Botschafter der Angst
John Frankenheimer (1930-2002) hat einen formidablen Start als Filmregisseur hingelegt und nach den beiden Rebellen-Dramen „Das nackte Gesicht“ (1957) und „Die jungen Wilden“ (1961) gleich eine ganze Reihe von hochgelobten Werken inszeniert, unter denen die Burt-Lancaster-Filme „Der Gefangene von Alcatraz“ (1962) und „Der Zug“ (1964) ebenso zu nennen sind wie seine sogenannte Paranoia-Trilogie, die mit „Botschafter der Angst“ (1962) ihren Anfang nahm.
Inhalt:
Korea 1952: Nachdem Captain Bennett Marco (Frank Sinatra) und sein Staff Sergeant Raymond Shaw (Laurence Harvey) ihre Soldaten aus einem Bordell eingesammelt haben, sollen die Infanteristen in der Nacht als Stoßtrupp feindliche Stellungen erkunden, wozu ihnen mit Chunjin (Henry Silva) ein ortskundiger Koreaner zur Seite steht. Als sie das vermeintlich gefährliche Gelände eines Sumpfgebiets in einer Linie durchqueren, geraten die Soldaten in einen Hinterhalt nordkoreanischer Soldaten und werden gefangengenommen…
In der offiziellen Version konnten durch den Wagemut von Shaw konnten er, der Captain und seine Soldaten nach drei Tagen aus den Klauen des Feindes befreit werden, weshalb Raymond Shaw nach seiner Heimkehr - als einer von 77 Soldaten während des Koreakrieges - durch US-Präsident Harry S. Truman mit der höchsten Auszeichnung der US-amerikanischen Regierung, mit der Medal of Honor geehrt wird. Statt jedoch seine Popularität in den Dienst seiner ehrgeizigen, steinreichen Mutter (Angela Lansbury) zu stellen, die ihren zweiten Mann und Raymonds Stiefvater Senator John Yerkes Idelin (James Gregory) als Hoffnungsträger der Republikaner aufbaut, zieht es Shaw nach New York, wo er den Verräter Chunjin nach dessen Emigration als Diener und Koch einstellt. Shaw erinnert sich nämlich nicht mehr, dass er in nordkoreanische Gefangenschaft geriet und einer Gehirnwäsche unterzogen wurde… Mit dem Ende des Koreakriegs im Jahr 1953 nimmt Major Bennett Marco bei der United States Army Intelligence (USAI) eine Stelle in der Presseabteilung an, wird aber Nacht für Nacht von Alpträumen heimgesucht, in denen sich die letztjährigen Ereignisse nach Gefangennahme durch die Koreaner deutlich anders darstellen… Ein General namens Zilkov (Albert Paulsen) hat die gefangen genommenen US-Soldaten nämlich als lebende Waffen für eigene Zwecke umfunktioniert und Raymond Shaw befohlen, einen seiner Kameraden zu erwürgen und einen anderen durch Kopfschuss zu töten. Shaw hat diesen Befehlen Folge geleistet, ohne irgendwelche Emotionen zu zeigen. Als Marco von einem anderen Soldaten der betroffenen Gruppe den gleichen Alptraum geschildert bekommt, setzt er alles daran herauszufinden, ob Shaw aus eigener Überzeugung gemordet hat oder von einer fremden Kraft dazu gezwungen worden ist...
Kritik:
Als Frankenheimer 1962 Richard Condons Roman „The Manchurian Candidate“ verfilmte, verarbeitete er damit auch die kollektive Angst vor dem Kommunismus, die vor allem durch konservative und reaktionäre Kräfte in den 50er Jahren geschürt wurde und noch immer vor allem mit dem Namen des Senators McCarthy in Verbindung gebracht wird, der mit seinem Komitee für unamerikanische Triebe auch Jagd auf etliche Filmschaffende gemacht hat.
Frankenheimers Vorgehen wirkt zunächst recht plakativ, wenn diese Ängste auf recht polemische Art gerade durch den Republikaner John Yerkes Idelin in öffentlichen Anhörungen vorgebracht werden, aber dieser Umstand macht auf der anderen Seite deutlich, wie hochaktuell der Film noch immer ist, den Jonathan Demme 2004 mit Denzel Washington in der Hauptrolle unter dem Originaltitel „The Manchurian Candidate“ neu verfilmt hat, denn im Grunde genommen werden bei den Denunzierungen keine Beweise vorgelegt, dass beispielsweise eine gewisse Anzahl (hier mag sich der Senator nie festlegen, weil er es auch nicht kann) von Kongressabgeordneten Kommunisten seien.
Im Gegensatz zu diesen realistisch anmutenden Szenen wirken die Traumsequenzen und Erinnerungen der Soldaten fast surreal, und auch die Szenen, in denen die Vorführungen des Generals vor Militärs mit denen eines Vortrags vor Blumenzüchterinnen in einem Gewächshaus gegengeschnitten werden, dem die US-Soldaten im Rahmen ihrer Gehirnwäsche angeblich beiwohnen, sorgen für den satirischen Touch eines Films, der auch mit schnell arrangierten Romanzen und Martial-Arts-Szene für trashige Momente sorgt.
Aus dem Ensemble ragt eigentlich nur Angela Lansbury als skrupellose Machtfrau heraus, während Janet Leigh beispielsweise nur schmückendes Beiwerk als Frank Sinatras Freundin darstellt. Als Abbild der damals vorherrschenden Ängste vor dem Kommunismus und als Mahnung vor jeglicher Art von Populismus ist „Botschafter der Angst“ noch immer ein wichtiges Werk.
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