorthin auf und lässt Lulu zurück. Erst als Zeb ihr
gegenüber handgreiflich wird, nachdem er sie vergeblich dazu gedrängt hat, mit Yuddy
zu gehen, fasst sie den Entschluss, Yuddy auf die Philippinen zu folgen…
Kritik:
Mit „Days of Being Wild“ hat Wong Kar-Wai
versucht, das Hongkong seiner Kindheit wiederzubeleben, wozu sein neuer
Kameramann Christopher Doyle („Paranoid Park“, „The Limits of Control“)
die passenden Bilder kreiert hat. Kar-Wais zweiter Film darf als
Blaupause für nahezu alle weiteren Werke des Ausnahmeregisseurs betrachtet
werden, legt er hier doch den Grundstein für episodenhaft zusammengesetzte
Geschichte zwischen Figuren, die immer mal wieder auch in späteren Filmen
wieder auftauchen, manchmal mit dem gleichen Namen wie beispielsweise Li-zhen,
der wir – wiederum von Maggie Cheung verkörpert – in „In the Mood for
Love“ wiederbegegnen.
Der Plot wird zwar von Yuddys Suche nach seiner wirklichen
Mutter vorangetrieben, doch um dieses eher sporadisch verfolgtes Ansinnen herum
thematisiert „Days of Being Wild“ vor allem die (oft vergebliche) Suche der
Figuren nach Liebe. Dabei spielen immer wieder auftauchende Motive wie Gitter,
Uhren und Regen ebenso eine Rolle wie das melancholische Gefühl der Isolation,
was durch die monochromatisch grüne Farbgebung, die regenfeuchten Nächte und
die eingeschränkten Blickwinkel von Großaufnahmen und Halbnahdarstellungen noch
verstärkt wird. Wong Kar-Wais zweiter Film verzaubert weniger durch die ziellos
wirkenden Romanzen als durch das Zusammenspiel von symbolträchtigen Bildern und
stimmungsvoller Musik in einem nostalgisch anmutenden Drama ohne Happy End. Die
eigentlich geplante Fortsetzung wurde nicht realisiert, da sich „Days of
Being Wild“ als Flop erwies und die Zusammenarbeit zwischen Wong Kar-Wai
und Produzent Alan Tang beendete.
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