Medea

Bevor Lars von Trier mit „Europa“ (1991) den gefeierten Abschluss seiner gleichnamigen Trilogie präsentierte, widmete er sich 1988 einem ungewöhnlichen Projekt, nämlich der Adaption eines nicht verwirklichten Drehbuchs des einflussreichen dänischen Filmemachers Carl Theodor Dreyer (1889-1968), der mit „Die Passion der Jungfrau von Orléans“ (1928) und „Vampyr – Der Traum des Allan Gray“ (1932) zwei Klassiker der Filmgeschichte geschaffen hatte. In den 1960er Jahren hatte Dreyer, den von Trier sehr verehrt, mit der MGM darüber verhandelt, Euripides‘ antikes „Medea“-Drama mit Maria Callas zu verfilmen, doch sagte die Callas für dieselbe Rolle in „Medea“ von Pier Paolo Pasolini zu. Von Trier setzte Dreyers unverfilmtes Drehbuch mit wenigen Änderungen, aber mit eigenem Stil für das dänische Fernsehen um. 

Inhalt: 

Medea (Kirsten Olesen) und Jason (Udo Kier) leben gemeinsam mit ihren zwei jungen Söhnen im Exil in Korinth. Der König Kreon (Henning Jensen) beabsichtigt, Jason für seine große Ausbeute zu belohnen, indem er ihm seine Tochter Glauce (Ludmilla Glinska) zur Frau anbietet sowie die Thronfolge. Allerdings muss im Gegenzug die von Kreon wegen ihrer Zauberkräfte gefürchtete Medea mit ihren Söhnen Korinth verlassen. Medea fühlt sich um die Liebe zu Jason betrogen und schwört Rache. Zuvor kann sie Kreon noch einen weiteren Tag in Korinth abringen und Jason das Versprechen abnehmen, ein gutes Wort beim König dafür einzulegen, dass wenigstens ihre gemeinsamen Söhne in Korinth bei ihm bleiben dürfen. Während sie auf die Antwort des Königs wartet, bereitet Medea ein ungewöhnliches Geschenk vor, das ihre Söhne Glauce überreichen sollen. Die scharfen Zinken ihrer eigenen Brautkrone versieht sie mit einem tödlichen Gift. Doch das ist nur der Anfang ihrer fürchterlichen Vergeltung für den Verrat, den Jason an ihr begangen hat… 

Kritik: 

Gerade mal 77 Minuten lang ist Lars von Triers Adaption des großen griechischen Dramas (Pasolinis 1968 realisierte Fassung kommt immerhin auf zwei Stunden), wobei er sich ganz auf die wesentlichen Elemente der Geschichte konzentriert und die Figuren weder ausgiebig einführt, noch ihre Entwicklung verfolgt. In grobkörnigen, ausgewaschen wirkenden Bildern bewegen sich die Protagonisten auf weiten Wiesen, auf dem Wasser und in engen Tunnelgewölben und Verliesen, während Medea äußerst zielstrebig ihre Rachepläne umsetzt. So einfach und tragisch die Geschichte daherkommt, so einzigartig haben von Trier und Kameramann Sejr Brockmann das Geschehen in betörende Bilder gegossen.

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