Eine einfache Geschichte

Seine Hochzeit hatte der französische Filmemacher Claude Sautet (1924-2000) in den 1970er Jahren, als er mit Werken wie „Die Dinge des Lebens“, „Das Mädchen und der Kommissar“, „Cesar und Rosalie“, „Vincent, François, Paul und die anderen“ und „Mado“ vor allem wechselnde Schicksale, Bindungen und Krisen unter Männern und Frauen mittleren Alters thematisierte, meist mit Romy Schneider in der weiblichen Hauptrolle. Für „Eine einfache Geschichte“ (1978), der fünften und letzten Zusammenarbeit zwischen Sautet und Schneider, kam der Drehbuchautor und Regisseur Romy Schneiders Wunsch nach, ihre Rolle nicht bloß aus der Sichtweise der Männer anzulegen, sondern sie selbst ins Zentrum der Erzählung zu stellen. 

Inhalt: 

Die 39-jährige Modezeichnerin Marie (Romy Schneider) hat aus ihrer ersten und einzigen Ehe einen 16-jährigen Sohn, Martin, zu dem sie ein offenes, vertrauensvolles Verhältnis pflegt. Innerlich entfernt hat sie sich von ihrem Lebensgefährten Serge (Claude Brasseur), der sich in der Modebranche selbstständig gemacht hat, aber viel auf Reisen ist, so dass sich Marie entschließt, sich von ihm zu trennen und das Kind, das sie von ihm erwartet, ohne sein Wissen abzutreiben. 
Jérôme (Roger Pigaut), der Mann einer ihrer vier besten Freundinnen und Arbeitskolleginnen, unternimmt einen Selbstmordversuch, weil seine Entlassung droht, wird aber durch das resolute Eingreifen von Marie und seiner Frau Gabrielle (Arlette Bonnard) gerettet. Um ihm zu helfen, verabredet sich Marie (erstmals seit fünf Jahren wieder) mit ihrem Ex-Gatten Georges (Bruno Cremer), der die mit der Fusionierung mehrerer Modefirmen verbundene Rationalisierung an einflussreicher Stelle begleitet. 
Aus dem Treffen wird eine zunächst unverbindliche leidenschaftliche Liaison, die beide auch dazu nutzen, Ungeklärtes aus ihrer Ehe aufzuarbeiten. Zwar treffen sie sich nun öfter, doch hinterfragen sie nicht Georges‘ aktuelle Beziehung zu der sehr viel jüngeren Laurence. Als Jérômes Neustart scheitert und sein zweiter Selbstmordversuch gelingt, kommen sich Marie und Gabrielle noch näher und fassen den Entschluss zusammenzuziehen – mit dem Wissen, dass Marie erneut schwanger ist, diesmal von Georges… 

Kritik: 

„In allen Filmen, die ich bis jetzt gemacht habe, wurde die Frau immer objektiv mit den Augen des Mannes gesehen. Ich hatte die Absicht, es diesmal anders zu machen. Ich wollte einen Charakter zeichnen. Inspiriert zum großen Teil durch den wahren Charakter Romy Schneiders, mit dieser Sprödigkeit, die mich immer frappiert hat, dieser Art von Stolz im Alltäglichen, dieser Würde, die sie auf eine ganz persönliche Art und Weise zeigt. Alles wird bei ihr von innen heraus zum Ausdruck gebracht. Sie ist gleichzeitig Emotion und Spannkraft, Panik und Heiterkeit, vor allem aber besitzt sie Stärke. Sie hat eine Art von Anständigkeit, die aus ihr selbst herausstrahlt und die sie unabhängig macht“, erklärte Claude Sautet zur Entstehung des Dramas „Eine einfache Geschichte“, in dem viel von Romy Schneiders Persönlichkeit steckt. Kurz vor Beginn der Dreharbeiten hatte sie am 21. Juli 1977 ihre Tochter Sarah zur Welt gebracht und war begierig darauf, endlich einmal in einer Frauengeschichte zu spielen. So haben Sautet und sein Co-Autor Jean-Loup Dabadie („Tödliche Angst“, „Monsieur auf Abwegen“) die Rolle der Marie Romy Schneider auf den Leib geschrieben, was sie Sautet mit einer facettenreichen Darstellung einer Frau dankte, die ihr persönliches Glück nicht von Kindern oder Männern abhängig macht, sondern selbstbestimmt ihren eigenen Weg geht. 
Sautet nimmt sich darüber hinaus aber auch Zeit, sich – zumindest oberflächlich – mit den Männern und Freundinnen in Maries Leben auseinanderzusetzen, wobei vor allem das von Arbeitslosigkeit bedrohte Schicksal von Jérôme und Gabrielle in den Vordergrund rückt. 
Die Figurenzeichnungen von Serge und Georges bleiben dagegen überraschend nichtssagend, die Beziehungen, die sie mit Frauen eingehen, absolut beliebig. So stechen am Ende vor allem Romy Schneiders mit einem Cesar belohnten Performance, die teils malerischen Bilder und der einfühlsame Score von Philippe Sarde in einem Film heraus, der 1980 für den Oscar als Bester ausländischer Film nominiert wurde, sich aber „Die Blechtrommel“ geschlagen geben musste. 

Kommentare

Beliebte Posts