As Tears Go By
Der aus Hongkong stammende Autorenfilmer Wong Kar-Wai
hat mit Meisterwerken wie „In the Mood for Love“, „My Blueberry Nights“, „2046“
und „The Grandmaster“ längst eine weltweite Fanschar aufgebaut. Doch bereits
mit seinem Regiedebüt „As Tears Go By“ (1988) deutete Kar-Wai an,
dass er ungewöhnliche Geschichten mit einem individuellen Inszenierungsstil zu
erzählen weiß.
Inhalt:
Der Kleingangster Wah (Andy Lau) verdient sich in
Kowloon, Hongkong, als Schutzgelderpresser seinen Lebensunterhalt und finanziert
damit außerdem seinen naiven Freund Fly (Jacky Cheung), der sich durch
seine aufbrausende Art immer wieder in Schwierigkeiten bringt.
Eines Tages
bekommt er einen Anruf von seiner Tante, die auf der Insel Lantau lebt und die
ihm den Besuch seiner bis dahin unbekannten Cousine Ngor (Maggie Cheung)
ankündigt, die sich im Krankenhaus untersuchen lassen will und solange bei ihm übernachtet.
Nach Ngors Eintreffen legt sich Wah wieder ins Bett und lässt seine Cousine das
Telefon bedienen, bis Wah am Abend Fat Carl (To-hoi Kong) aufsucht, um die
geforderte Summe an Schutzgeld einzutreiben, was Fly zuvor nicht gelungen war. Wirklich
zufrieden macht das Wah allerdings nicht, denn seine Freundin Mabel (Ang Wong) zieht
nach einer Abtreibung einen Schlussstrich unter ihre langjährige Beziehung.
Als
Ngor wieder gesund nach Lantau zurückkehrt, wo sie in einem Hotel mit
Restaurant arbeitet, besucht Wah sie dort und kann gerade noch verhindern, dass
sie sich mit ihrem Arzt verheiratet. Doch als er sich zwischen Ngor und den mal
wieder in arge Bedrängnis geratenen Fly entscheiden muss, beschließt Wah einmal
mehr, seinem Kumpel aus der Patsche zu helfen und einen Gangster, der vor
Gericht auspacken will, in Polizeigewahrsam auszuschalten…
Kritik:
Als John Woo 1986 mit „A Better Tomorrow“ begann,
Geschichten aus dem chinesischen Mafiamilieu mit Themen um traditionelle
chinesische Werte wie Treue, Ehre und Freundschaft zu erzählen und dabei sowohl
brutale Gewalt als auch eine bis zur Kitschgrenze anmutende Emotionalität zu
verbinden, war das zugleich die Geburtsstunde des sogenannten Actionfilm-Subgenres
„Heroic Bloodshed“.
Vor diesem Hintergrund, aber auch unter Berücksichtigung
der Vorbilder Sam Peckinpah („Wer Gewalt sät“, „Getaway“) und Martin
Scorsese („Hexenkessel“) entstand Wong Kar-Wais Erstlingswerk „As
Tears Go By“. Der Film beschreibt das Wechselbad der Gefühle, das der
kompromisslose Tiraden-Ausputzer Wah durchlebt, wenn er einerseits seinem allzu
naiven und sorglosen Fly immer wieder beistehen muss, andererseits aber zunehmend
stärkere Gefühle für seine Cousine entwickelt, es aber nicht schafft, ein Leben
jenseits von Gewalt und Verbrechen zu führen.
Zwar spielt sich die
Gangster-Geschichte in konventionellen Bahnen ab und wird von dem Wechselspiel
von gegenseitigen Angriffen zwischen den beiden Alphamännchen der Tirade
vorangetrieben, doch demonstriert Kar-Wai in den Kampfszenen bereits
seinen eigenen Stil, wenn er sie in Zeitlupe und mit niedriger Bildrate
inszeniert und dabei immer wieder interessante Perspektiven findet, die aus den
Nahkämpfen und Schießereien kleine Kunstwerke machen.
Die Liebesgeschichte
zwischen Wah und Ngor kommt dabei leider etwas kurz, aber gerade diese Art von
Geschichten sollen die nachfolgenden Werke von Kar-Wai prägen. Vor allem
die stilisierte Farbgebung mit grellen Großstadtfarben verleihen der Mischung
aus Film noir, Nouvelle Vague, Hongkong-Action und Liebesdrama ihren besonderen
Reiz, aber auch die Chemie zwischen dem ehemaligen Model Maggie Cheung
und Andy Lau funktioniert bestens.
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