Blitz

Seit seinem dreifach Oscar-prämierten Rassismus-Drama „12 Years a Slave“ (2013) ist der schwarze US-amerikanische Filmemacher Steve McQueen („Shame“, „Widows – Tödliche Witwen“) in aller Munde. Nachdem sich McQueen in den vergangenen Jahren vor allem an Mini-Serien („Small Axe“, „Uprising“) versuchte und zuletzt das viereinhalbstündige Doku-Kriegsdrama „Occupied City“ (2023) realisierte, kehrte er in diesem Jahr mit dem von Apple TV+ produzierten Kriegs-Drama „Blitz“ eindrucksvoll auf die große Leinwand zurück. 

Inhalt:

Nach dem Tod seines schwarzen Vaters lebt der farbige neunjährige George (Elliott Heffernan) während des Zweiten Weltkriegs mit seiner Mutter Rita (Saoirse Ronan) und seinem Großvater Gerald (Paul Weller) in bescheidenen Verhältnissen in einem Londoner Arbeiterviertel. Als die deutsche Luftwaffe immer mehr Angriffe auf London fliegt, sollen die Kinder mit Zügen aufs Land geschickt werden, wo sie bei Gastfamilien vor dem Kriegsgeschehen geschützt werden sollen. 
Doch George, der immer wieder Diskriminierungen ausgesetzt ist und sich nur zuhause wohl und sicher fühlt, ist so verärgert darüber, dass er von seiner Mutter abgeschoben wird, dass er sich bei der Abfahrt des Sammeltransports nicht mal von ihr verabschiedet. Als er während der Fahrt erneut gehänselt wird, schnappt er sich seinen Koffer und springt aus dem Zug, um dann irgendwie zurück nach Hause zu kommen. Doch das gestaltet sich schwieriger, als er es sich hätte ausmalen können. 
Währenddessen erfährt Rita, die mit ihren Freundinnen in einer Rüstungsfabrik arbeitet, dass ihr Junge nicht am Zielbahnhof angekommen und unterwegs vom Zug gesprungen sei. Natürlich setzt die besorgte Mutter ebenfalls alle Hebel in Bewegung, um ihren geliebten Jungen zurückzubekommen… 

Kritik:

Steve McQueen lässt seinen neuen Spielfilm, zu dem er auch das Drehbuch geschrieben hat, im Spätsommer 1940 spielen, als die deutsche Luftwaffe damit begann, fast acht Monate lang vor allem London mit permanenten Bombardements zu überziehen, um die Bevölkerung zu demoralisieren und die Regierung zur Kapitulation zu zwingen. Während dieser Offensive, die die Briten – abgeleitet von dem Begriff Blitzkrieg – „The Blitz“ nannten, fanden zwar mehr als 40.000 Menschen den Tod, doch konnte die stete Bombardierung nicht verhindern, dass die britische Bevölkerung nur noch stärker zusammenhielt und alles dazu beitrug, das Land verteidigungstüchtig zu machen. 
Steve McQueen hat nicht nur in „12 Years a Slave“, sondern auch in „Widows“ das Thema Rassismus zu einem elementaren Teil der Story gemacht. Zwar präsentiert sich „Blitz“ in erster Linie als Kriegs- und Coming-of-Age-Drama, doch spielt der Rassismus auch hier erneut eine tragende Rolle. Wenn der liebenswerte George immer wieder wegen seiner Hautfarbe und krausen Haare von seinen Mitschülern, Nachbarskindern und Mitreisenden aufgezogen wird, braucht es nicht viel Fantasie, um sich in die Seele des Jungen hineinzuversetzen. 
Besonders eindringlich sind McQueen die Szenen gelungen, in denen sich die Zivilbevölkerung in unterirdische Schutzräume oder U-Bahnhöfe zurückzieht, wenn die Sirene ertönt. In einen dieser Schutzräume wird er von dem schwarzen Streifenpolizisten Ife (Benjamin Clémentine) geführt, der einen rassistisch motivierten Streit damit beilegt, indem er darauf verweist, dass die Nazis genau durch so ein Verhalten an die Macht gekommen sind, dass man nur gemeinsam gegen die Deutschen bestehen könne. 
Die wilde Odyssee des Jungen wird immer wieder durch Rückblenden aufgelockert, in denen vor allem Ritas Vorgeschichte skizzenhaft nacherzählt wird, so die Liaison mit Georges Vater und ihre Versuche, ein selbstbestimmtes Leben zu führen. In eindringlichen Bildern erzählt McQueen nicht nur eine einfühlsame, großartig sowohl von Saoirse Ronan („The Outrun“) als auch von Leinwanddebütant Elliott Heffernan gespielte Mutter-Sohn-Geschichte, sondern macht die Schrecken von Krieg, Zerstörung und Rassismus deutlich. 

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