The Element of Crime
Der dänische Filmemacher Lars von Trier wird von vielen Arthouse-Freunden vor allem mit der Dogma-Bewegung in Verbindung gebracht, mit der in den Neunzigern versucht wurde, nach einer neuen entschlackten, ehrlichen Filmsprache zu forschen, und die sich insbesondere gegen die zunehmende Wirklichkeitsentfremdung des Kinos richtete, Effekte und technische Raffinessen verbannte. Aber auch nach seinem in diesem Geiste entstandenen Film „Idioten“ (1998) ist von Trier stets für Provokationen und Skandale gut gewesen, wie seine pornografisch gefärbten Werke „Antichrist“ (2009) und „Nymphomaniac“ (2013) zeigten. Sein 1984 entstandenes Kinodebüt mit „The Element of Crime“ – hierzulande auch unter dem Titel „Spuren eines Verbrechens“ bekannt – demonstrierte bereits sein künstlerisches Ausnahmetalent und bildete den Startschuss für die „Europa“-Trilogie, die schließlich mit „Epidemic“ (1987) und „Europa“ (1991) abgeschlossen wurde.
Inhalt:
Kairo, Ägypten: Ein Therapeut (Ahmed El Shenawi) versetzt den nach zwei Monaten aus Europa zurück gekehrten Polizisten Fisher (Michael Elphik) in Hypnose, damit er sich an die für ihn offenbar traumatischen Erlebnisse dieser Zeit zu erinnern vermag. Fisher wurde mit der Überführung des „Lotto-Mörders“ beauftragt, eines Serientäters, der junge Mädchen misshandelte und tötete, die Lottoscheine verkauften. Um den Täter zu finden, bediente er sich der Methode seines ehemaligen Mentors Osborne (Esmond Knight), die dieser in seinem Buch „The Element of Crime“ beschrieben hat.
Nach dieser Methode soll sich der Polizist in den Mörder hineinversetzen und sich so weit wie möglich mit ihm identifizieren. Osborne selbst hat den Fall des Lottomörders bearbeitet. Er hat den Verdächtigen Harry Grey minutiös verfolgt, und meinte, Grey sei während seiner Flucht vor ihm durch einen Unfall ums Leben gekommen, was Fisher allerdings bezweifelte.
Um den Verdächtigen aufzuspüren, bereiste er nicht nur die Tatorte in derselben Reihenfolge und mit denselben Verkehrsmitteln, sondern auch übernachtete in denselben Hotels unter Greys Namen, während ihn die Prostituierte Kim (Me Me Lei) begleitete, die den Verdächtigen kannte.
Als die Leiche eines jungen Mädchens geborgen wird, trifft Fisher auf seinen früheren Kollegen und den aktuellen Polizeichef Kramer (Jerold Wells), Osbornes Nachfolger. Der ist ein Pragmatiker und hält nichts von den psychologischen Methoden Osbornes und vor allem weist er auch Fisher erst einmal in die Schranken…
Kritik:
Wenn Lars von Trier zu Beginn seinen Protagonisten in einen Zustand der Hypnose versetzen lässt, nimmt er auch sein Publikum in eine Welt mit, die zwar angeblich das Nachkriegseuropa abbilden soll, aber letztlich eine von Sepia- und Orange-Tönen gefärbte Szenerie darstellt, die ganz in Dunkel und Dauerregen getaucht ist. Es ist die perfekte Umschreibung für den Seelenzustand, in dem sich Fisher wie besessen der umstrittenen Ermittlungsmethoden seines Mentors annimmt und einem Phantom nachzujagen scheint, während der Killer weitere Opfer hinter sich lässt.
Die eigentliche Kriminalgeschichte rückt dabei zunehmend in den Hintergrund und macht eher den Weg frei für sehr subjektive Wahrnehmungen, die Fishers psychische Labilität mit filmischen Elementen aus dem Film noir, dem Expressionismus, dem Horror- und Science-Fiction-Genre beschreiben.
Das ist ebenso betörendes wie verstörendes Arthouse-Kino vom Feinsten.
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